Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
14. Hongrie
14.2. Clearing
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 182
volume linkBern 1982
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1533#3927* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1533 164 | |
Dossier title | Devisen in Ungarn, Allgemeines (1931–1934) | |
File reference archive | C.42.13 • Additional component: Ungarn |
dodis.ch/45724
Le Président du Directoire de la Banque nationale, G. Bachmann, au Chef du Département des Finances, J.-M. Musy1
In der Angelegenheit der Abänderung des ungarisch-schweizerischen Clearingabkommens2 beehren sich die an den Verhandlungen in Budapest und Zürich beteiligten Funktionäre der Nationalbank, Ihnen folgende Bemerkungen zur gefl. Kenntnisnahme und Prüfung zu unterbreiten.
Wir sind von den Bedenken und Widerständen, die nunmehr nachträglich von der Eidgenössischen Getreideverwaltung gegen die behördliche Ratifizierung des abgeänderten Clearingabkommens erhoben werden, unterrichtet worden.
Wie Sie wissen, wurden die Abänderungsvorschläge, die in den beiden Erklärungen der Unterhändler vom 28. Mai3 und 28. Juni.4 a.c. für den ungarischschweizerischen Notenwechsel enthalten sind, anlässlich der Verhandlungen mit den Vertretern Ungarn s, teils unter Beisein eines Delegierten des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes, Herrn Dr. Vieli, teils in gemeinsamen Beratungen mit den von der Eidg. Getreideverwaltung abgesandten Sachverständigen, den Herren Böhi und Wehrli (Müller), Dr. Fleischmann und Liechti (Getreidehändler), abgefasst.
Ganz abgesehen davon, dass die gegen die getroffenen Vereinbarungen gerichtete Kritik einer Desavouierung der schweizerischen Unterhändler ähnlich sieht, ist vor allem hervorzuheben, dass die daraus resultierenden Schwierigkeiten eine unmittelbare Gefährdung der bestehenden Clearingverhältnisse in sich schliessen, über deren Tragweite man sich mit Rücksicht auf die ohnehin schon stark betroffenen Exportinteressen wohl Rechenschaft geben muss.
Wie sehr sich die Verhältnisse im Clearingverkehr in den letzten Wochen und Monaten verschlimmert haben, mögen folgende Zahlen darlegen:
Seit dem 7. April 1932, welches Datum in die Zeit der ersten Verhandlungen mit Ungarn fällt, stieg der Betrag des Saldos der schweizerischen Exportförderungen, die von den ungarischen Warenschuldnern bei der Ungarischen Nationalbank erlegt wurden, von 6,62 Millionen Franken auf 9,44 Millionen Franken am 7. Juli. a.c. Dazu kommen an diesem Tage angemeldete, bei der Ungarischen Nationalbank noch nicht einbezahlte Forderungen in der Höhe von Fr. 7,3 Millionen, so dass sich der Forderungsbetrag am 7. Juli. a.c. insgesamt auf Fr. 16,77 Millionen erhob. Um den Betrag des bei der Ungarischen Nationalbank liegenden Forderungssaldos von Fr. 9,44 Millionen auf Grund des jetzigen Verteilungsschlüssels von einem Drittel zugunsten der Schweiz, und zwei Drittel zugunsten Ungarns abbezahlen zu können, wäre eine Einfuhr aus Ungarn in der Höhe von Fr. 28,3 Millionen erforderlich. Berücksichtigt man dazu die bei der Ungarischen Nationalbank noch nicht einbezahlten Beträge von Fr. 7,3 Millionen, so würde die Abdeckung des gesamten Guthaben-Saldos in Ungarn eine Einfuhr von Fr.50,1 Millionen bedingen. Vom Januar bis Mai a.c. betrug die durchschnittliche monatliche Einfuhr Fr. 1,3 Millionen. Auf Grund der gegenwärtigen Einfuhr würde somit die Heimschaffung der bei der Ungarischen Nationalbank liegenden Guthaben schweizerischer Exporteure eine Zeitdauer von nahezu zwei Jahren beanspruchen. Während bis am 7. Juli bei der Ungarischen Nationalbank für 12,67 Millionen Franken einbezahlt wurden, erreichten am selben Tage die an die schweizerischen Exporteure ausbezahlten Beträge auf Grund der jetzigen Clearingbestimmungen insgesamt erst 3,23 Millionen Franken.
Es ist augenscheinlich, dass eine Abtragung des beständig anwachsenden Guthabensaldos zugunsten der Schweiz ohne Abänderung des Clearingabkommens nicht ins Auge gefasst werden kann. Diese hinwiederum bedingt aber gewisse Verpflichtungen seitens der Schweiz, vorübergehend den Import aus Ungarn zu steigern, während anderseits Ungarn einem weitern Anschwellen des Guthabensaldos mittelst Dekretierung von Einfuhrbeschränkungen vorzubeugen versucht.
Einer Änderung des Handelsverkehrs im Sinne der zeitweiligen Einfuhrverstärkung von ungarischen Produkten kann nur so wirksame Gestalt verliehen werden, dass man die Einfuhrsteigerung bei den zwei wichtigsten Positionen, nämlich bei den Ochsen und beim Getreide, vornimmt. Die Steigerung anderer Importe kann in Anbetracht des hohen, abzutragenden Guthabensaldos nur komplementären Charakter haben.
