Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.3 Autriche
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 198
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.53-02#1000/1760#7* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.53-02(-)1000/1760 1 | |
Dossier title | Politische Gestaltung Oesterreichs (1919–1919) | |
File reference archive | C.4 |
dodis.ch/44409
Die hiesige Regierung ist nunmehr entschlossen, die bis jetzt noch gemeinschaftlichen liquidierenden Instanzen aufzuheben, und die ändern SuccessionsStaaten sollen ebenfalls auf den Abschluss der Tätigkeit der gemeinschaftlichen liquidierenden Ministerien dringen. Über die Modalitäten der Weiterführung der selbstverständlich noch nicht zu Ende geführten Liquidation ist man einzig noch nicht einig, doch ist vorauszusehen, dass eine Vereinbarung sehr bald getroffen worden sein wird.
Was speziell das liquidierende Ministerium des Äussern betrifft, so soll, höre ich, dasselbe unbedingt auf Ende Dezember aufhören zu existieren, zumal dasselbe beinahe nur noch der alten österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in Bern zu Liebe bestehe. Die übrige Liquidation könnte das österreichische Staatsamt für Äusseres als Treuhänder übernehmen. Auch die liquidierende Gesandtschaft in Bern soll nunmehr selbst endgültig aufgehoben werden, und im Staatsamte des Äussern soll das Wort gefallen sein, man werde schon Mittel und Wege finden, die schweizerische Regierung dazu zu bringen, dass sie sich mit dieser Aufhebung zufrieden gebe.
Man soll übrigens im österr. Staatsamte das Ausbleiben unserer Anerkennung von Tag zu Tag unliebsamer empfinden. Schweden, Norwegen, Dänemark, die Niederlande und der Heilige Stuhl haben die Republik Österreich offiziell anerkannt, die Entente durch den Friedensvertrag eigentlich auch.
Andererseits weiss ich, dass die ungarische Regierung es nicht begreifen würde, wenn man noch länger zögern sollte, zu ihr wenigstens in de facto Beziehungen zu treten und einen de facto Vertreter in Bern (vorgeschlagen ist schon längst Baron Bornemisza) anzunehmen, nachdem doch die Entente jetzt das Ministerium Huszar als de facto Regierung anerkannt hat.
Was die offizielle Anerkennung der Republik Österreich anbetrifft, so habe ich mich schon in meinem Berichte vom 9. Oktober2 des langen und breiten über diese Frage geäussert. Seither ist beinahe die ganze auf Grund des Zuckerabkommens von 19173 geschuldete Summe von 42 Millionen durch Österreich abgezahlt worden; es bleiben also nach der Finanz- und steuerpolitischen Seite hin nur noch die Fragen pendent, denen einmal mit der Anerkennungsfrage jeder innere Zusammenhang fehlt und deren Lösung sowieso noch so lange auf sich warten lassen kann, dass es schwer fallen dürfte, auch die Anerkennung so weit hinauszuschieben. Ich bin nämlich nicht davon überzeugt, dass der Druck, den wir in dieser Richtung hin durch Verschiebung der Anerkennung ausüben wollen, wirklich zum Ziele führe; ich befürchte vielmehr, dass diese Verzögerung unsererseits den guten Willen, uns möglichst entgegenzukommen, der entschieden einmal vorhanden war, ungünstig beeinflussen könnte. – Allerdings wird für den Bundesrat in erster Linie der Stand der Vorarlberger-Angelegenheit für die Beurteilung der Anerkennungsfrage massgebend sein. Wenn sich, wie die heutigen Abendblätter melden, der Oberste Rat in Paris wirklich gegen eine Lostrennung Vorarlbergs von Österreich ausgesprochen haben sollte, so wäre die Frage wohl – momentan wenigstens – kaum im Sinne eines Anschlusses an die Schweiz zu lösen. Stimmt diese meine Ansicht mit der Ihrigen überein, so würde ich entschieden anraten, mit der Anerkennung nicht mehr länger zuzuwarten, sondern gute Miene mit dem bösen Spiel zu machen, denn ich kann mir nicht denken, dass ein weiterer Aufschub von praktischem Werte sein könnte; es läge dann vielmehr in unserem Interesse, die vorhandene Spannung durch einen «beau geste» aus der Welt zu schaffen.
Ist hingegen die Sache noch nicht so weit, und soll die Vorarlbergerfrage nicht als für die nächste Zeit ausgeschaltet betrachtet werden, so möchte ich doch anraten, auf den weiteren Bestand der liquidierenden Gesandtschaft in Bern nicht zu insistieren und den de facto Gesandtschaften von Österreich und Ungarn die Existenzmöglichkeit zu geben, in dem Sie ihnen Kuriere und das Chiffrieren bewilligen.
Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, dass ich vorderhand hier auch nur de facto Vertreter bin, und dass man mir, bei allzugrosser Strenge unsererseits, schliesslich gleiche Behandlung wie dem österreichischen Vertreter in Bern angedeihen lassen könnte. Als ein freundlicher Akt würde dies von Seiten des Bundesrates kaum aufgefasst werden. Ich vermag aber in einer solchen Spannung der Beziehungen keinen Vorteil für die Schweiz zu erblicken.
Tags
The Vorarlberg question (1919)