Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.8 HONGRIE
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 7-II, doc. 407
volume linkBern 1984
Plus… |▼▶Emplacement
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001B#1000/1502#274* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(B)1000/1502 14 | |
Titre du dossier | Anerkennung Ungarn (1919–1921) | |
Référence archives | B.15.11.14 |
dodis.ch/44618
CONSEIL FÉDÉRAL Proposition du Chef du Département politique, G. Motta1
Am 19. Januar 19192 haben Sie beschlossen, einen de facto Vertreter der damaligen ungarischen Regierung (Karolyi), und am 19. Dezember 19193 einen solchen der Regierung des Admirals Horthy zu empfangen. Der Bevollmächtigte der letzteren, Baron Bornemisza, weilt seither in Bern.
Tatsächlich wurden aber unsere offiziellen Beziehungen mit Ungarn nie unterbrochen, sondern sie sind mittelbar aufrecht erhalten geblieben. Die schweizerische Gesandtschaft in Wien, welche bis im Herbst 1918 bei der Doppelmonarchie beglaubigt war, hat selbst unter der Regierung Karolyi und der Sovietregierung Bela Kuns durch Vermittlung des gemeinsamen Ministeriums des Äussern in Liquidation unseren amtlichen Verkehr mit dem Budapester Kabinett unterhalten. Ferner vertritt die hiesige österreichisch-ungarische Gesandtschaft in Liquidation, welche immer noch besteht, z.Z. Ungarn offiziell in Bern.
Unser Generalkonsulat in Budapest hat mit sämtlichen Regierungen, welche sich in Ungarn seit 1918 abgelöst haben, ununterbrochen Beziehungen unterhalten und auch den ihm anvertrauten Schutz der französischen, italienischen, rumänischen und türkischen Interessen ungestört ausüben können. Endlich haben wir mit dem ungarischen de facto Vertreter am 21./25. Februar 1920 die Verlängerung des gekündigten, seinerzeit mit der ehemaligen Doppelmonarchie geschlossenen Handelsvertrages vereinbart.
Ende Februar 1920 verfügte die ungarische Nationalversammlung die «Wiederherstellung der Verfassung» und regelte die einstweilige Ausübung der staatlichen Obergewalt, indem sie in der Person des Admirals Horthy einen «Reichsverweser» ernannte und mit «der verfassungsmässigen Ausübung der in der königlichen Gewalt enthaltenen Rechte» unter gewissen, durch das neue Verfassungsgesetz festgelegten Einschränkungen betraute.
Am l.Juni d.Js. notifizierte uns der ungarische Bevollmächtigte, dass durch Gesetz I von 1920 die Nationalversammlung verfügt habe, die vergangenen Ereignisse (d. h. die Karolyi- und die Sovietregierung) hätten an der Verfassung Ungarns nichts geändert, und die Staatsform sei «das Königreich» geblieben.
Diese Massnahmen entsprechen vollkommen dem bekannten Traditionalismus Ungarns in staatsrechtlichen Fragen, welcher, verbunden mit einem ausgeprägten Nationalstolz und dem energischen Charakter der Magyaren heute die feste Basis und die Kraft dieses territorial stark reduzierten Königreiches bildet.
Der Friedensvertrag von Trianon wurde am 4. Juni 1920 unterzeichnet. Nach übereinstimmenden Berichten unserer Gesandtschaften, den mündlichen Äusserungen des französischen Botschafters und des ungarischen Vertreters, Baron Bornemisza, liegt aber dessen Ratifizierung durch Ungarn noch in unbestimmter Ferne; der Chef der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in Liquidation in Bern, Baron de Vaux, glaubt sogar, dass diese Ratifikation überhaupt nicht stattfinden werde.
Baron Bornemisza erläuterte anlässlich eines Besuches auf dem Departement die Lage, indem er sagte, dass das gemäss Verfassung bestehende Magnatenhaus aus innerpolitischen Opportunitätsgründen nicht einberufen werden könne. Die Nationalversammlung (Abgeordnetenhaus), in welcher das bäuerliche Element überwiegt, wolle aber vom Vertrage von Trianon bisher nichts wissen. Die Regierung beabsichtigte immerhin die Ratifizierung herbeizuführen, wenn die politische Lage es einmal gestatte.
Der Heilige Stuhl, Spanien und Italien haben in Ungarn bereits offizielle diplomatische Vertretungen errichtet. Seine Anerkennung durch Finnland erfolgte am 21. ds.Mts.
Bei unserem Generalkonsulate in Budapest hat die ungarische Regierung offiziös wissen lassen, wie grossen Wert sie auf eine baldige Anerkennung durch die Schweiz und die Wiederherstellung unmittelbarer diplomatischer Beziehungen legt. Es wurde betont, dass die traditionellen Sympathien zwischen beiden Ländern, politische und wirtschaftliche Interessen dies wünschbar machen lassen. Auch würde die Herstellung normaler Beziehungen für Ungarn in der gegenwärtigen Valutakrise eine bedeutende Erleichterung bedeuten, da es zur Zeit sämtliche Kosten der hiesigen österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in Liquidation allein tragen muss.
Die Regierung des Admirals Horthy erweist sich als stabil und in jeder Beziehung vertrauenswürdig. Bereits stehen die Bundesbehörden mit ihr über wichtige Handels- und eisenbahnpolitische Fragen in Unterhandlung.
Unter diesen Umständen könnte ein weiteres Zuwarten mit der offiziellen Anerkennung der dermaligen Regierung Ungarns die ausgezeichneten politisehen und wirtschaftlichen Beziehungen, welche die Schweiz immer mit diesem Lande unterhielt, zu unserem Schaden beeinträchtigen. Wir stellen deshalb den Antrag:
Der Bundesrat wolle die derzeitige Regierung Ungarns offiziell anerkennen und die unmittelbaren diplomatischen Beziehungen mit derselben wieder aufnehmen4.
Tags