Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.2 ALLEMAGNE
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 7-II, doc. 417
volume linkBern 1984
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
Cote d'archives | CH-BAR#E2001B#1000/1508#197* | |
Titre du dossier | Généralités (1919–1923) | |
Référence archives | B.56.41.15.02 |
dodis.ch/44628
Ich konnte die in Ihrem vertraulichen Schreiben vom 7. l.Mts.2 gestellten Fragen betreffend den Beitritt Deutschlands zum Völkerbund gestern mit dem Reichsminister des Auswärtigen besprechen und habe dabei folgende Auskunft erhalten:
Die Deutsche Regierung wird sich vorderhand nicht selbst um den Eintritt, bezw. die Zulassung zum Völkerbund bewerben, weil sie überzeugt ist, dass ein solcher Schritt nicht Erfolg haben würde und namentlich deshalb nicht, weil sie befürchtet, dass ein solcher Schritt den Feinden Deutschlands, vor allem den Franzosen, den willkommenen Anlass bieten würde, um neuerdings über Deutschland herzufallen und ihm alle möglichen Verstösse wegen dem Versailler Vertrag, Unehrlichkeit und alles mögliche andere vorzuwerfen. Solchen Anwürfen gegenüber ist Deutschland in seiner jetzigen Lage wehrlos und es zieht deshalb vor, jeden Versuch einer Annäherung zu unterlassen. Wenn dagegen von anderer Seite der Antrag gestellt werden sollte, Deutschland in den Völkerbund aufzunehmen, und wenn dieser Antrag wider Erwarten die nötige Mehrheit erhalten sollte, so würde «Deutschland gerne und dankend beitreten». Freilich müsste es auch in diesem Falle im Hinblick auf die augenblickliche Lage im Osten einen Vorbehalt machen. Herr Simons und mit ihm die deutsche Regierung rechnet mit der Wahrscheinlichkeit, dass es in absehbarer Zeit zu einem «Executionskriege» der Völkerbundsstaaten gegen Russland kommen werde; er erblickt in dem russisch-polnischen Frieden nur das Vorspiel zu einer solchen Execution, welche virtuell schon eingeleitet sei durch die Anerkennung Wrangels seitens der französischen Regierung. Für den Fall, dass es zu einer solchen Execution kommen und Deutschland dannzumal schon zum Völkerbund gehören sollte, müsste es den Vorbehalt machen, dass es nicht gezwungen werden könne, an dieser Massnahme teilzunehmen, sondern dass ihm die Möglichkeit gelassen werde, seine Neutralität beizubehalten. Jede Beteiligung Deutschlands an einem Kriege gegen Russland würde unter heutigen Verhältnissen in Deutschland den Bürgerkrieg auslösen und dazu könne sich die Regierung natürlich nicht drängen lassen.
Allgemein sprach sich der Minister dahin aus, dass die deutsche Regierung ganz auf dem schweizerischen Standpunkte stehe, nach welchem der Völkerbund erst dann Aussicht auf Erfolg habe, wenn alle grossen Staaten, namentlich die Vereinigten Staaten und Russland, demselben angehören, dass aber der Bund auch in der jetzigen Form besser sei als nichts und dass in ihm wenigstens ein Organ geschaffen sei, welches an seiner eigenen Vervollkommnung arbeiten könne.
Ich hoffe die vorstehenden Mitteilungen genügen zu Ihrer Orientierung und stehe für allfällig weiter gewünschte Auskunft, bezw. Erkundigung, selbstverständlich zur Verfügung.
- 1
- Lettre: E 2001 (B) 8/23. Völkerbund.↩
- 2
- Cette lettre contenait le passage suivant: [...] Mit Hinblick auf die vom Schweizervolk wie vom Bundesrat stets als Postulat aufgestellte Universalität des Völkerbundes wäre es für uns von höchstem Interesse, über die Absichten der deutschen Regierung Zuverlässiges zu erfahren. Nach Pressemeldungen zu urteilen sind diese Absichten keineswegs ungeteilte. So ist auf dem Kongress der deutschen Friedensgesellschaft, der letzthin in Braunschweig getagt hat, von seiten des Vertreters des Auswärtigen Amtes, v. Prittwitz, folgende Äusserung gefallen: «Für Deutschland liege keine Veranlassung vor, sich zur Aufnahme in den Völkerbund zu drängen, so lange in der Nähe seiner Grenzen noch Krieg geführt werde». Begründet wurde diese ablehnende Haltung mit der Erklärung, dass Deutschland bis jetzt in seinen Berufungen an den Völkerbund, z.B. in der Frage von Eupen und Malmédy, trübe Erfahrungen gemacht habe. Es wäre für uns natürlich von grösstem Interesse zu erfahren, in wie weit diese Auffassung in Kreisen der deutschen Regierung verbreitet ist. Wir wären Ihnen daher dankbar, uns von den Eindrücken Mitteilung zu machen, die Sie aus persönlichen Besprechungen zu dieser Frage gewinnen können. (E 2001 (B) 8/23).↩