Language: German
31.12.1920 (Friday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 31.12.1920
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Exposé des arguments en faveur de mesures visants à limiter l’importation de certains produits, pour combattre le chômage dans les secteurs industriels peu compétitifs par rapport notamment aux prix allemands.

Classement thématique série 1848–1945:
XIII. QUESTIONS ÉCONOMIQUES GÉNÉRALES
How to cite: Copy

Printed in

Antoine Fleury, Gabriel Imboden (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 8, doc. 16

volume link

Bern 1988

more… |
How to cite: Copy
Cover of DDS, 8

Repository

dodis.ch/44658
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 31 décembre 19201

4127. Einfuhrbeschränkungen

ln seiner Sitzung vom 13. Dezember hat der Bundesrat auf Antrag des Vorstehers des Volkswirtschaftdepartementes beschlossen:

«1. Der Entwurf des Beschlusses betreffend Vermeidung von Arbeitseinstellungen infolge übermässiger Einfuhr ausländischer Fabrikate wird einstweilen an das Volkswirtschaftsdepartement zurückgewiesen behufs Anbahnung der von Deutschland angeregten Verhandlungen.

2. Das Volkswirtschaftsdepartement wird beauftragt, die schweizerischen Papierfabriken davon zu verständigen und ihnen die bestimmte Erwartung auszusprechen, dass sie die in Aussicht gestellten Preisreduktionen unverzüglich vornehmen.»

Was den letzten Punkt anbetrifft, so haben die schweizerischen Papierindustriellen auf Wunsch des Volkswirtschaftsdepartementes die verlangte Preisermässigung mit Wirkung vom 16. Dezember an eintreten lassen.

Die von der deutschen Regierung gewünschten Verhandlungen2 wurden Samstag, den 18. Dezember, in Bern aufgenommen. Sie führten aber zu keinem Ergebnis im Sinne der Organisation einer deutschen Ausfuhr-Kontrolle und -Kontingentierung. Es wurde aber eine Einigung darüber erzielt, dass die deutsche Ausfuhrsperre bis zum 27. Dezember weiterwirken solle, indem bis dahin entschieden werden könne, ob schweizerischerseits eine Beschränkung der Einfuhr eintreffe.

Das Volkswirtschaftsdepartement reicht nunmehr den Antrag vom 2. Dezember3 wieder ein, es sei der Entwurf zu einem Bundesratsbeschluss zu genehmigen und die Massnahme auf den 27. Dezember in Kraft zu setzen.

In seinem Bericht von 24.2Dezember führt das Volkswirtschaftsdepartement weiter aus, es habe der von ihm eingesetzten Expertenkommission für Einfuhrbeschränkungen4 in der gestrigen Sitzung Gelegenheit geboten, sich zu dem Antrag eines Bundesratsbeschlusses betreffend Vermeidung von Arbeitseinstellungen infolge übermässiger Einfuhr ausländischer Waren zu äussern. Die Kommission hat grundsätzlich die Ansicht vertreten, dass unter den heutigen Umständen für eine Reihe weiterer Produktionszweige5 ein Schutz in Form von Einfuhrverboten einzutreten habe, da die Arbeitslosigkeit in immer stärkerem Masse in den verschiedensten Erwerbszweigen auftritt.

Als solche Erwerbszweige, deren Verhältnisse derart abgeklärt sind, dass eine Einfuhrbeschränkung heute schon ausgesprochen werden kann, bestimmte die Kommission neben den Produkten der Papierindustrie und der Edelmetallindustrie:

Küfer- und Küblerwaren,

Stangen, Blech, Draht aus Kupfer und Kupferlegierungen.

In der heutigen Sitzung legte das Volkswirtschaftsdepartement den Entwurf zu einem dringlichen Bundesbeschluss betreffend die Beschränkung der Wareneinfuhr vor und modifizierte den bereits erwähnten Entwurf eines Bundesratsbeschlusses dahin, dass er nur bis zum 10. Februar 1921 gelten soll. Diese neuesten Anträge gehen von der Erwägung aus, dass die ganze Angelegenheit von der Frage der ausserordentlichen Vollmachten gelöst und der sachliche Entscheid nicht nur indirekt durch Genehmigung eines Bundesratsbeschlusses, sondern direkt durch Erlass eines Bundesbeschlusses von der Bundesversammlung erledigt werden soll. Diese würde den Bundesrat ermächtigen, die Wareneinfuhr zu beschränken, und die Verfügungen des Bundesrates würden sich nachher auf diesen Bundesbeschluss und nicht mehr auf die ausserordentlichen Vollmachten vom 3. April 1919 stützen.

Damit indessen die Bundesversammlung in ihren Entschliessungen wirklich frei bleibt, so müsste der Bundesrat gleichsam als vorsorgliche Massnahme einen Beschluss erlassen, der aber von vorneherein so terminiert wäre, dass er nur so lange gilt, bis die eidg. Räte die Vorlage erledigt haben werden. Dem Protokoll liegt eine Kopie des vorgelegten Bundesbeschlusses und des Bundesratsbeschlusses bei.

Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes motiviert die Anträge noch näher und er erstattet speziell Bericht über die Sitzung der Einfuhrkommission, die am 30. Dezember stattgefunden hat. In dieser Sitzung sprachen sich alle anwesenden Vertreter des Handels- und Industrievereins, des Gewerbeverbandes und der Landwirtschaft für die Notwendigkeit von Einfuhrbeschränkungen aus, indem sie den Erlass der vorliegenden Bestimmungen befürworteten. Seitens der Vertreter der Angestelltenverbände und des Gewerkschaftsbundes wurde die Notwendigkeit des Erlasses einzelner Einfuhrbeschränkungen – es handelt sich nicht um absolute Einfuhrverbote – anerkannt. Immerhin wünschten diese Kreise, dass natürlich nicht mehr als notwendig zur Verhütung der Arbeitslosigkeit hievon Gebrauch gemacht werde. Gegen den Erlass der Bestimmungen von Einfuhrbeschränkungen sprachen sich bloss Herr Jäggi, Präsident des Verbandes schweizerischer Konsumvereine in Basel, und Herr Steinmetz, Vertreter des genferischen Handels, aus. Sie glauben die Bestimmungen werden ihren Zweck nicht erreichen, den Preisabbau hindern, und ihre Handhabung sei sehr schwierig. Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes führt aus, dass er sich der Schwierigkeiten der Handhabung der in Aussicht genommenen Bestimmungen durchaus bewusst sei und dass er ferner auch anerkenne, dass eine absolute Hilfe für die Arbeitslosigkeit durch eine solche Massregel nicht geschaffen werden könne. Allein er ist der Ansicht, dass der Bundesrat unrecht täte, wenn er zusähe, wie einzelne schweizerische Industrien und Gewerbe vom Auslande durch die Konkurrenz erdrückt und in ihrer Lebensfähigkeit bedroht werden. Er findet auch, es sei unnatürlich, dass man in der Schweiz Arbeitslosenentschädigung an Leute ausrichte welche mit ihrer Arbeitskraft Waren produzieren könnten, die in ungewohnten Mengen auf den schweizerischen Markt geworfen werden. Die Massregeln sollen so durchgeführt werden, dass ein Preisabbau nicht gehindert wird; ein solcher soll und muss sich vollziehen, allein nicht in katastrophaler Weise und nicht in einer Zick-zack-Linie, sondern in einer gerade verlaufenden Linie. In Betracht falle namentlich auch, dass viele der eingeführten Waren durch verschiedene Hände gehen und durch den Handel verteuert, schliesslich doch zu hohen Preisen an den Mann gebracht werden. Die Konsumenten hätten also nicht den Nutzen, den man vielerorts erhofft und erwartet. So unangenehm schwerwiegend die Massregel sei, so komme er nach eingehender Überlegung zur Überzeugung, dass im Interesse der nationalen Produktion und zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit die Kontingentierung der fremden Einfuhr in gewissen Artikeln notwendig sei, und was die Form betreffe, so soll ein Entscheid der Bundesversammlung provoziert werden. Die Dringlichkeit des Beschlusses sei gegeben, da nicht monatelang gewartet werden könne.

In der Diskussion wird darauf hingewiesen, dass neben den gewichtigen Argumenten für die Massnahme auch grosse Bedenken bestehen. Es sei notwendig, dass ein Preisabbau eintrete; eine Krise sei unvermeidlich, je rascher sie komme, um so besser sei es. Die Einfuhrbeschränkungen werden zum Teil ihren Zweck verfehlen, zum Teil die hohen Löhne auf der Höhe behalten und unsere Exportindustrie dadurch schädigen. Es seien auch anderseits vielleicht Repressalien zu befürchten. Sukzessive werden für fast alle Waren Einfuhrbeschränkungen verlangt werden. Die Durchführung erscheine sehr schwierig. Anderseits findet der Antrag des Volkswirtschaftsdepartementes auch Unterstützung mit den bereits angeführten Motiven, insbesondere wird geltend gemacht, dass andere Länder bereits Einfuhrbeschränkungen eingeführt haben und dass das System der Zollzuschläge kaum genügen dürfte und offenbar nicht rasch eingeführt werden könne.

Schliesslich wird mit vier gegen drei Stimmen beschlossen, auf die Anträge des Volkswirtschaftsdepartementes zurzeit nicht einzutreten.

1
1004 1/277.
2
Pour ces négociations, cf. aussi no 10.
3
E 1001 1/ EVD 1920.
4
Pour la collection des procès-verbaux de cette commission, cf. E EVD 20/86+87.
5
Dans la séance du 24 décembre, le Conseil fédéral décida: Das Volkswirtschaftsdepartement wird ermächtigt, die Grenze für die Einfuhr von Papier und Pappe bis auf weiteres, d. h. bis nach der definitiven Beschlussfassung über seine Vorlage, zu sperren. E 1004 1/277 no 4046.