Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
5. Chili
5.1. Emprunts suisses et clearing
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 294
volume linkBern 1982
more… |▼▶Repository
| Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110-02#1000/1065#545* | |
| Old classification | CH-BAR E 7110-02(-)1000/1065 134 | |
| Dossier title | Devisenmassnahmen (1933–1933) | |
| File reference archive | 8.9.1 • Additional component: Chile |
dodis.ch/45836
Wir beehren uns, den Empfang Ihres Schreibens vom 15. Juni2 zu bestätigen, womit Sie uns u.a. vom Inhalt eines kürzlich erhaltenen Luftpostbriefes des Generalkonsulats in Santiago betreffend den augenblicklichen Stand seiner Unterhandlungen mit dem chilenischen Handelsministerium Kenntnis geben. Wir haben von der leider eher negativen und ablehnenden Stellungnahme der chilenischen Regierung den Vorschlägen der Schweiz gegenüber mit Bedauern Kenntnis genommen.
Schon am Freitag, 16. Juni, nach Erhalt Ihrer telephonischen Mitteilung über dieses Ergebnis, haben wir uns mit einer Delegation der hauptsächlichsten schweizerischen Besitzer von Exportguthaben in Chile in Verbindung gesetzt und mit ihnen die allgemeine Lage eingehend besprochen.
Die einstimmige Auffassung der Exportkreise, welche wir hier vertreten, bestätigt im allgemeinen den Inhalt unseres Briefes vom 7. Juni3. Auf unsere Exporteure macht die Tatsache, dass die Schweiz in den ersten 5 Monaten dieses Jahres für mehr als I1/2 Millionen Schweizerfranken Waren aus Chile importiert und bezahlt hat, ohne dass damit irgendein Betrag unserer eingefrorenen Guthaben kompensiert werden konnte, grossen Eindruck. Sie sind der Ansicht, dass dieser unleidliche Zustand nicht länger andauern sollte.
Es scheinen sich heute drei Wege abzuzeichnen, die zu einer Lösung des Problems führen könnten. Wir haben sie in Verbindung mit den interessierten Exporteuren geprüft:
1. - Die sofortige Schliessung der Schweizergrenze für chilenische Produkte zum Zweck, Chile zu grösserem Entgegenkommen zu zwingen ist nicht möglich, da Sie uns erklären, dass gegenwärtig neue Einfuhrbeschränkungen nicht dekretiert werden sollen.
2. - Die Kompensierung unserer Guthaben auf Grund des freiwilligen Entgegenkommens unserer Importeure oder auf Grund eigener Käufe von chilenischen Exportwaren ist von der Handelszentrale in Verbindung mit den Hauptinteressenten des eingehendsten geprüft worden. Nicht nur die Mission des Herrn Holle4, der in unserm Aufträge einen Teil des Winters in Chile verbrachte, sondern auch eine lange Serie von Besprechungen mit den Hauptimporteuren und Konsumenten in der Schweiz dienten diesem Zwecke. Die Gründe des Misserfolges unserer Versuche sind hauptsächlich darin zu suchen, dass die chilenische Exportware sich in internationalem Besitz befindet und nur indirekt in die Schweiz eingeführt wird. Drei Spezialfälle heben wir hervor:
a) Das grösste Produkt, Kupfer, befindet sich in nordamerikanischem Besitz. Die Schweizerkonsumenten, an die wir letzte Woche noch einmal gelangt sind, erklären, dass es nicht in ihrer Macht liege, den Lieferanten irgendwelche Abnahmebedingungen vorzuschreiben.Übrigens wird erklärt, dass Katanga-Kupfer heute zu Bedingungen angeboten wird, welche den Chile-Kupfer zu verdrängen geeignet sind. Von «zusätzlichen» Kupferimporten dürfte demnach in diesem Jahre kaum die Rede sein, mehr als die Aufrechterhaltung des bisherigen Umfangs könnte kaum gewährleistet werden.
b) Der Chile-Salpeter wird in der Schweiz nur noch beschränkt verwendet. Die Importeure kaufen ihn im Meerhafen und zwar nicht einmal direkt von der Cosach5. Auch sie behaupten demnach keinen Druck auf die Lieferanten ausüben zu können. Verhandlungen mit der Cosach haben sowohl in Santiago als in London stattgefunden. Sie sind noch nicht abgeschlossen, im günstigsten Falle vermitteln sie uns aber nur geringe Beträge, wenn wir nicht durch offizielle Verhandlungen unterstützt werden.