Wir dringen ganz besonders auf die Berücksichtigung dieser Forderung, weil mit dem Abschluss des Clearingabkommens und seiner Durchführung zwangsläufig eine gewisse Verantwortung des Bundes und der Nationalbank verbunden ist. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass das ungarisch-schweizerische Clearingabkommen die Erwartungen hüben und drüben, so gut bei der Nationalbank wie in den Exportkreisen, getäuscht hat.
Was zum ersten die Forderung der Vieheinfuhr anbelangt, ist in den Verhandlungen von Ende Mai dieses Jahres, denen auch Herr Dr. Flückiger, Direktor des eidg. Veterinäramtes, beigewohnt hat, den Ungarn eine Einfuhr von insgesamt 2400 Stück Ochsen bis Ende August 1932 zugesagt worden, was einer wöchentlichen Einfuhr von rund 220 Stück Ochsen entspricht.
Es hat überrascht, dass trotz dieses Versprechens einer amtlichen Meldung gemäss ab 25. Juli neuerdings eine vollständige Einfuhrsperre für Vieh verhängt werden soll. Damit bleibt eine der Bedingungen, mit der die Schweiz die Erhöhung der ihr aus den Einzahlungen bei der schweizerischen Nationalbank zustehenden Quote von einem Drittel auf zwei Drittel erkaufte, unerfüllt, was an und für sich schon einer erheblichen Beeinträchtigung des an den Verhandlungen zugunsten der schweizerischen Exportgläubiger erzielten Erfolges gleichkommt.
Weit schwerwiegender aber wäre die Tatsache, wenn nun auch in bezug auf den Getreideimport, der nach der Erklärung vom 28. Juni a.c. gegenüber der Einfuhr von Ende Mai a.c. eine beträchtliche Steigerung erfahren würde, noch weitere Abstriche an den vereinbarten Kontingenten vorgenommen würden. Wie bereits erwähnt, nahmen an den Verhandlungen, die dazu geführt haben, Ungarn ein Getreidekontingent von insgesamt 67 500 Tonnen Getreide zuzusprechen, die von Mitte Juli 1932 bis Ende Februar 1933 zur Einfuhr gelangen sollten, neben Herrn Dr.Vieli als Vertreter des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements, auch die eingangs genannten Herren Böhi, Wehrli, Dr. Fleischmann, und Liechti als Sachverständige der Eidg. Getreideverwaltung, teil. Diese Verhandlungen konnten nur unter der Bedingung zu einem günstigen Abschluss geführt werden, dass die Schweiz zur Bezahlung eines kleinen Überpreises auf den Weltmarktpreis der betr. Qualität Getreide einwilligte. Die Grundlage der Verhandlungen bildete die Erklärung von Herrn Dr. Vieli, Vertreter des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes, gemäss welcher man in Bern mit der Bezahlung eines Überpreises unter der Voraussetzung einverstanden sei, dass dadurch der gegenwärtige Brotpreis keine Erhöhung erfahre. Diese Stellungnahme Berns wurde damit begründet, dass die derzeitigen Getreidepreise einen Brotpreisabschlag ermöglichen würden. Der Ungarn zu bewilligende Überpreis stellt somit nach den Erklärungen des behördlichen Vertreters und der Sachverständigen eine ungefähre Kompensation des bestehenden, im Brotpreis aber noch nicht eskomptierten Rückganges des Getreidepreises dar.
Während bei der Abklärung der Frage über die Begrenzung dieses Preiszuschlages die Sachverständigen der Ansicht waren, dass eine Überzahlung des ungarischen Getreides in der Höhe von Fr. 2.50 pro 100 Kilogramm auf der Basis eines Grundpreises von Fr. 13.75 pro 100 Kilogramm Manitoba II Atlantic den Brotpreis in der Schweiz nicht erhöhen würde, vertraten die schweizerischen Unterhändler den Standpunkt, dass zur Wahrung aller Vorsicht der Grundpreis des Getreides maximal auf Fr. 12.50 pro 100 Kilogramm festgesetzt werden soll. Auf diese Weise soll unter allen Umständen verhindert werden, dass lediglich wegen der Abnahme ungarischen Getreides eine Steigerung des Brotpreises eintrete. Es blieb somit seitens der schweizerischen Unterhändler nichts unversucht, die Interessen unseres Landes in weitgehendstem Masse zu wahren. Dies berechtigt wohl zur Annahme, dass es nicht allzu schwer fallen sollte, eine loyale Einhaltung der Versprechen, die den ungarischen Vertretern mitgegeben wurden, zuzusichern. Andernfalls würde die Lage im Clearingverkehr mit Ungarn für die Schweiz auf die Dauer nachgerade unhaltbar werden, und es bliebe alsdann als einziger Ausweg aus der heutigen Situation die Kündigung des Abkommens, zu dessen Liquidierung aber wiederum eine Reihe beträchtlicher Schwierigkeiten zu überwinden wären. Die Kündigung wäre aber einer nochmaligen Verschlechterung des Abkommens bei weitem vorzuziehen.
Wir bitten Sie, hochgeachteter Herr Bundesrat, diesen dargelegten Tatsachen Ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken und Ihren Einfluss im Hinblick auf die für den Abschluss des redigierten Abkommens erforderlichen Beschlüsse im Sinne der Genehmigung der Vorschläge der schweizerischen Unterhändler geltend machen zu wollen.
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