Classement thématique série 1848–1945:
VII. LA NAVIGATION FLUVIALE ET LES TRANSPORTS INTERNATIONAUX
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 107
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.19-01#1000/1715#22* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.19-01(-)1000/1715 2 | |
Dossier title | Convention du Gothard, (1925–1925) | |
File reference archive | II.R |
dodis.ch/44318
L’Adjoint à la Division des Affaires étrangères du Département politique, Ch. L.E. Lardy, au Ministre de Suisse à Rom e, G. Wagnière1
In der Angelegenheit «Gotthard vertrag2 »
beehren wir uns, Ihnen gemäss dem Wunsche des Eisenbahndepartementes Kenntnis zu geben von dem gegenwärtigen Stand dieser Frage und den im laufenden Jahre eingetretenen Vorkommnissen.
Wie Sie bereits aus unserem Schreiben vom 31. März.3 wissen, hat der neue deutsche Gesandte in Bern, Herr Dr. AdolfMüller, am 15. März dieses Jahres dem Bundesrate die Mitteilung gemacht, er sei von seiner Regierung ermächtigt worden, mit uns über eine Revision des Gotthard vertrages im Sinne der schweizerischerseits geltend gemachten Wünsche in Unterhandlungen zu treten. Herr Müller erklärte, dass Deutschland zu einem weitgehenden Entgegenkommen entschlossen sei. Diese mündlichen Eröffnungen sind nachträglich schriftlich bestätigt worden durch eine Note folgenden Inhalts:
«Der Ruf nach einer Revision des Gotthard vertrages, der in der Schweiz seit längerer Zeit ertönt, ist in Deutschland nicht ungehört verhallt. In dankbarer Anerkennung der grossen Dienste, die die Schweiz im Laufe des Krieges dem Deutschen Reiche durch Wahrnehmung der deutschen Interessen in fast allen feindlichen Ländern, durch liebevolle Fürsorge für die deutschen Internierten trotz eigener Not geleistet hat, und von dem Bestreben geleitet, der Schweiz einen erneuten Beweis dafür zu geben, wie sehr dem deutschen Volke ein gutes, auf gegenseitigem Vertrauen beruhendes Verhältnis zu dem Schweizervolke am Herzen liegt, wünscht die deutsche Regierung das gesamte Rechtsverhältnis bezüglich der Gotthard bahn auf eine neue Basis zu stellen. Sie ist, soweit es an ihr liegt, gewillt, den Gotthard vertrag, und damit auch die Vertragsbestimmung, die, wie die Meistbegünstigungsklausel und die sonstigen Bindungen der schweizerischen Tarifhoheit, in weiten Kreisen der Schweiz als lästig empfunden werden, zu revidieren. Die Deutsche Regierung erklärt sich zu Verhandlungen bereit.»
Dabei bestand von Anfang an beidseitig Klarheit darüber, dass ein Entgegenkommen Deutschlands nicht etwa an die Voraussetzung einer auch nur teilweisen Rückerstattung der geleisteten Subvention geknüpft werden könne, denn der Bundesrat hat stets die Auffassung vertreten, dass die Schweiz das Äquivalent für die erhaltenen Subventionen geleistet hat durch den Bau der Gotthard linie, deren Erstellung ebensosehr dem Handel und Verkehr der Subventionsstaaten zugutekommt als sie schweizerischen Interessen dient. Diese Wirkung wird die Gotthard bahn auch in Zukunft ausüben, weil die Rücksichten auf die Konkurrenzwege die Schweiz immer zwingen werden, unsern nördlichen und südlichen Nachbarn über die Gotthard linie günstige Verkehrsbedingungen einzuräumen.
Der Bundesrat antwortete dem deutschen Gesandten, dass er dankbar von dem Anerbieten der deutschen Regierung Kenntnis nehme und dass er den ändern Vertragskontrahenten, das Königreich Italien, von dem Schritte der deutschen Regierung in Kenntnis setzen werde.
Wie Ihnen bekannt ist, wurde inzwischen in Versailles die Gotthard frage von den alliierten Mächten auch zum Thema einer Bestimmung der Friedensbedingungen4 gemacht, und es enthält der zwölfte Abschnitt dieser Bedingungen, der von Häfen, Kanälen und Eisenbahnen handelt, eine Klausel, wonach Deutschland sich verpflichtet, innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren von der Inkrafttretung des Friedensvertrages an gerechnet, eine Kündigung des Gotthard vertrages anzunehmen, wenn eine solche von der schweizerischen Regierung nach Verständigung mit der italienischen Regierung verlangt wird.
