dodis.ch/44659
Le secrétariat général du Département de l’Economie publique au Ministre de Suisse à Berlin, A. von Planta
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Im Besitze Ihres Schreibens vom 24. ds. Mts.3 beehren wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass die im Finanz- & Handelsblatt der «Vossischen Zeitung» enthaltene Notiz über Kohlenüberfluss in der Schweiz bis zu einem gewissen Grade richtig ist. Wir verweisen zunächst auf die im dritten wirtschaftlichen Monatsbericht4 des Volkswirtschaftsdepartementes enthaltenen Ausführungen und möchten denselben noch folgendes beifügen:
Die Lagervorräte in den meisten Kohlensorten sind gegenwärtig in der Schweiz sehr bedeutend und es besitzen insbesondere die Bundesbahnen einen Vorrat von 8–10 Monaten. Auch der Vorrat der Gaswerke reicht für viele Monate aus. Der Grund liegt hauptsächlich darin, dass im Frühling dieses Jahres die Weltkohlenversorgung ein sehr düsteres Bild zeigte und die Kohlengenossenschaft auch auf die Gefahr einer damals sehr unwahrscheinlichen Preisbaisse in Amerika bedeutende Abschlüsse vornahm, um auf alle Fälle die Versorgung für diesen Winter sicherzustellen. Wider alles Erwarten sind dann auch von den näher gelegenen Produktionsgebieten, Ruhr und insbesondere Saar und England bedeutend mehr Kohlen geliefert worden, als vorgesehen war. Dass die amerikanischen Lieferanten das grösste Interesse hatten, die im Frühling abgeschlossenen Verträge angesichts des unterdessen eingetretenen Preissturzes möglichst vollständig zu erfüllen, liegt auf der Hand.
Während derartig die Zufuhren überreichlich ausfielen, ist auf der ändern Seite die Abnahmefähigkeit zurückgegangen. Einmal braucht die Industrie, die gegenwärtig eine ausserordentliche Krisis durchmacht, an und für sich bedeutend weniger Kohlen als in normalen Zeiten, und sodann halten alle Abnehmer angesichts der sinkenden Preise des Weltmarktes mit Bestellungen sehr zurück.
Bei dieser Sachlage hat die Kohlengenossenschaft Mühe, insbesondere die amerikanische Kohle abzusetzen. Es ist deshalb eine Vereinbarung zwischen Kohlengenossenschaft und S.B.B. vorgesehen, wonach Letztere diese amerikanischen Kohlen übernehmen, dafür aber den Liquidationsüberschuss der Kohlengenossenschaft beanspruchen könnten. Eine Auflösung der Kohlengenossenschaft ist auf den 30. Juni 1921 vorgesehen.
Aus diesen Darlegungen ergibt sich ohne weiteres, dass uns heute Deutschland mit der Lieferung von Kohle an und für sich durchaus keinen Dienst leistet. Alles hängt vielmehr von den Preisen ab. Die englische Kohle gelangt heute schon bedeutend billiger in die Schweiz als die deutsche gemäss dem letzten Vertrag. Dieser läuft übrigens am 15. Januar ab, und es kann für uns eine Verlängerung, resp. Erneuerung nur in Frage kommen, wenn die Preise bedeutend ermässigt werden.
Damit hoffen wir, die von Ihnen gewünschte Auskunft gegeben zu haben und sind selbstverständlich sehr gerne bereit, weitere Anfragen zu beantworten.