Bern 1986
more… |Sehr, mein verehrter Freund, habe ich bedauert Sie vor meiner Abreise nicht mehr gesehen zu haben, umsomehr als ich muthmasslich erst Sonnabend zurückkehre.
Wenn ich Ihnen neulich nicht vom Gotthard und seiner misslichen Lage gesprochen habe, so geschah dies aus schuldiger Rücksicht, um mich nicht unberufen in dem gegenwärtigen Stadium in diese heikele Frage zu mischen. Inzwischen bin ich nunmehr vom Fürsten Bismarck zur Darlegung meiner Ansicht aufgefordert worden, welche unvorgreiflicher Weise dahin geht, dass die Beibehaltung des Herrn Favre, und das unausgesetzte Fortschreiten des Tunnels, als ein sehr wesentlicher Punkt betrachtet werden muss.
Für die subventionirenden Staaten, welche zwei Drittel der Subsidien dem Tunnel zugewandt haben, ist dies der Brennpunkt, und nach Aussage und Urtheil vieler Kenner hat Herr Favre die ihm gewordene schwere Aufgabe bisher innerhalb der vorgeschriebenen Frist angemessen gelöst. Das daher diesem zugewandte Vertrauen scheint, bei den jüngsten Erfahrungen, die man mit dem Regiebau gemacht hat, wohl vollkommen gerechtfertigt, und ich würde nicht allein im Interesse des grossartigen Unternehmens, sondern auch in dem Ihrigen, als vorurteilsfreier Freund aufrichtig beklagen, wenn in der Gotthard-Direction eine entgegengesetzte Ansicht zur Geltung kommen sollte, deren unmassgebliche Folgen unberechenbar sein dürften.
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Year of publication 2015 • Last modification: 12.12.2018