Eine offizielle Mitteilung bezüglich dieser Vertragsbestimmung ist uns bis heute noch nicht zugekommen, und wir haben deshalb auch noch keine Aufklärung darüber erhalten, wie sich die alliierten Regierungen die Verwirklichung dieser Vertragsbestimmung vorstellen und welche Haltung insbesondere Italien einzunehmen gedenkt. Wir stellen uns selbstverständlich auf den Standpunkt, dass uns der Friedensvertrag, bei welchem wir nicht als Vertragspartei mitgewirkt haben, nicht hindern kann, die dem Bundesrate von der deutschen Regierung in verbindlicher Form abgegebenen Zusicherungen entgegenzunehmen und zu gegebener Zeit auf Grund derselben mit Deutschland weiter zu unterhandeln; selbstverständlich unter Respektierung der Rechtsstellung unseres ändern Kontrahenten, des Königreichs Italien.
Es ist uns bekannt, dass die italienische Regierung sich bis heute Ihnen gegenüber über ihre Absichten nicht ausgesprochen hat.
Inzwischen sind wir aber über die Auffassung unterrichtet worden, welche dort, wie es scheint, in wichtigen Kreisen besteht.
Letzter Tage erhielt nämlich der Chef des Eisenbahndepartements den Besuch eines Herrn Dr.LuigiGoddi5, welcher sich bei ihm mit einer Empfehlung der hiesigen italienischen Gesandtschaft einführte. Herr Goddi ist Sekretär der Kommission der «Associazioni Industriali Italia ne» bei der italienischen Delegation an der Friedenskonferenz. Er kam, um sich mit B. R. Haab über die Gotthard vertragsfrage zu unterhalten. Ob er dies im direkten Aufträge der italienischen Regierung tat und inwieweit er mit diesem Gespräch deren Meinung wiedergab, entzieht sich natürlich unserer Kenntnis. Herr Goddi teilte mit, dass die Behandlung dieses Fragenkomplexes in Italien dem Minister für Industrie (Ferraris) und dem Transportminister (De Vito) obliege. Er glaubt, dass der Minister für auswärtige Angelegenheiten zurzeit vielleicht am wenigsten orientiert sei. Herr Goddi äussert sich dahin, dass nach seiner Auffassung die öffentliche Meinung in Italien einer Revision des Gotthard vertrages eher ablehnend gegenüber stehe, und dass die neue Kammer in dieser Beziehung vielleicht nicht günstig disponiert sei. Die Regierung werde daher Mühe haben, ihre Zustimmung für eine Revision zu gewinnen. Herr Goddi hält dafür, dass natürlich die Initiative für eine Revision des Gotthard vertrages von der Schweiz ausgehen müsse. Er empfahl, dass unsere Gesandtschaft in Rom den Wunsch aussprechen soll, es möchte einer schweizerischen Delegation Gelegenheit gegeben werden, vorerst zu einem unverbindlichen Meinungsaustausch mit einer zu diesem Zwecke zu bestellenden italienischen Delegation. Er glaubt zu wissen, dass die italienische Regierung auf alle Fälle für die Prüfung der Gotthard vertragsfrage eine Kommission einsetzen werde oder eingesetzt habe, welche sich sodann mit einer schweizerischen Delegation in Verbindung setzen könnte. Herr Goddi riet uns an, in Rom nicht nur mit dem Ministerium des Äussern, sondern auch mit den Ministerien für Industrie und Transport Fühlung zu suchen.
Ob dies angeht, müssen wir natürlich Ihnen überlassen. Endlich bat Herr Goddi, seine Eröffnungen als streng vertraulich zu behandeln.
Wir bitten Sie nunmehr, in diesem Sinne Schritte zu unternehmen und unter geeignetem Hinweis auf die deutsche Demarche zu veranlassen, dass zunächst eine schweizerische Delegation und eine italienische Delegation lediglich ad audiendum et referendum zusammentreten können. Dabei würden wir es der italienischen Regierung anheimstellen, Ort und Zeitpunkt der Zusammenkunft zu bestimmen.
Soviel über die Revisionsfrage. [...]6
- 1
- Lettre: E 2200 Rom 15/2.↩
- 3
- Non reproduite. cf. E 2001 (B) 3/14; cette démarche allemande est résumée in: DDS 7/1, no 252.↩
- 4
- Art. 374 du Traité de Versailles; sur la rédaction de cet article et la prise deposition du Conseil fédéral cf. DDS 7/1, nos 264, 271, 333, 335.↩