Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
6. Deutschland
6.2. Schiedsvertragsverhandlungen
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 393
volume linkBern 1980
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1537#7* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1537 1 | |
Dossier title | Deutschland (1925–1936) | |
File reference archive | B.14.4 • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/45410
Das Politische Departement an die deutsche Gesandtschaft in Bern1
In einer am 2. d. M. von seiner Exzellenz dem Deutschen Gesandten dem Vorsteher des Eidgenössischen Politischen Departements überreichten Aufzeichnung 1 sind die Gründe dargelegt, aus welchen die Reichsregierung es als wünschbar erachtet, dass der deutsch-schweizerische Schieds- und Vergleichsvertrag vom 3. Dezember 1921 infolge der Unterzeichnung und Ratifikation der in Artikel 36, Absatz 2, des Statuts des ständigen internationalen Gerichtshofes vorgesehenen fakultativen Bestimmung durch das Deutsche Reich nicht einer völligen Umänderung unterworfen werde. Nach Auffassung der Deutschen Regierung käme eine Änderung des Vertrages vom 3. Dezember 1921 in doppelter Richtung in Frage:
1. Die Streichung des Artikels 4 des Vertrages und
2. die Vereinbarung einer Bestimmung, wonach mangels einer Verständigung über die Schiedsordnung solche Streitigkeiten, die nach dem Vertrage dem schiedsgerichtlichen Verfahren unterliegen, durch Antrag einer Partei einen Monat nach Ankündigung an die andere Partei unmittelbar vor den ständigen internationalen Gerichtshof gebracht werden können.
Das Politische Departement wäre seinerseits gerne geneigt, dem Wunsche der Deutschen Regierung Rechnung zu tragen und auf dem Weg eines Protokolls den oberwähnten Vertrag in Einklang zu bringen mit den Verpflichtungen, die Deutschland und die Schweiz gegenseitig auf Grund ihrer Teilnahme am Genfer Protokolle betreffend die obligatorische Gerichtsbarkeit des ständigen internationalen Gerichtshofes übernommen haben.
Die obenangeführten Vorschläge der Deutschen Regierung würden die Erreichung dieses Zieles gestatten. Immerhin kann sich die Frage stellen, ob nicht insoweit eine andere Lösung vorzuziehen wäre, dass die Parteien zu ermächtigen wären, lediglich einen Monat nach erfolgter Ankündigung gegebenenfalls an den internationalen Gerichtshof zu gelangen. Es dürfte wohl einfacher sein, die Bestimmung so abzufassen, dass die beiden Regierungen, wenn sie nach Ablauf einer Frist von einem Monat vom Tage der Stellung eines schiedsgerichtlichen Begehrens einer der Parteien an gerechnet, sich über die Schiedsordnung oder über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts nicht haben einigen können, jede von ihnen die Möglichkeit besitzen solle, sich unmittelbar an den Gerichtshof im Haag zu wenden. Würde die Bestimmung der Verträge von Locarno bezüglich der Ankündigung von einem Monat in das vorgesehene Protokoll aufgenommen, so ergäbe sich daraus der Nachteil, dass nicht der genaue Zeitpunkt festgesetzt würde, von dem an jede der Parteien mit Grund anzunehmen befugt wäre, dass über die Ausarbeitung einer Schiedsordnung oder über die Zusammensetzung des Gerichts keine Einigung mehr möglich sei; nun ist es aber von nicht geringer Bedeutung, jeden Zweifel darüber auszuschliessen, mit welchem Tag eine Partei die Streitigkeit ohne weiteres vor den internationalen Gerichtshof bringen kann.
Bevor die Angelegenheit dem Bundesrat unterbreitet wird, hat das Politische Departement den Entwurf zu einem Protokoll2 ausgearbeitet, der als Grundlage für weitere Erörterungen gedacht ist.
Die neue Fassung, die dem Artikel 8, Absatz 1, des Vertrages vom 3. Dezember. 1921 zu geben vorgeschlagen wird, hätte auch die Aufhebung der letzten beiden Absätze des Artikels zur Folge. Es ist noch hinzuzufügen, dass der Bundesrat das fragliche Protokoll nur unter Vorbehalt der Genehmigung der eidgenössischen Räte unterzeichnen könnte, da es eine Abänderung des Vertrages vom 3. Dezember 1921 zum Gegenstände hat.
Das Politische Departement wäre der Deutschen Gesandtschaft zu Danke verpflichtet, wenn sie den vorliegenden Entwurf der Deutschen Regierung geneigtest übermitteln und ihm in der Folge die Bemerkungen bekanntgeben wollte, zu denen er ihrerseits Anlass geben sollte3.
- 1
- (Kopie): E 2001 (C) 7/1.↩
- 2
- Nicht abgedruckt. Der Text, welcher der Note beigelegt wurde, ist unter den vorliegenden Entwürfen des Politischen Departementes nicht eindeutig bestimmbar.↩
- 3
- Die deutsche Reaktion ist aktenmässig nicht belegt. Hingegen gibt der Antrag des Politischen Departementes an den Bundesrat vom 21.6.1928 darüber Auskunft: [...] après examen d’un projet de protocole élaboré par nos soins, le Gouvernement allemand nous a saisis, à son tour, d’un contre-projet qui, moyennant certaines modifications de peu d’importance auxquelles il s’est rallié sans difficulté, pourrait nous donner toute satisfaction. [...] (E 1001 1, EPD, 1928). – Am 25.6.1928 genehmigte der Bundesrat das Protokoll über die Abänderung des zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reich abgeschlossenen Schiedsgerichts- und Vergleichsvertrages vom 3. Dezember 1921 (E 1004 1/310, Nr. 1077). (Text des Protokolls in: BBl 1928, II, S. 1104). Die Unterzeichnung erfolgte am 29.8.1928 in Bern. – Vgl. auch BR-Botschaft vom 14.12.1928 (sie ist im wesentlichen mit dem Antrag des Politischen Departementes vom 21.6.1928 identisch), in: BBl 1928, Bd. II, S. 1098 ff. – Vgl. auch Nr. 459.↩