Classement thématique série 1848–1945:
IX. DÈFENSE NATIONALE ET NEUTRALITÉ
1. Construction de forteresses et armements
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 36
volume linkBern 1994
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E27#1000/721#17285A* | |
Dossier title | Motive zum Entwurf des BRB betr. die Befestigungen bei St.Maurice und Luziensteig (1891–1891) | |
File reference archive | 08.D.4.a.1 |
dodis.ch/42446
A. Einleitung
Wenn das fortwährende Sichüberbieten der Grossmächte in Kriegsrüstungen einst seinen natürlichen Abschluss in einem allgemeinen Kriege findet, wird die schweizerische Neutralität stärker bedroht sein, als es jemals früher der Fall sein konnte.
Nicht nur werden ihre sämtlichen grossmächtlichen Nachbarn am Kriege betheiligt sein, sondern es werden seitens aller kriegführenden Massen zur Verwendung kommen, die um ihre Kräfte zur Geltung zu bringen, eines Entwicklungsraumes bedürfen, der eine neutrale Insel nicht gerne duldet, welche wichtige internationale Bewegungslinien umschliesst. Eines der wirksamsten Mittel, Nachbarmächte von einem Versuch, sich dieser Linien zu bemächtigen, abzuschrecken, eine Stärkung unserer Wehrkraft überhaupt, ist eine wirksame fortifikatorische Sperrung dieser Linien.
B. St. Mauriceund Luziensteig im Kriegsfall der Schweiz gegen Italien
Italien wird die Schweiz niemals entscheidend besiegt haben, so lange es seinen Armeen nicht gelungen sein wird, über den grossen Alpenwall, welcher die nördliche Thalbegleitung der Rhone und des Vorderrheines bildet, in die schweizerische Hochebene einzudringen und da unseren Widerstand zu brechen.
Durch die Befestigungen am St. Gotthard ist uns zwar ein centraler Stützpunkt zur offensiven und defensiven Vertheidigung unserer Südfront geschaffen, aber die Italiener bei ihrer voraussichtlich grossen numerischen Überlegenheit, werden während sie unsere Hauptkräfte dort festhalten, durch die beiden excentrischen Thore in die West- und Ostschweiz einzudringen suchen. Die Drohung einer derartigen Umklammerung würde uns zwingen, unsere Flügel auf Kosten der auf den Gotthard basirten Feldarmee zu verstärken und damit lähmend auf die aktive Verwendung derselben wirken.
Die fortifikatorische Sperrung des Thalknotens bei Sargans und des Rhonethaldéfilée von St. Maurice gestattet uns, die excentrischen Einfallsversuche in die Hochebene mit geringen Kräften abzuweisen und unsere Feldarmee zur aktiven Vertheidigung unseres südlichen Alpengebietes um den Gotthard zusammenzuhalten.
C. Die Thalsperre bei St. Maurice im Kriegsfall gegen Frankreich
Frankreich wird einen Angriff gegen die Schweiz immer mit seinen Hauptkräften über den Jura in die Schweiz. Hocheben führen.
Ein Nebenangriff aus Savoien ins untere Rhonethal und durch das Ormontins obere Saanen- und Simmenthal kann aber die Vertheidigung der westschweiz. Hochebene in Flanke und Rücken fassen.
Diesem Nebenangriff wird am wirksamsten begegnet, wenn ein starkes Schweiz. Detachement dem Gegner das Überschreiten der untern Rhone streitig macht, indem es den rechten Flügel an den Genfersee lehnt, den linken auf die Gebirge von Mordes stützt.
Die Befestigung der letzteren deckt die Hauptblössen der Rhonelinie:
1. Sie verhindert durch ihr Feuer, dass der Angreifer vom Plateau von Verrossaz aus, welches das diesseitige Ufer dominirt, den Brückenschlag zwischen St. Maurice und Massonge erzwinge – ja sie gestattet selbst unter dem Schutze ihres Feuers eine offensive Vertheidigung am jenseitigen Ufer.
2. Sie macht ein Aufrollen der Vertheidigung der Rhonelinie durch ein aus dem oberen Arvethal über Salvanins Rhonethal vorbrechendes Detachement, welches von Collonges über Lavey-les-Bainsund le Haut de Mordes vorginge, unmöglich.
Die Sperrsteilung bei St. Maurice bildet damit einen wichtigen strategischen Stützpunkt der Vertheidigung der Westschweiz gegen Angriffe aus Savoien.