c) Chile-Äpfel sind im Mai für rund Frk. 150’000.- ohne jegliche Kompensation hereingekommen. Als dann für die beabsichtigten Juniimporte die schweizeri*sche Einfuhrbewilligung von der Kompensation mit unsern Guthaben abhängig gemacht wurde, kamen nur noch zwei ganz unbedeutende Geschäfte zustande, der übrige Import unterblieb, weil nach den Erklärungen unserer Importeure die Kompensation (offizieller statt schwarzer Kurs) eine für unsern Markt untragbare Preiserhöhung mit sich gebracht hätte. Heute dürfte die Saison für Äpfel vorbei sein, dagegen sind wir Ihnen sehr dankbar, dass die Sektion für Einfuhr angewiesen worden ist, für alle kontingentierten Waren chilenischen Ursprungs die erwähnte Bedingung auf alle Fälle an die Einfuhrbewilligung zu knüpfen.
Wir führen unsere Untersuchungen und Verhandlungen bezüglich aller chilenischen Artikel selbstverständlich weiter. Wir müssen aber hier erklären, dass die bisherigen Bemühungen einen Erfolg nicht gebracht haben und dass wir auch keine grossen Hoffnungen auf die künftigen setzen. Das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit darf also vom sehr zweifelhaften Erfolg dieser Schritte nicht abhängig gemacht werden.
3. - Die einzige Aussicht, unter diesen Umständen trotzdem zu einem Ziele zu gelangen, bieten direkte Verhandlungen von Regierung zu Regierung. Wir sind uns mit dem Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins darüber einig, dass es sehr wünschbar wäre, wenn die Delegationen der beiden Länder, die sich gegenwärtig in London befinden, direkte Unterhandlungen aufnähmen, um möglichst rasch zu einer Lösung zu gelangen. Die Warengläubiger, mit denen wir in letzter Zeit verkehrten, haben uns beauftragt, Ihnen mitzuteilen, dass sie ihrerseits eine Kompensationsquote annehmen könnten, die bedeutend unter jenen liegen würde, die bisher in den Clearingabkommen mit ändern Ländern vereinbart worden sind. Selbst wenn letzten Endes nur 30 oder gar nur 20% der Lieferungen Chiles in die Schweiz für die Kompensation mit unsern Warenguthaben verwendet werden könnten, so sollte nach ihrer Meinung das Abkommen abgeschlossen werden. Im Hinblick auf die letzten Meldungen unseres Generalkonsulats in Santiago ist aber zu betonen, dass der gesamte Kupferimport und nicht nur unrealisierbare zusätzliche Importe von der Kompensation erfasst werden sollten, wobei, wenn es nicht anders geht, die Kompensationsprozente hier eventuell noch mehr verringert werden dürften. Wir möchten noch erwähnen, dass die schweizerischen Exporteure im allgemeinen nicht daran denken, neue Geschäfte mit Chile zu tätigen, bevor die heute ausstehenden Guthaben hereingebracht sind. Es gibt auch heute noch Firmen, welche dank der besondern Art ihrer Produkte, die zur dringenden Bedarfsdeckung bestimmt sind, nach Chile exportieren können und auch bezahlt werden. Diese Situation braucht sich auch durch das Kompensationsabkommen nicht zu ändern, die betreffenden Firmen scheinen eine Berücksichtigung im Kompensationsverkehr nicht nötig zu haben. Das Schwergewicht kann deshalb schweizerischerseits auf die Abtragung der alten Guthaben gelegt werden.
Unsere obigen Ausführungen zusammenfassend, hoffen wir, dass es möglich sein werde, durch die Einleitung direkter Verhandlungen in London die chilenische Regierung zur Aufgabe dieser verschleppenden Taktik zu bringen, sodass möglichst bald die Importe chilenischer Waren der Hereinbringung unserer alten Warenguthaben dienstbar gemacht werden kann. Die Ergebnisse unserer privatgeführten Untersuchungen stehen zu Ihrer Verfügung; wir verweisen darauf, dass auch unsere Gesandtschaft in London bereits in dieser Angelegenheit tätig gewesen ist.


