Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 5, doc. 170
volume linkBern 1983
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2300#1000/716#1165* | |
Old classification | CH-BAR E 2300(-)1000/716 482 | |
Dossier title | Washington, Politische Berichte und Briefe, Militär- und Sozialberichte, Band 24 (1907–1907) | |
File reference archive | 186 |
dodis.ch/43025 Der schweizerische Gesandte in Washington, L. Vogel, an den Bundespräsidenten und Vorsteher des Politischen Departementes, E. Müller1
Der Staatssekretär der Vereinigten Staaten, Herr Root, hatte vor einigen Tagen die Freundlichkeit, mir den Text der Rede zu übergeben, die er am 15. April an der nationalen Friedens-Conferenz in New York gehalten hat. Während dieser Conferenz sonst keine Bedeutung zukommt, so dass ich es auch nicht für nötig hielt, Ihnen darüber besonders zu berichten, bietet die Rede des Herrn Root insofern ein gewisses Interesse, als in ihr die Stellung der Regierung zu verschiedenen auf der Haager-Conferenz zu behandelnden Fragen auseinandergesetzt wird. Ich beehre mich daher, sie Ihnen unter Kreuzband zu übersenden. Sie ist nach Inhalt und Stil sehr gediegen und liest sich gut, wie denn überhaupt die Reden des Staatssekretärs beim Lesen gewinnen. Es wird darin allerdings im Ganzen nur schon Bekanntes bestätigt. So erklärt Herr Root zwar, die Regierung sei bereit, an der Haager-Conferenz auf eine Diskussion der Abrüstungsfrage einzugehen, betont aber zugleich, dass in dieser Frage das Einverständnis aller Mächte unbedingt erforderlich sei und dass die Vereinigten Staaten daran kein so grosses Interesse hätten, wie die europäischen Nationen. Er befürwortet ferner die Anerkennung der Drago-Doktrin2, die ihm, wie Sie wissen, besonders am Herzen liegt. Endlich führt er aus, die Vereinigten Staaten würden im Haag dafür eintreten, dass ein permanenter Gerichtshof geschaffen werde, der aus speziell dafür ernannten und bezahlten Juristen bestehen soll. In Folge ihrer völlig unabhängigen Stellung würden solche Richter, so meint Herr Root, nach rein juristischen Grundsätzen urteilen und allen nationalen, politischen und diplomatischen Einflüssen fern stehen. Dann würde auch der Gerichtshof häufiger angerufen werden als jetzt.
Zu Gunsten eines so bestellten Weltgerichts erklärte sich auch Präsident Roosevelt in dem Brief, den er beim nämlichen Anlass an Herrn Carnegie richtete, und dessen Wortlaut ich Ihnen gleichfalls übermittle. Der Präsident versichert in diesem Briefe ferner, er sei zwar ein Anhänger des Friedens, stelle aber Rechtlichkeit (righteousness) und Ehre höher. Die Abrüstung sei daher nicht unter allen Umständen zu empfehlen. Jedenfalls könnten die Vereinigten Staaten ändern Nationen in dieser Richtung nichts vorschreiben. Diese Äusserungen stiessen bei den Friedensfreunden auf heftigen Widerspruch und Carnegie erwiderte darauf ziemlich lebhaft. Der Präsident wiederholte aber seine Ansicht sowohl in Jamestown als auch in der Rede, die er am 2. Mai bei der Enthüllung des für General McClellan hier errichteten Denkmals hielt, und gab damit einen weiteren Beweis für die geringe Begeisterung, welche man hier der Abrüstungsidee entgegenbringt.
Die Friedens Conferenz war zu dem Zweck einberufen worden, das Interesse weiterer Kreise für die Friedensbestrebungen wachzurufen. Es wurden viele Reden gehalten und zum Schluss einige Resolutionen angenommen. Komischerweise arteten die zu Tage tretenden Meinungsverschiedenheiten zu Zeiten in Streitigkeiten aus, die den Frieden unter den Teilnehmern selbst ernstlich zu gefährden drohten. Man spricht sogar von zerschlagenem Mobiliar und die Witzblätter bemächtigten sich der guten Beute. Jedenfalls verlief die Conferenz ziemlich resultatlos.
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