dodis.ch/42712
Le Ministre de Suisse à Berlin,
A. Roth, au Président de la Confédération et Chef du Département politique, E.
Müller1
Confidcntiell
Berlin, 22. März 1899
Im hiesigen Auswärtigen Amt ist mir gestern, die sog. Abrüstungs-Conferenz im Haag betreffend, streng vertraulich folgendes mitgetheilt worden.
In der allerletzten Zeit hatte man sich im Haag noch mit zwei Vorfragen, die Einladungen anbelangend, zu befassen.
Aus Petersburg wurde – mein Gewährsmann fügte scherzend bei, offenbar um England zu ärgern – auch Transvaal auf die Liste der einzuladenden Staaten gesetzt und im Haag wäre man hiemit ganz einverstanden gewesen; England protestierte dann aber dagegen und wird also Transvaal nicht eingeladen.
Die Frage, ob der Papst an der Conferenz vertreten sein solle, ist in der That noch nicht endgültig erledigt. Russland gibt sich grosse Mühe, Italien von seinem Widerstande abzubringen und hofft seinen Zweck dadurch zu erreichen, dass es der Italienischen Regierung seine Dienste in Ost-Asien in Aussicht stellt, wo dieselbe von England «im Stich gelassen worden sei».2Italien wird aber unter allen Umständen an der Conferenz theilnehmen, mit oder ohne Papst.
Die deutsche Regierung hat noch vor wenigen Tagen den hiesigen Botschafter in Petersburg beauftragt dort zu erklären, die Zustimmung Deutschlands zu der Conferenz beruhe auf der bestimmten Voraussetzung, dass alle Grossmächte vertreten sein werden und dass keine derselben während der Conferenz-Verhandlungen sich zurückziehe. Im letztem Falle, d. h. also, wenn die Delegation irgend einer Grossmacht im Verlaufe der Conferenz-Verhandlungen zurücktreten sollte, so würde Deutschland sofort ebenfalls sich zurückziehen. Man wolle mit dieser vorsorglichen Stellungsnahme – äusserte mein Gewährsmann – verhindern, dass die Conferenz zu einem «Rumpf-Parlament» umschlage, es sei gar nicht ausgeschlossen, dass es in der Conferenz eventuell zu ganz eigenartigen Zwischenfällen ziemlich bedenklicher Natur käme und gegen solche Eventualitäten wolle die Kaiserliche Regierung sich vorsehen.
Als Termin der Conferenz wird hier ganz bestimmt der Zeitpunkt vom 15. bis 18. Mai in Aussicht genommen; dass die offiziellen Einladungen bis gestern noch nicht eingegangen seien, sei lediglich den oben gedachten Anstrengungen Russlands zuzuschreiben, den Papst doch noch in die Conferenz hineinzubringen.
Streng vertraulich wurde mir im weitern mitgetheilt, der Botschafter Graf Münster, in Paris, sei als Chef der deutschen Abordnung in Aussicht genommen; beigeordnet dürften demselben werden: ein höherer Offizier von der Landarmee, ein Marine-Offizier und vielleicht noch irgend ein Specialist im Völkerrecht.