Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 6, doc. 183
volume linkBern 1981
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E27#1000/721#13561* | |
Old classification | CH-BAR E 27(-)1000/721 2807 | |
Dossier title | Zusammenarbeit zwischen der schweizerischen und französischen Armee bei einem deutschen Angriff auf die Schweiz (1916–1918) | |
File reference archive | 06.H.3.e.2 |
dodis.ch/43458
1) Gestern nachmittag war Pageot bei mir. Nachdem er mich mit ungeheuerlichen Komplimenten über unser Land, über unsere Armee und über uns persönlich und mit Versicherungen der Liebe und Freundschaft gehörig eingeseift hatte, kam er endlich mit dem Zweck seines Besuches heraus: die Bezeichnung von Delegierten zur Besprechung und Fortsetzung des näheren über das, worüber neulich zwischen Ihnen und ihm gesprochen worden ist2. Ich bin nicht recht darauf eingetreten und habe mit Hinweis auf die augenblickliche Lage eine dilatorische Antwort gegeben. Bundesrat Hoffmann, dem ich gleich davon Mitteilung machte, fand, dass ich damit unrichtig gehandelt hätte, es könne von Frankreich unangenehm vermerkt werden. Obgleich ich dieser Ansicht nicht bin, denn zur Stunde liegt keinerlei Veranlassung vor, Ihrem neulichen Gespräch irgendwelche praktischen Folgen zu geben, einstweilen bedarf jener Meinungsaustausch, bei dem Einverständnis erreicht wurde, keines Ausbaus, so bin ich doch grundsätzlich immer bereit, in dem, was die Politik anbetrifft, meine Meinung derjenigen des Chefs des Politischen Departements unterzuordnen, und deswegen bitte ich Sie, um einer Verstimmung wegen meiner ausweichenden Antwort vorzubeugen, den Herrn Pageot in meinem Auftrag aufzufordern, am Montag, wenn Sie wieder zurückgekehrt sind, zu Ihnen zu kommen. Dadurch, dass diese Aufforderung in meinem Auftrag gleich nach seiner Unterhaltung mit mir erfolgt, wird der Möglichkeit dessen, was Bundesrat Hoffmann befürchtet, vorgebeugt.
Bevor Sie aber Pageot empfangen, müssen wir uns gründlich verständigen.
2) Es ist an mich die Kunde gelangt, dass plötzlich in Italien eine sehr feindliche Stimmung gegen uns entstanden sei: man traue uns böse Absichten zu, der italienische Gesandte habe eine bezügliche Note in der Tasche, durch die der Bundesrat zur Rede gestellt werden solle! Ist dies alles zutreffend, so ist Ihre gegenwärtige Reise an die Südfront in einen sehr unglücklichen Moment gefallen, sie wird zur Nahrung jener Verdächtigungen ausgebeutet, und ich stelle Ihrer Erwägung anheim, ob nicht die Reise abgekürzt werden sollte, auf jeden Fall sollte die Inspektion der Grenzgebiete möglichst vermieden werden. Dass in der Bevölkerung des italienischen Grenzgebietes infolge der italienischen Befestigungsarbeiten sich eine früher nicht vorhandene feindliche Stimmung gegen uns entwickelt hat, sagen unsere eigenen Berichte.
Ich beabsichtige, heute nachmittag nach Bülach Zürich (Meilen) zu gehen und erst Sonntagabend wieder hierher zurückzukommen; werde aber vorher noch bei Bundesrat Hoffmann mich über die erwähnten italienischen Gerüchte erkundigen, dann eventuell hier bleiben.
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