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Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 2, Dok. 343
volume linkBern 1985
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2#1000/44#1641* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2(-)1000/44 269 | |
Dossiertitel | Frage der Besetzung von Chablais und Faucigny und Übergabe dieser Provinzen an die Schweiz während des deutsch-französischen Krieges von 1870-1871 (1870–1873) | |
Aktenzeichen Archiv | B.137.1 |
dodis.ch/41876
Nachdem wir über gewisse Vorfälle in Savoyen und bezügliche Unterredungen mit dem franz. Gesandten, Herrn Marquis de Châteaurenard, theilweise bereits mündlich Bericht erstattet haben, beehren wir uns, unter schriftlicher Recapitulirung der wichtigsten Punkte und Beifügung unserer Anträge, die Angelegenheit Ihrer Berathung und Schlussfassung zu unterstellen.
Am 23. Februar fand sich Herr Marquis v. Châteaurenard bei dem Bundespräsidenten ein und brachte sofort die Occupation Savoyens zur Sprache. Er habe gelesen, sagte er, dass sich Savoyen in einer Adresse an den Grafen v. Bismark gewendet hätte, um die künftige vollständige Neutralisation dieses Landes zu erwirken. Gleichzeitig hätten die Journale die Nachricht gebracht, dass sich ein Comité républicain von Bonneville an den Bundesrath gewendet habe, um die Besetzung von Savoyen zu veranlassen. Von Genf her vernahm er, dass dort mit Bestimmtheit gesagt werde, die Occupation von Savoyen sei vom Bundesrath beschlossen und die in Genf zusammengezogenen Truppen seien dazu bestimmt, diese Occupation auch nächstens auszuführen. Er komme, um um Auskunft zu bitten, wie es sich damit verhalte.
Ich erwiederte ihm, von der fraglichen Adresse Savoyens an den deutschen Bundescanzier hätten wir nur durch die Journale Kenntniss erhalten; dagegen sei allerdings von dem Comité républicain von Bonneville eine Zuschrift an den Bundesrath eingegangen2, in welcher demselben ein von besagtem Comité am 16. Febr. gefasster und den Gemeinden des Arrondissement von Bonneville zur Unterzeichnung zugestellter Beschluss mitgetheilt werde, dahin gehend, de demander l’exécution des traités de 1815 en ce qui concerne la neutralité de ce pays et de faire instance auprès de la Confédération suisse pour occuper immédiatement le territoire neutralisé, eine Zuschrift, auf welche Seitens des Bundesrathes eine Antwort nicht ertheilt worden sei. Was endlich die von Genf ihm zu gekommenen Gerüchte betreffe, so entbehrten dieselben jedes thatsächlichen Grundes, indem der Bundesrath einen Beschluss zur Occupation Savoyens nicht gefasst habe.
Herr Châteaurenard antwortete, er freue sich, diess zu vernehmen. Bekanntlich schwebten über die Frage einer Occupation Savoyens Seitens der Schweiz Differenzen zwischen der französischen und schweizerischen Auffassung. Er habe schon früher meinem Amtsvorgänger zu bemerken Anlass gehabt, dass aus der Nichtbeantwortung der letzten Note von Herrn Kern an den Herzog von Gramont nicht geschlossen werden dürfe, als sei die franz. Regierung mit der darin ausgesprochenen Ansicht einverstanden; er müsse wiederholt darauf aufmerksam machen, dass französischerseits der Standpunkt, welcher in der Note Gramonts3 enthalten sei, festgehalten werde. Eine Occupation Savoyens ohne vorherige Entente mit Frankreich würde zu Schwierigkeiten führen. Man betrachte die Neutralisation Savoyens als eine faveur für Savoyen zu Lasten der Schweiz. Es folge daraus, dass, wenn eine Occupation eintreten solle, diess nur auf Verlangen Savoyens, beziehungsweise Frankreichs, geschehen könne. Er habe sich übrigens aus den Verhandlungen der Bundesversammlung4 über diese Frage überzeugt, dass man auch schweizerischerseits darin keineswegs einig sei, und es dürfe nach diesen Verhandlungen wohl als gewiss angenommen werden, dass ohne Einberufung der Bundesversammlung ein definitiver Schritt in dieser question grave nicht werde gethan werden.
