Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
VI. EISENBAHNEN
1. Der Bau der Gotthardbahn
1.1. Finanzierung der Bahn und Verwendung der Baurestgelder
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 3, doc. 84
volume linkBern 1986
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
Cote d'archives | CH-BAR#E1007#1995/533#109* | |
Titre du dossier | Oktober - Dezember 1875 (Nr. 5545-7455) (1875–1875) | |
Référence archives | 7.1.1 |
dodis.ch/42063
Der Bundesrat an die Gotthardbahndirektion1
Der Finanzausweis, welchen Sie uns seiner Zeit vorgelegt haben, gründete sich auf die Annahme, dass die Erstellung des ganzen Gotthardbahnnezes, wie solches in den internationalen Verträgen2 zwischen der Schweiz, Italien und Deutschland vorgesehen ist, eine Gesammtsumme von 187 Millionen Franken erheischen werde.
Da von dieser Summe 85 Millionen kraft Vertrags durch die drei Konventionsstaten fest zugesichert waren, so betraf der Finanzausweis der Gesellschaft die Beschaffung von 102 Millionen, als derjenigen Summe, welche mit den Subventionen zusammengenommen dem angenommenen, nöthigen Baukapitale entsprach.
Wir erachteten die hiefür vorgelegten Nachweise als genügend, ermächtigten Sie zum Baubeginne und sezten die von Ihnen zu leistende Kaution, entsprechend einer Quote von 10% des gesammten Aktien- und Obligationskapitals auf 10 Millionen fest, welche von Ihnen geleistet wurden und in unsern Händen sind.
Seither hatten wir keine Veranlassung, uns weiter mit den finanziellen Verhältnissen der Gotthardbahn-Gesellschaft zu befassen. Wir nehmen keinen Anstand, Ihnen jeweilen die jährlichen Subventionen der schweizerischen Kantone und Eisenbahngesellschaften sowie Deutschlands und Italiens zu verabfolgen.
Wir hatten zwar, wenn auch nur ausserordentlich und nur im Allgemeinen, davon Kenntnis, dass der Bau der tessinischen Thalbahnen eine ansehnlich grössere Summe, als in dem Voranschlage, welcher dem Finanzausweise zu Grunde lag, für sie vorgesehen war, in Anspruch genommen hatte. Es lag indessen in dieser Thatsache, welche übrigens mit Anordnungen zusammenhing, die von uns gebilligt worden waren, nichts, was uns hätte bestimmen können, den finanziellen Stand der Gesellschaft zum Gegenstände unserer besonderen Aufmerksamkeit zu machen.
Seither haben Sie sich mit den Vorarbeiten für den Baubeginn der übrigen im Vertrage aufgeführten Zufahrtslinien befasst und vom Verwaltungsrathe die Ermächtigung erhalten, auf Grund der demselben gemachten Vorlagen, welche indessen von finanziellen Nachweisen nicht begleitet waren, vorzugehen. Auch wir sind über die allgemeinen und besondern Ergebnisse der veranstalteten neuen Kostenberechnungen für diesen Theil des Nezes bis jezt ohne offizielle Mittheilung geblieben. Dagegen haben wir wahrgenommen, dass sich seit einiger Zeit die öffentliche Presse der an der Unternehmung betheiligten und dieselbe subventionirenden Länder mit den Aussichten des Werkes und namentlich mit den finanziellen Verhältnissen der Unternehmung sehr angelegentlich beschäftigt und dass dieselben jüngst auch im Parlamente eines der betheiligten Nachbarstaten zur Sprache gekommen sind.
Aus diesen Quellen, so trübe dieselben theilweise auch sein mögen, scheint sich immerhin zu ergeben, dass der Bau der vertragsmässigen und nunmehr successiv in Angriff zu nehmenden Zufahrtslinien eine bedeutend höhere Summe als die, zu welchen sie veranschlagt waren, beanspruchen wird und dass wir somit, bereits Verausgabtes und zu Verausgabendes zusammengenommen, vor einer wesentlichen Veränderung in den Voraussezungen des Finanzausweises der Gesellschaft stehen.
Nun enthält der auf alle schweizerische Bahnen und Bahngesellschaften Anwendung findende Art. 29 der Verordnung zum Eisenbahngesez vom 1. Februar 18753 folgende Bestimmung:
«Erhöht sich während der Bauzeit der Voranschlag des Anlagekapitals, so ist binnen eines vom Bundesrathe festzustellenden Termins für die Dekung des Mehrbetrages vorzusorgen.»
«Es behält sich der Bundesrath im Weitern überhaupt vor, auf seinen, die finanziellen Grundlagen eines Unternehmens genehmigenden Beschluss zurükzukommen, wenn vor Übergabe der Bahn an den öffentlichen Verkehr die Grundlagen, auf welche der erwähnte Beschluss sich stüzt, Änderungen erleiden würden.»
Das besondere Verhältnis, in welchem wir mit Rüksicht auf die Subventionen der Schweiz an die Unternehmung zu derselben stehen und mehr noch die Verantwortlichkeit, welche uns gemäss des Vertrages von Bern betreffend die Kontrolle über die Ausführung des Werkes und die Erfüllung der von der Gesellschaft übernommenen Verbindlichkeiten gegenüber Italien und Deutschland obliegt, machen es uns zur ersten Pflicht, sofern sich die oben berührten ausserordentlichen Nachrichten bewahrheiten sollten, im Sinne des angeführten Artikels rechtzeitig die geeignet scheinenden Massregeln zu treffen.
Wir sind dermalen noch nicht auf diesem Punkte angelangt. Wohl aber sind wir in der Lage, unter Hinweis auf das Gesagte, an Sie die Einladung ergehen zu lassen, uns über die berührten Verhältnisse im Allgemeinen, insbesondere über die Punkte, welche vom Gesichtspunkte der Vorschriften des zitirten Bundesrathsbeschlusses aus in Betracht kommen, Bericht zu erstatten, worauf wir uns, nach allfällig weiterer Anhörung weitere Massnahmen zu treffen Vorbehalten.
- 1
- (Kopie): E 1001 (E) q 1/109. S 6793.↩
- 2
- Vgl. den Gotthardvertrag zwischen der Schweiz und Italien vom 15.10.1869 (AS 1869– 1872, X, S.555–577) und die Übereinkunft zwischen der Schweiz und Deutschland vom 28. 10.1871 betreffend den Beitritt des Deutschen Reiches zu demselben (AS 1869–1872, X, S. 583–586). Zum Gotthardvertrag vgl. auch DDS 2, Thematisches Verzeichnis V.↩
- 3
- AS 1874-1875, 1, S. 251.↩
Tags
Chemin de fer Tunnels des Alpes Ligne du Gothard, construction (1871–1886)