f.J2Nach mehreren fruchtlosen Versuchen gelang es mir endlich gestern meinen Antrittsbesuch beim neuen Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Grafen von Brockdorff-Rantzau, zu machen. Der Staatssekretär empfing mich sehr liebenswürdig. Ich erhielt von ihm den Eindruck eines sehr gewandten intelligenten aalglatten Mannes von fast etwas zu grosser zur Schau getragener Liebenswürdigkeit.
Er rühmte mir den für Bern in Aussicht genommenen neuen deutschen Gesandten Adolf Müller sehr und schien etwas präokkupiert zu sein, dass das Agrément der Schweiz immer noch fehlt.
Ich benutzte den Anlass, um die Frage der Kohlenbeschaffung für die Schweiz, insbesondere der Kohlentransportfrage Ruhrgebiet-Schweiz auch beim Staatssekretär nochmals aufzurollen. Er versprach mir, der Angelegenheit grösstes Wohlwollen entgegenzubringen, rief aber aus: «Wir bekommen ja selbst keine Kohle.» Der Staatssekretär schien mir über die Frage nicht orientiert zu sein.
Zum Schlüsse versicherte mich der Staatssekretär noch seiner grossen Freundschaft für die Schweiz und dankte namens des Reiches wiederholt ausdrücklich für alles, was die Schweiz Deutschland erwiesen habe und noch erweise und betonte expressis verbis, wie sehr man das hier zu schätzen wisse.
Die Ihnen bekannten letzten Waffenstillstandsbedingungen des Marschalls Foch haben hier einen äusserst deprimierenden Eindruck gemacht.
Die Wegnahme so vieler landwirtschaftlicher Maschinen erscheint den meisten als eine durchaus unnötige und ungerechtfertigte Grausamkeit.
Auch für uns Schweizer scheint die unnachsichtliche Härte der Entente insbesondere Frankreichs gefährlich. Wird Deutschland allzusehr heruntergedrückt, so wird der Bolschewismus mit um so grösserer Sicherheit Deutschland überfluten und dann wohl auch die Schweiz und die Ententeländer vernichten. Es schiene mir daher im grössten Interesse der Schweiz zu liegen, wenn es dieser gelingen würde, ein milderes Vorgehen der Entente gegenüber Deutschland herbeizuführen.