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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 4, doc. 358
volume linkBern 1994
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E22#1000/134#932* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 22(-)1000/134 231 | |
Titre du dossier | Frage betr. den Verkehr der Departemente mit den fremden Gesandtschaften (1899–1905) | |
Référence archives | 3.5.1 |
dodis.ch/42768 Proposition du Président de la Confédération et Chef du Département politique, E. Brenner, au Conseil fédéral1
Das Justiz- und Polizeidepartement hat sich am 13. dies2 über unsere Anträge vom 28. November 18993 vernehmen lassen, welche dahin gingen, die Departemente seien an den Bundesratsbeschluss vom 28. Dezember 1895 zu erinnern und einzuladen, jeden schriftlichen Verkehr mit fremden Gesandtschaften zu unterlassen. Das Justiz- und Polizeidepartement nimmt einen von dem unserigen grundsätzlich verschiedenen Standpunkt ein, und Sie haben uns seinen Mitbericht zur Anbringung etwaiger Gegenbemerkungen überwiesen.
Das Justiz- und Polizeidepartement weist zunächst darauf hin, dass die Gleichberechtigung aller Departemente es nicht zulässt, dass sich diese für den Verkehr mit den fremden Gesandtschaften der Vermittlung des politischen Departements bedienen, denn sie würden dadurch in eine gewisse Abhängigkeit von diesem letztem geraten. Solche Absichten habe seinerzeit das Departement des Auswärtigen gehabt; allein gerade diese Absichten und was damit Zusammenhänge, dürften nicht zum mindesten zu seiner Wiederaufhebung geführt haben.
Hiezu bemerken wir folgendes:
Sollte unter gleicher Berechtigung aller Departemente verstanden werden, dass jedes Departement so gut mit den fremden Gesandtschaften korrespondieren dürfe, wie das politische Departement, so müssten wir hiegegen Einspruch erheben. Art. 23, Ziffer 3 des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 18954, betreffend die Organisation und den Geschäftsgang des Bundesrates, welcher «den Verkehr mit auswärtigen Staaten und deren Stellvertretern» speziell dem politischen Departement zuweist, hätte sonst absolut keinen Sinn. Auch dagegen müssen wir Verwahrung einlegen, dass man uns die Absicht zuschiebt, uns eine bevorzugte Stellung anzumassen, die ändern Departemente in unsere Abhängigkeit zu bringen, das alte Departement des Auswärtigen Wiederaufleben zu lassen. Wie unbegründet die Unterstellungen des Justiz- und Polizeidepartements sind, geht aus unserm Bericht an den Bundesrat vom 16. Dezember 18955 hervor, dem das Justiz- und Polizeidepartement entnehmen kann, dass wir selbst es waren, welche mit Bezug auf den Verkehr mit fremden Regierungen und deren Vertretern die Rückkehr zum alten System befürworteten und durchsetzten. Dieser unser Bericht gibt auch Aufschluss über die Tragweite von Ziffer 1 des Bundesratsbeschlusses vom 28. Dezember 18956, wonach die in Ausführung bundesrätlicher Beschlüsse an auswärtige Regierungen und deren Vertreter, sowie an die schweizerischen Gesandtschaften und Konsulate zu richtende Korrespondenz in der Regel vom Bundesrate auszugehen hat und vom Bundespräsidenten und dem Kanzler unterzeichnet sein muss. Wenn das Justiz- und Polizeidepartement aus den Worten «in der Regel» folgert, dass unter Umständen auch die Departemente direkt mit den fremden Gesandtschaften schriftlich verkehren dürfen, so befindet es sich im Irrtum; «in der Regel» will heissen, dass wenn es sich um die Ausführung eines Bundesratsbeschlusses handelt, die erforderlichen Schreiben vom Bundesrate selbst, nicht vom politischen Departement auszugehen haben. Wir selbst hatten dies beantragt, indem wir auseinandersetzten:
«Bis zum Jahre 1887, wo das politische Departement in ein Departement des Auswärtigen umgewandelt wurde, gingen die Noten an auswärtige Regierungen und Gesandtschaften vom Bundesrate aus; sie waren vom Bundespräsidenten und dem Kanzler der Eidgenossenschaft unterzeichnet, gemäss dem noch zu Recht bestehenden Artikel 19 des Bundesbeschlusses vom 21. August 18787 über die Organisation und den Geschäftsgang des Bundesrates, welcher lautet: <Alle vom Bundesrate ausgehenden Erlasse werden, im Namen der Behörde, von dem Bundespräsidenten und dem Kanzler, oder deren funktionierenden Stellvertretern unterzeichnet.