D. Die Luziensteig im Kriegsfall gegen Österreich
Österreichwird einen Angriff auf die Schweiz immer mit den Hauptkräften über den Rhein zwischen Sargans und dem Bodensee unternehmen, ein starker Nebenangriff kann durch Graubünden geführt werden.
In diesem Falle deckt die Luziensteig-Befestigung während des Aufmarsches die einzige Eisenbahnlinie, welche die Hochebene mit Graubünden verbindet, an der verwundbarsten Stelle und sperrt unmittelbar die österreichische Operationslinie über Sargans ins Linthal.
Ist der österreichische Nebenangriff einmal im Besitze des Prättigaues, so könnte er die starke, mit ihrem linken Flügel an den Bodensee gelehnte obere Rheinfront von der Thalebene von Sargans her umfassen und aufrollen, würde nicht die befestigte Luziensteig dem rechten Flügel eine sichere Anlehnung bieten.
Da die Luziensteigposition auf dem rechten Rheinufer liegt, bildet sie für die Vertheidigung der Ostfront zugleich ein günstiges Ausfallsthor, einen Brückenkopf, von welchem aus wir den österreichischen Angriff auf die Rheinfront mit Vortheil in der Flanke fassen können.
E. St. Mauriceund Luziensteigim Kriegsfall der Tripelallianz gegen Frankreich-RusslandBefindet sich Italien als Glied der gegenwärtigen Tripelallianz im Kriege mit Frankreich-Russland, so muss und wird Frankreich seine Hauptkräfte zuerst gegen Deutschland wenden und den Angriff Italiens durch ein Minimum von Streitkräften abzuwehren suchen.
Solange die Neutralität der Schweiz aufrecht bleibt, Frankreich von Italien nur auf der Seealpenfront – über welche nur 4 durch starke Festungen gesperrte Strassen führen – angegriffen werden kann, darf Frankreich wagen, seine gesamte Feldarmee gegen Deutschland zu verwenden.
Es werden die von Territorialtruppen vertheidigten Festungen und Sperrforts mit den 12 Bataillonen «Chasseurs alpins» (jedes zu 6 Kompagnien mit einer Gebirgsbatterie) vollkommen genügen, jede italienische Übermacht monatelang in den Seealpen festzuhalten und an der Einwirkung auf die grossen Kriegsentscheidungen an der Vogesengrenze zu hindern.
Hierin liegt eine grosse Gefahr für die schweizerische Neutralität!
Soll die italienische Armee ihre zahlreichen Kräfte ernstlich zur Geltung bringen, so muss sie an der schweizerisch-französischen Jurafront aufmarschiren und von da mit dem linken Flügel der deutschen Armee Fühlung nehmend, in die ostfranzösischen Provinzen einfallen, oder durch das untere Rhonethal über Genf gegen Lyon in den Rücken und die linke Flanke der französischen Seealpenvertheidigung vorzudringen suchen.
Zu einer solchen Unternehmung können die Italiener von ihren 12 Armeekorps wohl 4–6 verfügbar machen. Deutschland und Österreich werden, um dem sehr schwierigen italienischen Alpenübergang Luft zu schaffen, durch einen Einfall in die Nord- und Ostschweiz die schweizerischen Kräfte von der Verteidigung der Alpen abzuziehen suchen. Das Endziel des umfassenden Angriffes wird sein, die Schweiz zu einem Abkommen zu zwingen, nach welchem diese die Vereinigung einer deutsch-italienischen Armee in der Westschweiz gestattet. Dadurch würden 200000 Italiener, welche sonst gar nicht zur Verwendung kommen könnten, gegen Flanke und Rücken der im Kampf mit den Deutschen an der Vogesengrenze stehenden französischen Armeen verfügbar!
Deutschland wird, trotzdem es gleichzeitig gegen Frankreich und Russland im Felde steht, zur Erlangung dieser Vortheile immerhin eine «Reserve-Armee» verfügbar machen können, während Österreich, das seines ungenügenden Eisenbahnnetzes wegen kaum vor der dritten Woche nach begonnener Mobilmachung seine im Tirol stehenden Truppen – (mindestens eine Linien- und eine Landwehr-Division) – nach der russischen Grenze einschiffen kann, mit diesen den allgemeinen Angriff unterstützen wird. So stände auch auf der Hochebene eine der gesamten schweizerischen Feldarmee überlegene Kraft gegenüber.
