Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
8. Frankreich
8.3. Zonenfrage und Schiedsvertrag
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 351
volume linkBern 1980
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1005#1000/16#14* | |
Dossier title | Protokolle des Bundesrates, Geheimprotokolle (Minuten und Originale) 1927 (1927–1927) | |
File reference archive | 4.5 |
dodis.ch/45368
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 29. November. 19271
Zonenfrage
Der Vorsteher des politischen Departementes weist darauf hin, dass in der Behandlung der Zonenfrage in Frankreich nun doch eine etwelche Beschleunigung zu erhoffen sei, da laut telegraphischen, gestern eingetroffenen Berichten der Gesandtschaft in Paris der französische Ministerrat sich mit der Sache befasst und beschlossen habe, den Ministerpräsidenten zu ersuchen, er möchte den Berichterstatter der Senatskommission, Herrn Bérard, kommen lassen und ihm nahelegen, seinen Bericht zu vollenden, damit der Senat so bald wie möglich das Schiedsabkommen verabschieden könne. Das beweist doch, dass die französische Regierung ernstlich bestrebt ist, die Angelegenheit zu fördern. Allerdings vermochte der französische Botschafter, nach seiner Rückkehr aus Paris, wo er einer Besprechung mit Senator Bérard im Aussenministerium beigewohnt hatte, dem Bundespräsidenten noch keine bestimmten Angaben darüber zu machen, in welchem Zeitpunkte der Senat vermutlich die Angelegenheit behandeln werde2. Sodann teilt der Vorsteher des politischen Departementes mit, er habe von alt Bundesrat Ador ein Schreiben bekommen3, worin dieser Protest erhebt gegen die Darstellung des Verlaufs der von ihm in Paris vor Abschluss des Versailler Friedensvertrages geführten Verhandlungen über die Zonen- und die Savoyerfrage4, wie sie in der Begründung des Antrages des Senators David auf Verschiebung der Behandlung des Zonenschiedsabkommens gegeben wird. In seinem Schreiben weist er darauf hin, dass gerade auf seine Veranlassung hin, in den Art. 435, Abs. 2, des Versaillervertrages5 die Worte «d’un commun accord» aufgenommen wurden, nach seinem Sinne in der Absicht, eine einseitige Abänderung des Zonenregimes zu verhindern, wie sie von Frankreich dann allerdings doch durch die Vorrückung der Zollgrenze an die politische Grenze vorgenommen worden ist. Von einer vorweggenommenen Anerkennung einer solchen Massnahme Frankreichs durch ihn könne somit gar keine Rede sein; dies um so weniger, als er die Einfügung jener Worte gerade deshalb verlangt habe, weil in den Verhandlungen eine Andeutung über die Absicht Frankreichs, die Zollgrenze vorzuschieben, gefallen war6.
Der Vorsteher des politischen Departementes ist der Meinung, es würde bei der französischen Regierung einen guten Eindruck machen, wenn ihr der Protest von alt Bundesrat Ador zur Kenntnis gebracht würde, und ersucht um die Ermächtigung, dies zu tun7.
Diese Ermächtigung wird auf Grund der Beratung erteilt.
Gleichzeitig wird der Meinung Ausdruck gegeben, es wäre zu begrüssen, wenn der Protest des Herrn Ador der Öffentlichkeit durch eine geeignete Zeitung bekanntgegeben würde, worauf sich der Vorsteher des politischen Departementes bereit erklärt, in dem Antwortschreiben an Herrn Ador eine Anregung in diesem Sinne zu machen.
- 1
- E 1005 2/3.↩
- 2
- Mit Schreiben vom 10.12.1927 teilte Motta dem schweizerischen Gesandten in Paris mit, dass er nicht mehr mit der Verabschiedung des Zonenkompromisses durch den Senat vor Ende des Jahres rechne und dass ein Treffen zwischen ihm und Briand in Genf anlässlich der Sitzung des Völkerbundsrates nicht sinnvoll erscheine, da keine praktischen Resultate zu erwarten seien (E 2200 Paris 1/2007). Vgl. auch Nr. 363.↩
- 3
- E 2, Archiv-Nr. 1681; Schreiben vom 25.11.1927.↩
- 4
- Diese Verhandlungen dauerten vom 29.4. bis 5.5.1919.↩
- 5
- BBl 1919, V, S. 223.↩
- 6
- Der Protest A dors veranlasste das Politische Departement zu einer Prüfung des genauen Sachverhaltes. Von besonderem Interesse sind die in diesem Zusammenhang verfassten Exposés der 1919 direkt beteiligten L. Cramer vom 20.12.1927, L. Boissier vom 21.12.1927 und A. Dunant vom 5.1.1928. Diese Dokumente in: E 2, Archiv-Nr. 1646. Zum Verlauf der fraglichen Verhandlungen vgl. auch DDS VII/1, Nr. 375, Annex 4.↩