Seither hat eine andere Praxis nach und nach Platz gegriffen: die Noten an auswärtige Regierungen und Gesandtschaften gehen zum Teil vom Bundesrate, zum Teil vom Departement des Auswärtigen aus. Wenn man sich fragt, welche Kriterien oder Grundsätze hiebei massgebend sind, so lautet die Antwort: keine. So sehen wir in ein und demselben Geschäft bald den Bundesrat, bald das Departement des Auswärtigen mit den fremden Regierungen und deren Vertretern korrespondieren; die wichtigsten Noten tragen oft bloss die Unterschrift des Vorstehers des Departements des Auswärtigen, die minder wichtigen die Unterschriften des Bundespräsidenten und des Kanzlers. Dieselbe Regellosigkeit besteht hinsichtlich der Korrespondenz mit den schweizerischen Gesandtschaften und Konsulaten: einige Departemente nehmen die Vermittlung des Departements des Auswärtigen für alles, sogar für die Beschaffung von Drucksachen, in Anspruch, während andere auch in den wichtigsten Geschäften direkt mit unsern Gesandtschaften und Konsulaten verkehren.
Diesem System – wenn man ein solches Zwitterding System nennen darf – sollte man ein Ende machen, und zwar entweder dadurch, dass man die ganze Korrespondenz mit den fremden Regierungen und Gesandtschaften, sowie mit den schweizerischen Vertretern im Auslande dem Departement des Auswärtigen zuweist, oder aber dadurch, dass man die Regel aufstellt, es sollen die in Ausführung von Bundesratsbeschlüssen an auswärtige Regierungen und Gesandtschaften, sowie an schweizerische Gesandtschaften und Konsulate zu erlassenden Schreiben vom Bundesrate ausgehen und im Namen der Behörde (wie Artikel 19 des Bundesbeschlusses vom 21. August 1878 vorschreibt) von dem Bundespräsidenten und dem Kanzler unterzeichnet sein. Wir befürworten letzteres System, denn ersteres wäre ohne eine Umgestaltung und eine Verschmelzung der Kanzlei des Departements des Auswärtigen mit der Bundeskanzlei schlechterdings nicht durchführbar.»
Das Justiz- und Polizeidepartement hebt sodann hervor, dass der Bundesratsbeschluss vom 28. Dezember 1895 mit keinem Worte erwähne, dass für die Korrespondenz mit fremden Gesandtschaften die Departemente sich der Vermittlung des politischen Departements zu bedienen hätten. Diesfalls ist zu bemerken, dass erwähnter Bundesratsbeschluss nur die direkte Korrespondenz mit den schweizerischen Gesandtschaften und Konsulaten den Departementen freigibt, nicht die Korrespondenz mit fremden Gesandtschaften. Es war nicht nötig, dies ausdrücklich zu sagen, denn von jeher hatte man als selbstverständlich betrachtet, dass nicht jedes Departement mit fremden Regierungen und Gesandtschaften schriftlich verkehren dürfe. In allen Staaten, Monarchien und Republiken, hat man für diesen Verkehr ein eigenes Organ (Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Auswärtiges Amt, Staatsdepartement etc.) geschaffen, und bei uns ist [es das politische Departement, an dessen Spitze der Bundespräsident steht, welches diesen Verkehr besorgt (Art. 23, Ziffer 3 des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1895).
Wenn das Justiz- und Polizeidepartement dringend wünscht, dass wir in dieser Hinsicht bei unsern Institutionen verbleiben möchten, so können wir uns damit vollkommen einverstanden erklären. Es ist eben zur Wahrung unserer Institutionen und der alten Überlieferungen, dass wir uns veranlasst gesehen haben, den vom Justiz- und Polizeidepartement angefochtenen Antrag zu stellen.
