Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
VI. EISENBAHNEN
1. Der Bau der Gotthardbahn
1.1. Finanzierung der Bahn und Verwendung der Baurestgelder
Darin: Mit der Begründung, dass das Gotthardunternehmen durch eine technische Konferenz nicht zu retten sei, weigert sich die deutsche Regierung, an einer solchen teilzunehmen. Annex vom 31.5.1876 (CH-BAR#E53#1000/893#489*).
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 3, doc. 105
volume linkBern 1986
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#6218* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 16.12.-17.12.1876 (1876–1876) |
dodis.ch/42084
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 16. Dezember 18761
7153. Gotthardbahn Rekonstruktion
Durch diesseitige Note vom 20. Merz2 ist der deutschen und der italienischen Regierung von der finanziellen Lage der Gotthardbahn Kenntnis gegeben und damit der Vorschlag verbunden worden, es möchte zur Vorbereitung einer weitern Verständigung zwischen den Subventionsstaaten zuvörderst eine seitens der leztern zu beschikende Konferenz von Sachverständigen die von dem Oberingenieur der Gotthardbahn-Gesellschaft neu entworfenen Pläne und Kostenberechnungen3 untersuchen und begutachten, auch überhaupt alle für die ferneren Stadien in Betracht kommenden technischen Verhältnisse klarstellen. Mit gleichlautenden Noten vom 14. Juni4 erwiderten das auswärtige Amt des deutschen Reichs und das italienische Ministerium des Äussern, dass die beiden Regierungen sich nicht dazu entschliessen können, die vorgeschlagene Konferenz zu beschiken, dass sie sich dagegen gerne bereit finden werden, sobald der Bundesrath in der Lage sein sollte, den Zusammentritt einer diplomatischen Conferenz, wie solche 1869 stattgefunden, in Anregung zu bringen und derselben ein bestimmtes Programm zu unterbreiten, diese Conferenz zu beschiken und bei Berathung derjenigen Massnahmen mitzuwirken, durch welche die Weiterführung des Unternehmens ermöglicht werden könne. Infolge dieser Eröffnungen sind seitens des Departements, resp. des Bundesrathes, eine Reihe technischer Untersuchungen eröffnet worden, die nun soeben ihren Abschluss gefunden haben. Dieselben verfolgten das doppelte Ziel, einmal den Kostenbetrag des nach den Bestimmungen des Vertrags vom 15. Oktober 18695 auszuführenden Nezes mit möglichster Genauigkeit festzustellen und sodann diejenigen Modifikationen im Bau und Betrieb dieses Nezes zu ermitteln, welche ohne wesentliche Beeinträchtigung des von den Subventionsstaaten verfolgten Zwekes zu einer Verminderung der Kosten führen könnten. In ersterer Richtung wurde die Gotthardbahndirektion zu einer Revision ihres Kostenvoranschlages vom Januar dieses Jahres veranlasst, welche eine wesentliche Reduktion desselben ergab. Der Kostenvoranschlag, sowie die von der Direktion zur Feststellung desselben aufgenommenen Detailpläne wurden dann von einer unterm 28. Merz ds. Jahres hierseits niedergesezten Expertenkommission geprüft, deren Arbeiten vor wenigen Tagen zu Ende gediehen und Ihrem wesentlichen Inhalte nach in gedrukten Protokollen6 enthalten sind.
Nach dieser Enquête ergibt sich ein erforderliches Gesammtbaucapital von Fcs. 260,821,578 statt Fcs. 187,000,000, welch leztere Summe die Subventionsstaaten ihren Verhandlungen von 1869 zu Grunde legten, und sonach ein Deficit von rund 74,000,000 Franken gegenüber den dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Mitteln. Wenn also auch gegenüber der frühem Annahme eines Deficits von 102,000,000 Fcs. eine wesentliche Reduktion eingetreten, so ist doch die Lage der Gesellschaft, wie sie in der Note vom 20. Merz dargestellt worden, immerhin unverändert geblieben, für die Subventionsstaaten aber damit die Veranlassung um so dringender geworden über diese Verhältnisse eine baldige Entschliessung zu treffen.
Das Departement beantragt nun den beiden Regierungen von diesem Stand der Sache Kenntnis zu geben, ihnen die Protokolle sowohl der Plenar- als der Sub-Commission für die Gotthard-Expertise, dann den revidirten Kostenvoranschlag, endlich zwei Finanzprogramme vorzulegen und ihnen des Weitern Folgendes zu eröffnen: Ohne den eigenen Vorschlägen der Subventionsstaaten vorzugreifen, erlaube sich der Bundesrath mit diesem Programm anzudeuten, auf welchem Wege das für Vollendung des Unternehmens fehlende Kapital beschafft werden könne. Mit den genannten Vorlagen glaube der Bundesrath den Wünschen der beiden Regierungen, für die in Aussicht genommenen Unterhandlungen einen festen Ausgangspunkt und eine fruchtbare Grundlage zu schaffen, gerecht geworden zu sein, und in dieser Voraussezung erlaube er sich, die beiden Regierungen zum Zweke der definitiven Vereinbarung über die gegenüber der dermaligen Finanzlage der Gotthardbahn zu treffenden Massregeln auf Ende des nächsten Monats zu einer Conferenz einzuladen. Das Departement legt zugleich den Entwurf einer gleichlautenden bezüglichen Note an die beiden Regierungen vor, welche in der Sizung von gestern zur Einsichtnahme durch die Mitglieder auf den Kanzleitisch gelegt wurde.
In der Discussion machten sich mehrfach Bedenken gegen den Passus der Note geltend, der sich auf die Übermittlung des Finanzprogramms bezieht, indem die Besorgnis geäussert wurde, es möchte gemäss der beantragten Fassung jenes Programm von den beiden Mitcontrahenten als Vorlage des Bundesrathes aufgefasst und er von ihnen bei demselben behaftet werden; es wurde daher jene Stelle dahin abgeändert, dass die beiden Programme ausdrüklich als von der Gotthardbahn-Direktion eingereicht bezeichnet wurden.7
- 2
- Vgl. Nr. 98.↩
- 3
- Vgl. den Bericht von Hell wag betreffend die zum Zwecke der Verwendung des Baucapitals der Gotthardbahn in Frage kommenden Reductionen des Bauprogrammes vom 9./12. 4.1876 (E 53/198).↩
- 4
- E 53/193.Vgl. auch den Annex.↩
- 5
- AS 1869-1872, X, S. 555-577.↩
- 6
- E 53/193.↩
- 7
- Vgl. E 1001 (E) q 1/113, Nr. 7153 a undb.↩