Vertraulich Bern, 7. April 1920
Ich bekenne mich dankend zum Empfange Ihres werten Schreibens vom 3. dieses Monats.2
Ich hatte heute eine vertrauliche Besprechung mit Mons. Maglionebetreffend Völkerbund. Es sei mir gestattet, Ihnen darüber in Kürze zu referieren.
Mons. Maglione ist darüber peinlich überrascht, dass man [une ligne illisible, probablement: es gewagt hat, seine Äusserungen nun] gegen den Eintritt der Schweiz in den Völkerbund anzurufen.
Der Heilige Stuhl kann und darf eine politische Empfehlung nicht erlassen. Ein solcher Schritt könnte zu leicht als Einmischung in die Politik der Schweiz gedeutet werden. Es genügt, wenn der Heilige Stuhl erklärt (und das erklärt Mons. Maglione amtlich), dass für die Schweizer Katholiken kein sittlicher oder religiöser Grund besteht, der sie bestimmen könnte, gegen den Eintritt der Schweiz zu stimmen. Der Schweizer Katholik ist daher, als solcher, absolut frei. Mons. Maglione persönlichist der Meinung, dass die Schweizer Katholiken einen grossen Fehler begehen würden, wenn sie gegen den Völkerbund Stellung nehmen würden. Ganz besonders wäre es, vom katholischen Interesse aus, zu bedauern, wenn die Katholiken durch ihre Haltung den Eintritt der Schweiz vereiteln würden. Mons. Maglione hat sich nie gegen den Völkerbund ausgesprochen. Er glaubte bis jetzt, dass seine Stellung ihm Reserven auferlege. Nachdem nun aber ihm Meinungen zugeschoben worden sind, die mit seinen wirklichen Meinungen im Widerspruch stehen, glaubt er persönlich aus der Reserve treten zu dürfen.
Mons. Maglione wird heute oder morgen einen Brief an Mons. Savoy in Freiburg, der ihn angefragt hat, erlassen. Mons. Savoy wird vom Briefe Herrn Nationalrat Perrier Mitteilung machen.
Ich hoffe, dass die falschen Behauptungen der Gegner des Völkerbundes verstummen werden.