Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
11. France
11.1. Relations commerciales
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 157
volume linkBern 1982
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110-02#1000/1065#219* | |
Old classification | CH-BAR E 7110-02(-)1000/1065 57 | |
Dossier title | Handelsvertrag mit Frankreich, Allgemeines (1933–1934) | |
File reference archive | 8.2.1 • Additional component: Frankreich |
dodis.ch/45699
Herr Elbel2 hatte mich dringend gebeten, nach Paris zu kommen, um mit ihm die Frage eines «rapprochement économique» zwischen Staaten mit normalen Finanz- und Wirtschaftsverhältnissen, insbesondere zwischen der Schweiz und Frankreich, zu besprechen. Als weitern Gegenstand hatte er eine gemeinsame Haltung anlässlich der Weltwirtschaftskonferenz von London3 bezeichnet.
Schon zu Beginn der stundenlangen Besprechungen zeigte sich, dass seine Absicht im Grunde eine ganz andere war: Schon im September 1932, in Stresa4, und seither wiederholt hatte Elbel mir gegenüber die Notwendigkeit der «liberté tarifaire» für Frankreich betont und gewünscht, die Schweiz möchte dazu die Hand bieten. Ich habe dieses Ansinnen von Anfang an als gänzlich undiskutierbar zurückgewiesen und übrigens auch mit meinem belgischen Kollegen Fühlung genommen, um gemeinsam dieser Pression gegenüber Widerstand zu leisten. Elbel hat kürzlich in einem öffentlichen Vortrag denn auch erklärt, Belgien und die Schweiz seien die beiden letzten Festungen, die sich den französischen Wünschen nach Zollbefreiung widersetzten. Elbel hat nun offensichtlich nochmals und ganz besonders intensiv versucht, mich zur Aufgabe dieses Standpunktes zu bewegen und zwar durch das nicht gerade geschmackvolle Mittel, mir als Diskussionsgegenstand etwas ganz anderes vorzuspiegeln. Selbstverständlich habe ich vom ersten bis zum letzten Moment an meinem Standpunkt festgehalten und jedes grundsätzliche Eingehen auf die französischen Wünsche betreffend Aufhebung oder Lockerung der gegenseitigen Zollbindungen abgelehnt. Die Gründe brauche ich hier nicht zu wiederholen. Auf meine Bemerkung, sein Vorschlag bedeute das Gegenteil des «rapprochement économique», zu dessen Diskussion er mich nach Paris gebeten habe, antwortete er, dies sei unrichtig, denn es bestünden trotzdem Möglichkeiten, die Schweiz besonders gut zu behandeln. Ich habe nun ihm gegenüber diese Möglichkeiten wie folgt analysiert:
Die Bewegung, die sich seit langer Zeit bei verschiedenen französischen Regierungen und namentlich im französischen Parlament für die «reprise de la liberté tarifaire» gezeigt hat, hat ihren Ursprung im Bestreben, die Kontingentierungspolitik durch eine Politik der Zollerhöhungen zu ersetzen. Es scheint mir klar zu sein, dass nur sehr starke, in vielen Fällen nahezu prohibitive Zollerhöhungen den gleichen Schutzzweck erreichen können, wie dies die Einfuhrkontingente tun. Namentlich gegenüber der deutschen Konkurrenz befindet sich Frankreich in einer ähnlichen Lage wie wir: Der deutsche Expansionsdrang ist so stark, dass auch gewaltige Zollerhöhungen von der deutschen Einfuhr überwunden werden. Würde also Frankreich seine Zölle dem Schutzzweck gegenüber Deutschland und ähnlichen Staaten anpassen, so würden diese für «normale» Staaten, wie die Schweiz, selbstverständlich fast durchweg prohibitiv wirken. Ob übrigens Zollerhöhungen, wie sie zum Schutz gegen die deutsche Konkurrenz notwendig wären, vom französischen Konsumenten ertragen und vom französischen Parlament beschlossen werden könnten, scheint mir mehr als fraglich zu sein. Allein auch eine verhältnismässig geringe Zollerhöhung - die gegenüber Deutschland kaum etwas nützen würde - würde unsern Export nach Frankreich sehr stark treffen, da unsere Produktionskosten hoch sind und in den seltensten Fällen noch irgendeine Marge lassen, die eine Zollerhöhung als erträglich erscheinen lassen würde. Will man also nach durchgeführter genereller Zollerhöhung an ein «rapprochement» mit der Schweiz denken, so bleibt einzig die Idee der Zollpräferenz. Die bisherigen Erfahrungen auf diesem Gebiet und die Stellungnahme der für die Schweiz und Frankreich wichtigsten Abnehmerstaaten lassen es meines Erachtens unter keinen Umständen zu, ohne Kündigung der Meistbegünstigungsklausel französisch-schweizerische Zollpräferenzen einzuführen.
[...]5
- 1
- E 7110 1/57.↩
- 3
- Elle s’ouvrira le 12 juin 1932.↩
- 4
- Conférence sur la reconstruction financière et économique de l’Europe centrale et orientale du S au 20 septembre 1932.↩
- 5
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/45699. Pour le tableau, cf. dodis.ch/45699. For the table, cf. dodis.ch/45699. Per la tabella, cf. dodis.ch/45699.↩