Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. DIE SCHWEIZ UND DER VÖLKERBUND
8. Völkerbundssitz
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 344
volume linkBern 1980
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1535#575* | |
Dossier title | Réduction des armements: Généralités (1925–1931) | |
File reference archive | B.56.13.2 |
dodis.ch/45361
Wie Ihnen bekannt ist, gehen die Organe des Völkerbundes mit dem Plan um, bei Genf eine eigene Station für drahtlose Telegraphie zu errichten. Ihr Departement hat sich in seinen Schreiben an uns vom 30. März, 2. April und 4. Oktober 19272 damit beschäftigt und sich anfänglich dahin ausgedrückt, die Frage scheine, so wichtig sie sei, doch noch nicht dringlichen Charakter anzunehmen und bedürfe der Prüfung durch die beteiligten Departemente. Das Militärdepartement hat seine Bedenken inzwischen in dem Schreiben an Sie vom 15. August 1927 dargelegt3. Gleichzeitig hat aber auch das Völkerbundssekretariat seinen Plan weiterverfolgt. Am 10. September 1927 ist ein Bericht der Commission consultative et technique des communications et du transit 1927 erschienen, worin dem Völkerbunde von einer Expertenkommission empfohlen wird, eine eigene mittelstarke Radiotelegraphenstation anzuschaffen, die aber, damit sie in Krisenzeiten sicher funktioniere und ihre Kosten einigermassen decke, auch in der übrigen Zeit möglichst intensiv für allen möglichen Verkehr benützt werden müsse. Damit wird dieses Projekt vom Standpunkt unserer Telegraphenhoheit aus vollends unannehmbar und man kann dem Völkerbundssekretariat nur dankbar dafür sein, dass es seine Absicht so offen darlegt. Wir gestatten uns, noch einen Bericht der Marconi Radio Station Bern A.G. vom 14. Oktober. 1927 beizulegen4.
Es erhebt sich nun die Frage, ob es nicht doch dringlich geworden sei, dass der Bundesrat in der Sache Stellung beziehe. Wir erinnern daran, dass der Völkerbundsrat schon am 8. Dezember 1926 beschlossen hat, die Frage der Errichtung einer eigenen Radiostation sofort prüfen zu lassen. Dieser Beschluss sowohl wie nun auch die Expertenempfehlung vom 10. September 1927 sind dem Bundesrat v. Völkerbundssekretariat notifiziert worden. Verhält sich der Bundesrat demgegenüber weiterhin bloss abwartend, so wird man in Völkerbundskreisen nicht ganz mit Unrecht daraus auf eine stillschweigende Zustimmung zu diesen offenkundig betriebenen und offiziell mitgeteilten Plänen schliessen dürfen. Es ist dann nicht ausgeschlossen, dass sich insbesondere der Völkerbundsrat überrascht zeigen wird, wenn die Schweiz erst in einer spätem Phase, die bereits einem fait accompli ähnlich sein könnte, mit ihrem Einspruch hervortreten wollte. Dadurch würde aber der Standpunkt der Schweiz zweifellos geschwächt.
Wir möchten Sie daher bitten, das Erforderliche in die Wege zu leiten, damit der Bundesrat seine ablehnende Auffassung möglichst bald dem Völkerbundssekretariat kundgeben kann. Sofern Sie eine vorausgehende Konferenz der beteiligten drei Departemente für wünschbar erachten, sind wir gerne hiezu bereit. Dem Militärdepartement geben wir hievon Abschrift5.
- 1
- Schreiben: E 2001 (C) 5/47. Eigene drahtlose Station für den Völkerbund.↩
- 2
- Alle drei Schreiben nicht abgedruckt.↩
- 3
- Nr. 324.↩
- 4
- Nicht abgedruckt.↩
- 5
- Das Militärdepartement stellte seinerseits in einem Schreiben an das Politische Departement vom 20.10.1927 fest, dass gewisse fremde Einflüsse am Werk sind, nicht nur die Errichtung einer exterritorialen Radiostation in Genf an sich gegen den Willen der Schweiz durchzudrücken, son dern alsdann noch einer solchen Station zum weitern Nachteile der schweizerischen fiskalischen und ökonomischen Interessen einen Teil des Nachrichtenverkehrs auch schon in gewöhnlichen Zeiten zuzuwenden. – Im weiteren führte das Militärdepartement aus: [...] Besagte Versuche ausländischer, offenbar hinter die Völkerbundsorganisation sich machender Kreise sind jedoch angetan, unser Misstrauen zu steigern und uns im Widerstande zu bestärken, den wir der Stellung unseres Departements entsprechend, im allgemeinen Interesse der militärischen Sicherheit des Landes und sodann auch der schweizerischen Neutralität dem Projekte betreffend eine eigene Radiostation des Völkerbundes entgegensetzen müssen. Wir ersuchen Sie deshalb, in der Ihnen geeignet erscheinenden Weise den Organen des Völkerbundes mitzuteilen, dass die Schweiz der Errichtung und dem Betriebe einer der schweizerischen Souveränität entzogenen, also exterritorialen Funkenstation nicht zustimmen kann. [...] Wir brauchen hier kaum noch dabei anzudeuten, mit welchen Unannehmlichkeiten und Nachteilen es für die Schweiz alsdann verbunden wäre, wenn sie ein formelles Veto gar erst vor der Völkerbundsversammlung selbst Vorbringen würde und bei dessen Begründung vor aller Welt auf eine Erörterung ihrer eigenen militärischen Vorkehren für den Mobilmachungsfall eintreten müsste. Wir empfehlen daher dringend ein entschiedenes Einschreiten schon beim nächsten hiefür irgendwie geeigneten Anlasse. [...] (E 2001 (C) 5/47).↩
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