Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.10 LIECHTENSTEIN
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 138
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1969/262#965* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1969/262 42 | |
Dossier title | Oesterreich (1919–1954) | |
File reference archive | B.24.001 • Additional component: Liechtenstein |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.53-02#1000/1760#4* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.53-02(-)1000/1760 3 | |
Dossier title | Vertretung von Liechtenstein (1919–1919) | |
File reference archive | C.16 |
dodis.ch/44349
Gestern besuchte mich Prinz Eduard Liechtenstein, der hiesige Gesandte des gleichnamigen Fürstentums und zugleich mehr oder weniger Minister des Äussern seines Onkels, und überbrachte mir zur Übermittlung an Sie den Dank des Fürsten dafür, dass dem Prinzipe der Vertretung Liechtensteins in Paris durch unsre dortige Gesandtschaft, wenn auch noch nicht formell, so doch offiziös, die Genehmigung seitens der französischen wie der schweizerischen Regierung erteilt worden sei. Damit verband der Gesandte die Bitte, es möchte gleicherweise in London dahin gewirkt werden, dass auch unsere dortige Gesandtschaft die liechtensteinischen Interessen ständig vertrete, und zwar wäre der fürstlichen Regierung sehr daran gelegen, dass dieses Arrangement sehr bald zustande käme, weil der Fürst (dies vertraulich) auf die englische Unterstützung zum Schutze seiner Güter in Böhmen hofft. Damit aber England nicht darüber verstimmt sei, dass zuerst Frankreich und dann erst England begrüsst wurde, bittet der Gesandte, es möchten die Abmachungen mit Frankreich nicht publik gemacht werden bevor auch mit der britischen Regierung ein Einvernehmen erzielt sei.
Prinz Eduard Liechtenstein kam hierauf auf die geplante Gründung einer Spielbank in Vaduz zu sprechen. Die Zeitungen haben vor einigen Tagen berichtet, dass der Bundesrat gegen einen solchen Plan Einspruch erhoben habe. Weder der Gesandte noch ich waren über einen solchen Schritt des Bundesrates unterrichtet, aber Prinz Eduard bemerkte, dass der Fürst ein entschiedener Gegner eines solchen Unternehmens sei und der schweizerischen Regierung ausserordentlich dankbar wäre, wenn sie ihn in seiner Resistenz gegen dasselbe mit ihrer Autorität unterstützen möchte; es wäre ihm sehr angenehm, falls Sie, wenn das noch nicht geschehen sei, dem liechtensteinischen Geschäftsträger in Bern, zuhanden seiner Regierung, einen Wink geben wollten, dass die Errichtung einer Spielbank in Vaduz als den guten nachbarlichen Beziehungen nicht zuträglich angesehen werden müsste. Gestern kam mir nun Ihr politischer Brief vom 30. Oktober2 zu, woraus ich entnehme, dass Sie den gewünschten Schritt schon getan haben. Streng geheim (auch dem Geschäftsträger gegenüber) kann ich Ihnen übrigens mitteilen, dass der Fürst die nicht unbeträchtliche schwebende Schuld des Landes, die das Spielbankkonsortium zu zahlen verspricht, auf sich nehmen will; seine Untertanen sollen aber von dieser Wohltat erst erfahren, nachdem sie das Spielbankprojekt werden fallen gelassen haben.
Der liechtensteinische Vertreter brachte auch noch den Beitritt des Fürstentums zum Völkerbunde zur Sprache; es soll derselbe mit möglichstem Nachdruck betrieben werden, doch sind der Weg, die Form und der Zeitpunkt noch fraglich. Durch den Beitritt soll die Souveränität und Unabhängigkeit des Fürsten noch besonders betont und festgestellt werden, daneben erstrebt er aber auch für sein Land die Anerkennung einer immerwährenden Neutralität und, gleich wie die Schweiz, die Enthebung von der Mitwirkung bei militärischen Zwangsmassregeln. Damit glaubt der Fürst sein Land vor der Gefahr, Kriegsschauplatz zu werden, zu schützen; an einer militärischen Kooperation der paar Dutzend Liechtensteiner, die militärtauglich wären, hat der Völkerbund in der Tat kein Interesse.
Was den Weg zum Beitritt anbelangt, so bemerkte ich, dass unser Gesandter in Paris im Namen der liechtensteinischen Regierung die Aufnahme in den Völkerbund wohl erst dann erbitten könnte, wenn er einmal offiziell als Vertreter der liechtensteinischen Interessen anerkannt wäre; andrerseits könne die Schweiz als solche die Aufnahme Liechtensteins nicht früher beantragen, als bis sie selbst ein Mitglied des Bundes sei. Prinz Eduard Liechtenstein anerkannte diese Bedenken als begründet. Ob schon jetzt, vor Konstituierung des Bundes, eine Anmeldung erfolgen könne (vergl. Art.l, Abs.2 des Völkerbundabkommens) erscheint fraglich, doch macht Prinz Eduard geltend, dass Frankreich das Fürstentum Monaco auch schon angemeldet habe.
Bei diesem Anlasse und angesichts der Tatsache, dass die auswärtigen Angelegenheiten des Fürstentums vielfach in Wien und nicht in Vaduz behandelt werden, und dass die Schweiz an Stelle Österreichs mit der Vertretung Liechtensteins bei verschiedenen ausländischen Regierungen betraut werden soll, möchte ich auf den früheren Plan, mich beim Fürsten von Liechtenstein direkt zu akkreditieren, zurückkommen. Seinerzeit hatte sich der Bundesrat prinzipiell einverstanden erklärt, das Projekt war aber an der Opposition des österreichischen Hofes, die aus mehr fomellen und Etikette-Gründen erfolgte, gescheitert (vergl. Bundesratsbeschlüsse vom 19. April und 10. Mai 1918). Ich glaube nun zu wissen, dass der Fürst mit einer solchen Akkreditierung einverstanden wäre, doch möchte ich nicht ohne Ihre Ermächtigung nachdrücklicher sondieren und gewärtige ich daher Ihre diesbezüglichen Direktiven gerne.
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (H) 1969/262/42.↩
- 2
- Ce rapport politique, rédigé par Ch. L. E. Lardy, disait à ce sujet: Vous aurez peut-être vu dans la presse qu’on parle d’une note que nous aurions adressée à la Principauté pour protester contre la création d’un casino à Vaduz. En réalité, aucune note n’a été remise, mais nous avons fait comprendre au Gouvernement liechtensteinois, de la manière la plus claire et la plus positive que nous ne désirions pas l’établissement d’une maison de jeux, et que nous prendrions, si cela était nécessaire, les mesures qui nous paraîtraient indiquées pour l’empêcher. Le Prince nous a fait savoir qu’il ne tolérerait pas de casino et il va nous le confirmer par écrit. Il risque d’entrer en conflit avec ses sujets qui, habitués à puiser dans la poche de leur souverain, se cherchent une autre source de revenus. (E 2001 (D) c 1/1910–1919).↩