dodis.ch/43046

Der Bundespräsident und Vorsteher des Politischen Departementes, E. Müller, an die schweizerische Delegation an der zweiten Friedenskonferenz im Haag1

Das Oberprisengericht und das ständige Schiedsgericht sind zwei grundverschiedene Einrichtungen: wir dürfen deshalb die eine annehmen und die andere verwerfen, ohne uns einer Inkonsequenz schuldig zu machen. Die verschiedene Behandlung der maritimen und der kontinentalen Staaten bei Bestellung des Oberprisengerichts erscheint durch die Verhältnisse gerechtfertigt. Die Seemächte opfern ein Stück ihrer Souveränität, indem sie zugeben, dass Urteile ihrer Prisengerichte von einer internationalen Instanz überprüft und eventuell umgestossen werden. Die Staaten, welche wie die Schweiz keine Marine besitzen, haben dabei nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen, indem ihnen die Möglichkeit geboten wird gegen ungerechte Urteile nationaler Prisengerichte Berufung bei einem unparteiischen internationalem Oberprisengericht einzulegen. Aus diesen Gründen ersuchen wir Sie, den von Deutschland, den Vereinigten Staaten, Frankreich und Grossbritannien vorgelegten Entwurf ohne weiteres anzunehmen, d. h. ohne Vorbehalte und ohne Erklärungen. Wir werden ohnehin Mühe haben, einen in Seerecht bewanderten Juristen für das Oberprisengericht in der Schweiz aufzutreiben.