Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 5, doc. 276
volume linkBern 1983
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E6#1000/953#266* | |
Old classification | CH-BAR E 6(-)1000/953 46 | |
Dossier title | Verschiedene Korrespondenzen unter anderen betr. Vertretung der Handelsinteressen im Ausland, namentlich in Russland und China sowie Anfrage der österreichischen Gesandtschaft betr. schweizerische Ausstellung im Ausland zu Exportzwecken (1901–1910) |
dodis.ch/43131
Antrag des Vorstehers des Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartementes, A. Deucher, an den Bundesrat1
Bezugnehmend auf den Auszug aus dem Protokoll der Bundesratssitzung vom 20. Mai ds. Js. beantragen wir die Streichung der Postulate Nr. 580 und 622 betreffend Vertretung der Handelsinteressen im Auslande.
[...]2Behandelt wurde diese Motion3 im Rate erst am 17. April 1904. Bei der Begründung und Diskussion traten keine neuen Gesichtspunkte zu Tage; die Motion wurde als erheblich erklärt.
Inzwischen war das Postulat Köchlin im schweizerischen Handels- und Industrieverein unter Hereinbeziehung der Motion Rossel durchberaten worden, und es hatte der Vorort dem Bundesrate das in Form folgender Erklärung zusammengefasste Resultat mitgeteilt (11. März 1904)4:
1. Zur Förderung des auswärtigen Absatzes sind staatliche Organe und öffentliche Mittel nicht geeignet. Sie muss vielmehr ganz der Privat-Initiative überlassen bleiben, welche hierin allen staatlichen und auch korporativen Veranstaltungen bei weitem überlegen ist.
2. Der Staat kann jedoch durch zeitgemässen Ausbau des Konsulatswesens in der Richtung der Schaffung einiger Berufskonsulate und entsprechender Stellen bei geeigneten Gesandtschaften zur Förderung der Handelsinteressen im Ausland beitragen.
3. Der Vorort wird beauftragt, die Frage der Förderung der Handelsinteressen im Ausland zuhanden des eidg. Handelsdepartements im Sinn der vorstehenden Ausführungen zu begutachten, wobei die Ansichtsäusserungen der Sektionen im Wortlaut weiterzuleiten sind.
Ziffer 2 nahm teilweise auch Rücksicht auf ein Postulat, das am 19. Dezember 1902 von Herrn Nationalrat Odier gestellt und durch welches der Bundesrat eingeladen wurde, die Fragen zu prüfen
1. ob nicht in St. Petersburg der Posten eines Schweiz. Gesandten zu errichten sei;
2. ob nicht im Haag eine ständige diplomatische Vertretung bei der niederländischen Regierung unterhalten werden solle.
Der Vorort hatte in dem Zirkular, mit welchem er die Sektionen zur Begutachtung des Postulates Köchlin einlud, die mannigfachen frühem Versuche zur Verbesserung unserer kommerziellen Interessenvertretung im Auslande wie folgt rekapituliert.
«Die Frage der Förderung der schweizerischen Handels-Interessen im Ausland, die wir Ihnen heute vorlegen, hat schon eine ganze Geschichte. Und zwar, wie dies aus der Tatsache ihres öftern Auftauchens, Verschwindens und Wiederauftauchens hervorgeht, eine Geschichte nicht von Erfolgen, sondern von Enttäuschungen und Misserfolgen. Vielleicht lässt dies darauf schliessen, dass noch immer nicht der richtige Weg gefunden worden ist, auf dem es einer nicht rein privaten Vereinigung von Kräften - bei der eine Rolle auch dem Staat Vorbehalten wäre - gelingen könnte, den Export zu erleichtern. Vielleicht ist freilich auch der Schluss zulässig, dass es einen gangbaren Weg überhaupt nicht gibt, dass vielmehr die Verwendung öffentlicher Mittel - die in gewissem Sinn in Wettbewerb träten mit der Initiative und den Kapitalien unternehmender Privater - auf dem Gebiet des Handels genügende Erfolge nicht haben kann und deshalb nicht zu rechtfertigen wäre.[...]
Damit sind wir am Schluss unseres Rückblicks über die der Erwähnung werten Versuche zur staatlichen Förderung des Exports angelangt. Wir haben geglaubt, die Geschichte dieser Bestrebungen, an denen unser Verein je und je beteiligt gewesen ist, einmal im Zusammenhang darlegen zu sollen; sie ist sehr lehrreich. Das Ergebnis ist ein fast trostloses zu nennen: alle bisherigen Bemühungen sind erfolglos geblieben.»
[...]
Eine weitere Prüfung und Begutachtung der Frage der Vertretung unserer Handelsinteressen im Auslande behufs Entwicklung unserer Ausfuhr im allgemeinen könnte nach allem, was nun schon darüber studiert und gesprochen worden ist, nichts praktisches zu Tage fördern. Man kann unsern Handel nicht von oben herab entwickeln. Gesandte und Konsuln können wohl durch Berichte, Auskunftserteilung, Intervention bei Zollanständen und Verkehrsschwierigkeiten aller Art einiges zur Erleichterung des Handels beitragen. Seine Entwicklung aber macht sich, wie die Tatsachen beweisen, von selbst, wo die natürlichen Vorbedingungen dafür vorhanden sind. Mit allen Handelsmuseen, Musterlagern, Gesandten, Konsuln und Handelsattachés der Welt hätten wir es nie zu unserer Milliarde Export gebracht, wenn nicht unser Handelsstand und unsere Industrie sich von jeher auf Selbsthilfe eingerichtet hätten. Im allgemeinen wird von der konsularischen Tätigkeit für den Handel viel zu viel erwartet und der praktische Nutzen der Konsularsysteme und der Handelsattachés anderer Länder vielerorts weit überschätzt. [...]
Dass eine abermalige Untersuchung über die staatliche Förderung unseres Handels und unserer Interessenvertretung im Auslande noch etwas Erspriessliches zu Tage fördern könnte, ist nicht anzunehmen. Die genannten Anregungen dürfen daher unbedenklich aus der Liste gestrichen werden. Antrag: Streichung des Postulates Nr. 580 und der Motion Nr. 6225.
- 1
- E 7/50.↩
- 2
- Es folgt der Wortlaut des Postulates und der Motion, die Schilderung über Entstehung und Behandlung der beiden Vorstösse. Siehe Nr. 77.↩
- 3
- Motion Rossel.↩
- 4
- Nicht ermittelt.↩
- 5
- Am 14. Oktober 1910 beschloss der Bundesrat, gestützt auf einen Mitbericht des Politischen Departementes vom 8. Oktober 1910 (E 7/50), das Postulat Nr. 580 und die Motion Nr. 622 zu streichen (E 1004 1/242).↩
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