Es kann nach den geltenden Vorschriften keinem Zweifel unterliegen, dass der Verkehr mit fremden Gesandten Sache des Bundesrates und des politischen Departements ist. An dieser Regel sollte man unseres Erachtens festhalten. Es fragt sich nur, ob aus praktischen Gesichtspunkten [es sich empfehlen würde, für gewisse Geschäfte von geringer Bedeutung, wie die, welche das Justiz- und Polizeidepartement in seinem Berichte aufzählt, Ausnahmen zu gestatten, d.h. zuzulassen, dass auch andere Departemente als das politische mit fremden Gesandtschaften direkte Korrespondenz pflegen. Wir hätten hiegegen nichts einzuwenden, sofern der Bundesrat ein für allemal Klarheit schaffen und feststellen würde, in welchen Geschäften die einzelnen Departemente befugt wären, mit fremden Gesandtschaften direkt zu verkehren. Der jetzige Zustand ist aber unhaltbar, weil hierüber keine Norm besteht und bei der Tendenz der Departemente, sich je länger je mehr zu selbständigen Organismen zu entwickeln, Gefahr vorhanden ist, dass sie nach und nach sich daran gewöhnen, nicht nur in bloss formellen, sondern auch in wichtigen, einen politischen Charakter tragenden Geschäften mit den Vertretern auswärtiger Staaten direkt zu verkehren. Ansätze zu einer solchen unserer Ansicht nach mit unsern Institutionen nicht zu vereinbarenden, gewisse Gefahren in sich bergenden Praxis sind schon vorhanden, und wir wären in der Lage, zur Erhärtung dieser unserer Behauptung konkrete Fälle anzuführen.
Unsere1. Es sei als Regel festzustellen, dass die Departemente sich für den Verkehr mit fremden Gesandtschaften der Vermittlung des Bundesrates oder des politischen Departements zu bedienen haben, im Sinne des Bundesbeschlusses v. 28. Juni 1898 und des Bundesbeschlusses v. 28. Dez. 18958 betreffend den Geschäftsgang des Bundesrathes.
2. Ausnahmen von dieser Regel seien für durch den Bundesrat noch zu bezeichnende Geschäfte rein formeller Natur oder von geringer Bedeutung zu gestatten.
3. Das Departement des Innern, das Militärdepartement, das Finanz- und Zolldepartement, das Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement und das Post- und Eisenbahndepartement seien einzuladen, darüber Bericht zu erstatten, in welchen Categorien von Geschäften sie bisher mit fremden Gesandtschaften direkt verkehrt haben und gegebenenfalls aus welchen Gründen sie es für wünschenswert erachten, dass dieser direkte Verkehr in bisherigem oder modificiertem Umfange auch künftighin gestattet werde.
4. Die einlangenden Berichte seien dem politischen Departement zur definitiven Antragstellung zu überweisen.9
- 1
- Propositon: E 22 932.↩
- 2
- cf. no 357.↩
- 3
- Un extrait de cette proposition est reproduit en note 1 au no 357.↩
- 4
- RO, 1896, vol. 15, pp. 188-197.↩
- 5
- Cf. no 192.↩
- 6
- Cf. ibid, note 1.↩
- 7
- Cf. RO 1879, vol. 3, p. 455-469.↩
- 8
- Cf. no 192 annexe.↩
- 9
- Suite à cette proposition, le Conseil fédéral décide le 25 mars 1901 de consulter les autres départements et demande au DPF de soumettre une nouvelle proposition (E 1004 1/204). Celle-ci fait l’objet d’une décision du Conseil fédéral du 4 juillet 1902: [...] Aus dieser Untersuchung ergibt sich, dass von allen Departementen das Justiz- und Polizeidepartement es ist, welches den umfangreichsten direkten Verkehr mit fremden Gesandtschaften, auch in Geschäften, die nicht dringender Natur sind, unterhält. Das politische Departement ist immer noch der Ansicht, dass dieses Verfahren, welches von dem in ändern Staaten konsequent befolgten abweicht, Unzukömmlichkeiten zur Folge haben muss; allein es verzichtet vorderhand darauf, Anträge auf eine Änderung des jetzigen Zustandes zu stellen. Es wird beschlossen, von den Antworten der Departemente einfach Vormerkung im Protokoll zu nehmen (E 1004 1/210) no 2786.↩