Um uns eines solchen Ansturmes erwehren zu können, oder ihn durch unsere Massnahmen womöglich so zu erschweren, dass die Nachbarmächte von vorneherein einen Erfolg desselben für unwahrscheinlich halten, muss dafür gesorgt werden, dass den Italienern mit möglichst wenig Kräften und auf längere Dauer das Herauskommen aus den Alpendéfiléen in die Hochebene streitig gemacht werden kann, selbst dann noch, wenn es den Österreichern und Deutschen gelungen wäre, die schweizerische Hauptarmee aus der Ostschweiz zu vertreiben und bis in die Westschweiz zurückzudrängen.
Wir erreichen diesen Zweck am sichersten, wenn wir neben der befestigten Offensivposition am St. Gotthard auch die beiden excentrischen Thore des grossen Alpenwalles fortifikatorisch sperren.
Von diesen beiden Punkten ist im vorliegenden Falle das Rhonethal-Défilé der wichtigere, weil ein italienischer Durchbruch über den St. Bernhard in die Westschweiz die gegen Norden und Osten Front machende Schweiz. Hauptarmee im Rücken fasst.
Heute sieht der vom Generalstabsbureau vorbereitete Aufmarsch vor, dass gegen einen italienischen Durchbruchsversuch die sämtlichen Auszug- und Landwehrtruppen der I. Division samt 1–2 Positionsartillerie-Abtheilungen das Unterwallis zu vertheidigen hätten. Die fortifikatorische Sperrung des Rhonethales wird gestatten, denselben Zweck sicherer zu erreichen, wenn wir die Hälfte dieser Kraft, und zwar meist Landwehr, ohne Positionsartillerie, unter dem Schutz der Kanonen der Sperrfestung hiezu verwenden. Mehr als die Kraft einer Division wird damit für die Vertheidigung der Hochebene gewonnen.
Die Befestigung der Luziensteig, nach den Anforderungen der heutigen Bewaffnung verstärkt, gewährt dem rechten Flügel der Ost- und Nordfront sichere Anlehnung sowohl zu Anfang der Operationen bei Vertheidigung der Rheinlinie, als auch dann noch, wenn die schweizerische Haupt-Armee hinter der Walensee-Limmat-Aarelinie zurückgewichen sein sollte.
Es bleibt für den Fall eines Krieges der Tripelallianz gegen Frankreich und Russland noch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass nicht nur die Tripelallianz sondern unter gewissen Umständen auch Frankreichschwerwiegende strategische Beweggründe haben kann, sich über unsere Neutralität hinwegzusetzen z. B. wenn, während Italien noch mit seiner 3 Wochen in Anspruch nehmenden Mobilmachung zu thun hat, bereits grosse Schläge am Rhein oder an der russischen Grenze stattgefunden hätten. Diese könnten Deutschland gegenüber Frankreich zur Defensive zwingen, um grössere Kräfte gegen Russland verwenden zu können und zugleich Italien veranlassen, ein Hilfskorps in den österreichischen Osten zu entsenden.
In diesem Falle läge es im höchsten Interesse Frankreichs, sich der schweizerischen Hochebene zu bemächtigen, um in den Besitz der innern Linien und einer umfassenden Basis sowohl gegen die deutsche Rheinfront wie gegen die italienische Seealpenfront zu gelangen.
(Die geographische Lage der Schweiz ist im Jahre 1800 von den Franzosen in diesem Sinne ausgenützt worden. Napoleon hat die italienische Seealpenfront über den St. Bernhard, den Simplon und Gotthard umgangen, während Moreau die badisch-elsässische Rheinfront und den Schwarzwald über Schaffhausen und Stein umging.)
Es ist in der Militärliteratur oft die Ansicht vertreten worden, dass eine Operation der Franzosen durch die Schweiz nach Süddeutschland wenig wahrscheinlich sei, ihrer angeblich excentrischen Richtung wegen, da sie vom geraden Weg Paris–Berlin allzusehr abweiche.
Dem steht der strategische Grundsatz entgegen, dass für die Wahl der Stossrichtung nicht ein geographischer Punkt, und wenn es auch die feindliche Hauptstadt wäre, massgebend sein dürfe, sondern die Überwältigung der feindlichen Armee. Gelingt diese, so gibt sich alles andere von selbst.
Wenn die französische Hauptarmee trotz grosser numerischer Überlegenheit die von Natur starke und durch Festungen verstärkte deutsche Rheinlinie frontal nicht überwinden kann, so ist ein flankirendes Vorgehen von einem Flügel aus die denkbar natürlichste Strategie.
