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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 7-I, doc. 92
volume linkBern 1979
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E7350#1000/1104#63* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 7350(-)1000/1104 30 | |
Titolo dossier | Eidg. Politisches Departement (1914–1918) | |
Riferimento archivio | 4.1. |
dodis.ch/43837 Le Chef du Département politique, F. Calonder, au Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess1
Mit Ihrem Schreiben vom 27. Dezember 1. J. haben Sie uns ein Exposé über die wirtschaftliche Situation der Schweiz2 vom internationalen Standpunkte übermittelt. Wir haben von diesem Schriftstück mit grossem Interesse Kenntnis genommen; es gibt uns zu folgenden Bemerkungen Anlass:
1. Wie in dem Exposé richtig bemerkt ist, hat der Bundesrat am 11. Dezember3 sich der vom Politischen Departement und der bundesrätlichen Expertenkommission für die Neuordnung des Völkerrechts vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach auch in einem Völkerbunde d.h. unter wesentlich veränderten internationalen Verhältnissen die Schweiz an ihrer traditionellen Neutralität festhalten soll. Dabei hat die Kommission und das Politische Departement jedoch nur die territoriale Integrität und militärische Neutralität verstanden, nicht jedoch jene wirtschaftliche Neutralität, welche eine differentielle Behandlung zweier Kriegsparteien ausschliesst.
Es ist, wenn ein Völkerbund zu Stande kommt, wahrscheinlich, dass in irgend einer Form Sanktionen für die Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen und zwar speziell wirtschaftliche Sanktionen in Gestalt von Verkehrssperren, Handelsverboten, Sequestrationen u.dgl. vorgesehen werden, welche gegenüber fehlbaren Staaten von den übrigen Gliedern des Bundes gemeinsam angewendet werden müssten.
Es wird schon sehr schwer halten, die Wünschbarkeit, ja Notwendigkeit der Behauptung unserer militärischen Neutralität innerhalb eines Völkerbundes den ändern Staaten begreiflich zu machen, und es ist kaum anzunehmen, dass sich irgend ein Staat der Verpflichtung entziehen könnte, an den kollektiven wirtschaftlichen Zwangsmassnahmen teilzunehmen. Es würde uns deshalb von grossem Werte sein, wenn Sie die Rückwirkung einer solchen Teilnahme der Schweiz auf unser Wirtschaftsleben, namentlich bei einem Vorgehen des Völkerbundes gegen einen unserer Nachbarstaaten zum Gegenstand Ihrer Prüfung machen würden. Für diesen Fall wäre es allerdings von Bedeutung, dass die Schweiz trotz ihrer militärischen Neutralität wirtschaftlich mit denjenigen Ländern verbündet wäre, mit welchen zusammen sie die Sanktionsmittel gegen einen ändern Staat anwendete, und von denen sie eine Unterstützung fordern dürfte, auf welche sie nach dem heutigen Recht keinen Anspruch hat.
2. In dem Ihnen bekannten gedruckten Bericht über «Völkerbundsprobleme» ist auch von den wirtschaftlichen Garantien eines dauernden Friedens die Rede4 (Abschnitt VIII). Diese Seite des Problems ist, wie auch Wilson in verschiedenen Reden hervorgehoben hat, von besonderer Bedeutung, sie kann aber unabhängig von den Fragen erörtert werden, welche die Organisation der Friedenssicherung und der Fortbildung des internationalen Rechtes im Völkerbunde betreffen, und bedarf zu ihrer Behandlung Fachkenntnisse ganz anderer Art.
So ist es denn auch nicht unsere Absicht, dass die vom Bundesrat bestellte Kommission für Völkerbundsfragen sich mit dem Studium dieser, im Wesentlichen in den Geschäftskreis Ihres Departementes fallenden Probleme näher befasse. Gewisse Spezialfragen wie die Binnenschiffahrt und die Eisenbahnverträge werden vom Departement des Innern, bzw. dem Eisenbahndepartement behandelt, dagegen würden die in Ihrem eingangs erwähnten Exposé hervorgehobenen Fragen der Zollpolitik und Rohstoffversorgung, ganz besonders für Ihr Departement in Betracht kommen; auch die Bedingungen, unter denen Fremde, die Handel und Gewerbe treiben, zugelassen sind, sind mehr von volkswirtschaftlicher als von polizeilicher Bedeutung.
Wir möchten uns die Anregung erlauben, dass Sie die Frage prüfen würden, ob nicht der Bundesrat oder speziell Ihr Departement eine oder eventuell mehrere Sachverständigen-Kommissionen einsetzen sollte, welche die mit der Neugestaltung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse zusammenhängenden Probleme studieren würden, ähnlich wie dies die von uns geleitete Völkerbundskommission für die völkerrechtlichen Verhältnisse tut. Wir verhehlen uns allerdings nicht, dass man sich auf ökonomischem Gebiet noch viel mehr Unbekanntem gegenüber gestellt sieht, als auf dem diplomatisch-völkerrechtlichen.
Die Idee der Bildung einer solchen wirtschaftlichen Expertenkommission scheint uns auch deshalb erwägenswert, weil, wie wir vernehmen, die vom Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins berufene Kommission, die sich mit dem Problem der wirtschaftlichen Überfremdung befasst, demnächst ihre Arbeiten abschliesst und nicht gedenkt, sich mit den im Vorstehenden erwähnten Materien zu befassen.
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