Language: German
9.3.1917 (Friday)
Le Ministre de Suisse à Washington, P. Ritter, au Chef du Département politique, A. Hoffmann
Letter (L)
Ambiance anti-allemande aux Etats-Unis. Ritter, taxé de germanophilie, se voit l’objet d’attaques personnelles. Il s’en plaint à Lansing.
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Printed in

Jacques Freymond et al. (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 6, doc. 282

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Bern 1981

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dodis.ch/43557
Le Ministre de Suisse à Washington, P. Ritter, au Chef du Département politique, A. Hoffmann1

Ich hatte die Absicht, Ihnen einen Bericht über die Vorgeschichte des Lansingschen Statements vom 2. März (Beilage)2 zu erstatten; doch muss ich, damit ich die heutige Post benützen kann (wer weiss, wann wieder eine geht), mich mit diesem Privatschreiben begnügen.

Die Stimmung in den Vereinigten Staaten gegen Deutschland wird mit jedem Tage bitterer, und naturgemäss habe ich als der Vertreter der deutschen Interessen darunter besonders zu leiden. Einzelne Zeitungen gefielen sich in unbegründeten Attacken auf mich, andere druckten sie nach, und es wurden, nach dem Schneeballsystem, daraus schliesslich derart absurde Beschuldigungen, dass ich mich am 2. März darüber beim Staatssekretär beklagte. Bei diesem Anlasse stellte mir Lansing die Frage, inwieweit Graf Bernstorff in dem Vorschläge nach Berlin vom 5. Februar (ich hoffe Sie im Besitze meiner Aufklärungen vom 19. Februar)3 beteiligt gewesen sei. Ich gab ihm darüber volle Auskunft. Gleichen Abends erliess er das Statement.

Unnötig zu erwähnen, dass es zur Zeit höchst unangenehm ist, hier zu arbeiten. Wir bestreben uns alle, so neutral als nur möglich zu sein. Aber ganz Washington ist so ausgesprochen antideutsch! Besonders seit dem jüngsten veröffentlichten Antrage Zimmermanns an den deutschen Gesandten in Mexiko. Neue sensationelle Enthüllungen stellt des Staatsdepartement in Aussicht!

Die Behauptung, dass ich ein Freund und Bewunderer Bernstorffs gewesen sei, ist vollständig aus der Luft gegriffen. Wir hatten amtlich einen sehr korrekten Verkehr. Gesellschaftlich kamen wir äusserts selten zusammen. In acht Jahren haben meine Frau und ich einmal abends auf der Botschaft gegessen. Allein war ich einmal zu einem Frühstück dort, als Graf Bernstorff vor zwei Jahren durchreisende prominente Schweizer bei sich sah. Das Botschafterpaar hat einmal auf unserer Gesandtschaft gegessen.

Die Übertragung der Interessen kam mir am 3. Oktober als vollständige Überraschung, auf welche ich mit keinem einzigen Worte vorbereitet worden war.

Dass Sie uns Herrn Jenny als Stütze senden, begrüsse ich lebhaft. Gerne hoffe ich, dass er der richtige Mann sein werde, nun, falls einer von uns dreien (Hübscher, Lüthi oder ich) krank werden sollte, in die Bresche treten zu können.

In der Martin-Sache (Montreal) werden Sie inzwischen längst den Bericht Schwarzenbach und den meinigen erhalten haben und wohl auch schon zu einem Beschluss gelangt sein.

Vor wenigen Tagen vernahm ich, dass unser früherer Legationssekretär Dr. Baumann in ganz heruntergekommenen Zustande auf dem Bureau Schwarzenbach, Huber & Co. in New York vorgesprochen und Herrn Robert Schwarzenbach (immer Schwarzenbach!) um einen Anzug gebeten habe.

1
Lettre: E 2300 London, Archiv-Nr. 11.
2
Cette déclaration de Lansing disait: I consider Dr. Ritter’s conduct perfectly proper and regret very much the attacks made on him in the papers. It is a wrong impression of the feeling here. We ought not to have any feeling against a man doing his duty faithfully, even if he is serving for the interests of a goverment with which we have severed relations.
3
Cf. no 279.