Ob unsere Vertheidigung der Hochebene in diesem Fall von verbündeten Hilfstruppen der Deutschen, Österreicher und Italiener unterstützt werde, oder den ersten Stoss allein auszuhalten habe, es bleiben die strategischen Verhältnisse unserer Westfront dieselben und St. Maurice tritt als wichtiger Stützpunkt des äussersten linken Flügels in seine Bedeutung wie sie im «Kriegsfall gegen Frankreich» dargelegt wurde.
F. Kriegsfall des mit Frankreichund Russlandverbündeten
Italiengegen Deutschlandund Österreich
Es bleibt nicht für alle Zukunft ausgeschlossen, dass Italien aus der Tripelallianz in eine Koalition mit Frankreich und Russland übertrete. (Die auf der Hand liegenden politischen Gründe gehören nicht hieher.)
Bei dieser Kräftegruppirung würde die schweizerische Neutralität dem deutsch-österreichischen Zweibund die 400 Kilometer lange Grenze vom Stilfser Joch bis Basel decken, die romano-slavische Koalition würde sich in grosser numerischer Überlegenheit befinden und Raum zur Entwicklung ihrer Kräfte suchen.
Italien würde zwar an seiner venetianischen Grenze genügenden Entwicklungsraum in einer von der Schweiz abgewandten Richtung finden, dagegen hätte für Frankreich der Einfall durch die Schweizer Hochebene ins obere Donau- und Neckarthal dieselbe strategische Bedeutung wie sie im Kriegsfall Frankreichs gegen die Tripelallianz auseinandergesetzt wurde, nur mit dem für uns ungünstigen Unterschiede, dass jetzt italienische Divisionen durch unser südliches Alpengebiet den französischen Angriff unterstützen würden.
Auch in diesem Falle kämen die befestigten Punkte St. Maurice–Gotthard– Luziensteig zu voller Geltung als Flankenschutz unseres die Hochebene verteidigenden Armee-Gros. Durch sie allein fände die Armee die nothwendige Flankenanlehnung ans Hochgebirge gesichert.Seien die Allianzgruppirungen unserer Nachbarmächte welche sie wollen, in jedem Kriegsfälle, in welchen die Schweiz verwickelt wird, werden die grossen Entscheidungen sich zwar um den Besitz der schweizerischen Hochebene drehen, weil diese die Masse der Kriegs- und Existenzmittel enthält, aber immer wird das Hochgebirge unserer Armee als eine Flankenanlehnung, welche die Vertheidigung der Hochebene erst ermöglicht, und als Refugium dienen müssen, in welches die mobilen Kriegsmittel rechtzeitig evakuirt werden, in welches sich die Feldarmee nach unglücklichen Kämpfen zurückziehen und Zeit finden kann, sich neuzubilden und zu verstärken.
Die stärkste Hindernisslinie unseres Hochgebirges ist der grosse Alpenwall, welcher die nördliche Thalbegleitung der Rhone und des Vorderrheines bildet.
Niemals darf sich unsere Feldarmee die Anlehnung an dieselbe entreissen lassen!
Soll unsere Armee die Vertheidigung der Hochebene dennoch kräftig und beweglich führen, so darf sie nicht durch Rücksichten auf das Festhalten des Hochgebirges gehemmt sein. Sie soll im Stande sein, dasselbe unter möglichst geringer Abgabe von Truppen sicher in der Hand zu behalten. Dies kann sie nur, wenn sie sich auf permanente Befestigungen oder solche, welche die Wirkung permanenterhaben, stützen kann.
Den Hauptknotenpunkt des Hochgebirges, das Centrum des grossen Alpenwalles, hat sich die Landesvertheidigung durch die Befestigung des St. Gotthard gesichert, aber es fehlt zur Vollendung einer vollkommenen Sicherung dieser wichtigsten strategischen Hindernisslinie die Sperrung der beiden Thore zur West- und Ostschweiz, der Thalebene von Sargans(Luziensteig) und des Rhonethales bei St. Maurice.
Es könnte die Frage aufgeworfen werden, ob es nicht wirksamer wäre, die Hochebene selbst zuerst zu befestigen, da ja das Hochgebirge von Natur zw zäher Lokalvertheidigung günstig sei.
Dem steht entgegen, dass in dem gangbaren Gelände der Hochebene kleinere Anlagen d.h. blosse Sperrforts nur sehr geringe Wirkung haben, weil sie meist leicht umgangen oder von allen Seiten angreifbar, mit erdrückender Artillerie-Übermacht umfasst und rasch vernichtet werden können, dass dagegen grössere Anlagen, d. h. ganze verschanzte Lager den 10–12fachen Aufwand an Geld und was noch schwerer wiegt, an Besatzungstruppen erfordern.
