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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 7-I, doc. 340
volume linkBern 1979
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2300#1000/716#1077* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2300(-)1000/716 463 | |
Titolo dossier | Tokio, Politische Berichte und Briefe, Militärberichte, Band 4 (1918–1920) |
dodis.ch/44085
Ich habe die Ehre meinen Bericht vom 30. Jänner lf. Js. ganz ergebenst zu bestätigen.
In Koreasind kürzlich Unruhen ausgebrochen, anlässlich der Beerdigungsfeier für den abgesetzten Kaiser. Anfänglich ist denselben nicht viel Gewicht beigelegt worden; dieselben haben jedoch derartig grosse Dimensionen angenommen, dass man in Regierungskreisen unruhig wurde und frische Truppen nach Fusan verschifft worden sind.
Die Bewegung ist seit Monaten vorbereitet worden; sie soll auf eine Unterredung eines Koreaners mit Präsident Wilson zurückzuführen sein. Derselbe hätte die Frage gestellt, ob die Friedenskonferenz sich auch mit der Unabhängigkeit Koreas befassen werde, was Wilson verneint hätte, es sei denn, dass eine Manifestation zur Lostrennung von Japan stattfinden würde. Auf das hin waren die Vorbereitungen getroffen worden. Die Manifestation war eine durchaus friedliche anfänglich; sie äusserte sich im Absingen der Nationalhymne und Rufen: «Es lebe die Unabhängigkeit Koreas». Nach und nach wurde dieselbe jedoch aggressiver, in Folge der Behandlung von Seiten der Truppen; die Lädenbesitzer unterliessen es ihre Verkaufslokale zu öffnen, trotz wiederholter Mahnungen der Behörden. Die Sache spitzte sich immer mehr zu bis zur Ergreifung militärischer Massregeln, um die Ordnung und den Verkehr wieder herzustellen.
Den Missionaren, die in der Mehrheit Amerikaner sind, wird vorgeworfen, sie hätten die Koreaner angestiftet. Wie weit dies mit der Wahrheit übereinstimmt und wie viel hiebei der allgemeinen Missstimmung den V.St. gegenüber zuzuschreiben ist, ist schwer zu sagen.
Die Verhandlungen der Friedenskonferenz und das Verlangen der japanischen Delegierten um formelle Anerkennung der Gleichstellung der Japaner mit den weissen Rassen bilden hier den Gegenstand der lebhaftesten Erörterungen. Den Delegierten wird jetzt bereits angerathen sich nicht in Tokyo zu zeigen, falls es ihnen nicht gelingen sollte mit ihrem Antrag durchzudringen.
Sie bekommen wenig Schmeichelhaftes zu hören. So äussert sich der frühere Premier, Marquis Okuma, wie folgt über Saionji und Makino: «Saionjiist von guter Familie, lebt jedoch seit einiger Zeit bereits gänzlich zurückgezogen. Als er Gesandter in Deutschland war, brachte er die grösste Zeit in Paris zu, so dass seine Berichte spärlich und meist verspätet eingingen; man sprach sogar davon ihn aus dem Dienst zu entlassen. - Dessgleichen ist auch Baron Makinokein Mann der That. Verglichen mit den chinesischen Delegierten, die um die vierzig Jahre alt, sind unsere Abgesandten Menschen die sich überlebt haben. In diesen Zeiten der Weltrekonstruktion, da andere Nationen ihre Minister des Auswärtigen, Amerika seinen Präsidenten nach Paris entsandt haben, hätte Japan eine bessere Wahl treffen sollen».
Die Rede des Botschafters Ishiihat Öl ins Feuer gegossen; die Frage der Einwanderung von Japanern in die Vereinigten Staaten ist damit in ihrer ganzen verwundbaren Schärfe wieder aufgetaucht; die Angriffe auf die Vereinigten Staaten treten mit der alten Heftigkeit wieder auf und werden geschürt durch einen in der kalifornischen Legislative eingebrachten verschärften Gesetzesentwurf.
Wie wenig Japaner und Amerikaner sich sympathisch gegenüber stehen, hat sich auch kundgegeben in einer Rauferei zwischen Soldaten in einem öffentlichen Quartier in Tientsin; Truppen mussten aufgeboten werden um Ruhe herzustellen. Auch in Sibirien finden zwischen ihnen beständig Reibereien statt.
Dass Japan es mit den Vereinigten Staaten zum offenen Bruche kommen lasse, kann man nicht glauben, denn die wirtschaftlichen Interessen sind zu schwerwiegend. Ebensowenig kann man sich mit dem Gedanken vertraut machen, den viele hegen, dass Japan sich binnen kurzem mit Deutschland verbünden und damit die englische Allianz über Bord werfen würde. Dass viele Sympathien deutsch waren und deutsch sind, ist nicht zu verkennen, aber bei allem bleibt der Japaner doch immer kühl erwägend und berechnend. Eine Gefühlspolitik kennt er nicht, einzig die materiellen Interessen zählen.
Über meine Chinareise habe ich, im Rahmen des durch die Postübermittlung gebotenen, bereits Bericht erstattet; ich bedauere dass ich nicht alles der Post anvertrauen kann, was ich gesehen oder beobachtet habe.
Eines ist sicher: Japan ist in China überall verhasst und seine beständig von einem Extrem ins andere gehende Diplomatie ist gründlich fehlgegangen. Wäre Japan konsequent freundlich und wohlwollend China gegenüber gestanden, so hätte es noch viel mehr erreicht als es erreicht hat und dazu die Sympathien der Chinesen gewonnen. Im Interesse Europas allerdings ist es besser, wenn die beiden Nachbarn fortfahren sich nicht zu verstehen.
- 1
- Rapport politique (Copie): E 2300 Tokio, Archiv-Nr. 4.↩
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