Im Hochgebirge dagegen kann die Befestigung mit verhältnismässig wenig Aufwand an Geld und Streitmitteln viel erreichen, weil hier durch die Sperrung eines einzigen Défilés grosse Gebiete für die Invasion unzugänglich gemacht werden können und weil bei richtiger Wahl des Punktes dem Angreifer der Raum zur Entwicklung grosser artilleristischer Übermacht fehlen wird.
Die Vertheidigung durch mobile Detachements sichert allein das Festhalten einer Sperrposition nicht, weil eine feindliche Umgehung über Nebenpässe zum Aufgeben einer Position zwingt, die nicht durch eine in sich geschlossene Befestigung gesichert ist.
Die fortifikatorische Sicherung der wichtigsten Thore des Hochgebirges bleibt deshalb die Grundlage eines rationellen Landesbefestigungssystemes.
Nicht ausser Acht zu lassen ist auch die Wirkung eines Landesbefestigungssystemes auf das Verhältniss zu allfälligen Verbündeten.
Die Grossmacht, welche sich in den Besitz des Schweiz. Gebietes setzen will, um über dasselbe hinweg den Nachbarn anzugreifen, wird immer zu einer solchen Operation den unsrigen weit überlegene Kräfte ansetzen.
Der bedrohte Nachbar aber wird der Schweiz sofort eine Allianz anbieten, ja aufdrängen, denn eine aufrecht stehende Schweiz ist ihm als Verbündete mehr werth, als eine niedergeworfene.
Auch der Schweiz muss es vortheilhafter erscheinen, mit Hilfe eines Verbündeten den Invasor zurückzuschlagen, als sich erst vereinzelt vernichten zu lassen, um dann hülflos der Tummelplatz beider zu werden.
Nun lassen sich permanente oder den permanenten an Widerstandsfähigkeit nahe stehende provisorische Befestigungen nicht durch eine Übermacht an Feldtruppen überrennen. Der belagerungsmässige Angriff aber erfordert Zeit.
Ein rationelles Landesbefestigungssystem gestattet uns, die wichtigsten Durchzugslinien unseres Landes unabhängig von den Wechselfällen des Bewegungskrieges in der Hand zu behalten. Je mehr sich unsere Armee auf ein solches stützen kann, um so freier und selbständiger steht die Schweiz auch ihrem Verbündeten gegenüber da.
Damit wird unsere Armee nicht zu einem vom Verbündeten abhängigen «Hülfskorps» herabsinken, sondern die Truppen, welche der Verbündete in unser Land führt, werden ein Hülfskorps unserer Armee sein, das er uns in seinem eigenen, wohlverstandenen Interesse zur Verfügung stellt unter Bedingungen, zu deren Aufstellung wir mitzusprechen haben.
Solange der Dreibund in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung fortbesteht, ist von den beiden in Frage stehenden Sperrbefestigungen diejenige bei St. Mauricedie dringlichere, weil sie die Westschweiz gegen einen italienischen Durchbruch unmittelbar deckt und damit die Versuchung zu dieser unter den gegenwärtigen politisch-militärischen Verhältnissen am meisten zu befürchtenden Neutralitätsverletzung wesentlich dämpft und weil sie gleichzeitig auch gegen einen französischen Durchbruch zur Vertheidigung der Westfront wesentlich beiträgt.
Ferner kann in Betracht fallen, dass die Luziensteig mit einiger baulicher Nachhülfe und zweckmässiger Armirung verhältnissmässig bald in vertheidigungsfähigen Zustand versetzt werden kann, während die Werke von St. Maurice neu geschaffen werden müssen.
Die bauliche Erstellung und Armirung der Sperrfestung von St. Maurice ist in der von der allgemeinen Landesbefestigungskommission vorgeschlagenen Weise bis Mitte nächsten Sommers möglich, wenn dieselbe sofort mit der nöthigen Energie in Angriff genommen wird.
Bei der vorgeschlagenen Bauweise mit mobilen Panzergeschützen muss noch beachtet werden, dass mehr als die Hälfte der Kosten auf diese Armirung entfallen, welche jederzeit dementirt und anderswo verwendet werden könnte.
- 1
- E 27/17285 A. Motive zum Entwurf des Bundesrathsbeschlusses betreffend die Befestigungen bei St. Maurice und Luziensteig.↩
Tags