Ich erwiederte, was diesen letzten Punkt anbelange, so werde dem Gesandten aus denselben Verhandlungen der Bundesversammlung auch bekannt sein, dass letztere die dem Bundesrath zu Anfang des Krieges ertheilten unbeschränkten Vollmachten erneuert habe, über deren Gebrauch sich dieser den eidgenössischen Räthen gegenüber zu rechtfertigen wissen werde. Ich sei im Übrigen erstaunt, von ihm zu hören, dass französischerseits der Schweiz das Recht abgesprochen werde, von sich aus zu entscheiden, ob und wann eine Occupation Savoyens durch ihre Truppen einzutreten habe. Nicht dieses Recht sei streitig gewesen, sondern es sei lediglich die Frage unausgetragen geblieben, ob über die behufs Effectuirung der Occupation zu treffenden Massregeln vorheriges Einverständniss zwischen der Schweiz und Frankreich stattfinden müsse. Wir hätten erklärt, dass wir die Ausübung unseres Rechtes nicht von einem solchen Einverständniss abhängig machen, indem dadurch dieses Recht selbst mit der blossen Weigerung oder Zurückhaltung Frankreichs illusorisch gemacht werden könnte. Es habe uns seinerzeit gefreut, zu vernehmen, dass die französische Regierung einen Repräsententen5 hieher geschickt habe, um in dieser Angelegenheit mit uns zu verhandeln, und wir könnten nur bedauern, dass das gehoffte Entgegenkommen ausgeblieben sei. Es scheine uns ein ganz ungewöhnliches Verfahren zu sein, stillzuschweigen und uns zu sagen, dass wir aus diesem Stillschweigen nicht die Consequenz ziehen sollen, als ob man mit uns einverstanden wäre. Obschon nicht der Ansicht, als ob die Ausübung unseres Rechtes von einem vorherigen Abkommen mit Frankreich abhängig sei, hätten wir doch unsererseits zu einer solchen Verständigung uns bereit erklärt, da wir den aufrichtigen Wunsch hegten, wie bisher in gutem Einvernehmen mit Frankreich zu bleiben. Dieses dürfte umso eher dazu Hand bieten, als die Schweiz keineswegs beabsichtige, eine vorübergehende Occupation Savoyens als ein Mittel zu gebrauchen, um sich in den definitiven Besitz von Savoyen zu setzen. Es erscheine allerdings höchst wünschenswerth, das gegenwärtig noch zu Recht bestehende Neutralitätsverhältniss von Savoyen, welches unter Voraussetzungen entstanden sei, welche dermalen nicht mehr existirten, aufzulösen und dasselbe durch ein der jetzigen Sachlage und dem ursprünglichen Zwecke entsprechenderes Verhältniss zu ersetzen, dagegen würde es ein Irrthum sein, zu glauben, die Schweiz nehme unter diesem Titel weitgreifende Territorialveränderungen in Aussicht. Es sollte sich nach hierseitiger Ansicht unschwer eine Demarcationslinie finden lassen, welche, ohne einen grossen Theil von Savoyen in Anspruch zu nehmen, den Interessen der Schweiz. Neutralität die wünschbare Befriedigung gewähren und gleichzeitig auch Frankreich von einer lästigen Servitut befreien würde.
Hierauf bemerkte Herr v. Châteaurenard, als im Anfang des Krieges von der Occupation Savoyens durch die Schweiz die Rede gewesen, habe man diess in Frankreich als einen im Einverständnisse mit Preussen gefassten Plan angesehen, dahin gehend, durch Occupation im Sinne der Neutralisation sich dieser Provinzen zu versichern, um hernach durch Vermittlung des Siegers sie in definitiven Schweiz. Besitz zu bringen. Man sei zu dieser Auffassung durch die Erwägung gekommen, zur Sicherung des eigenen Landes, dessen Unverletzbarkeit von keiner Seite angefochten worden sei, bedürfe die Schweiz einer Besetzung Savoyens nicht, auch dazu nicht, um ein Recht zu constatiren, welches principiell niemand bestritten habe; wenn also gleichwohl die Schweiz zur Occupation Savoyens schreite, so könne diess nur mit der Absicht geschehen, Savoyen schliesslich auf diesem Wege und unter Benützung der Kriegslage in seinen Besitz zu bringen. Diess sei die Auffassung der Regierung gewesen im Augenblick, wo er hieher abgeordnet worden sei. Bezüglich der Ausführung der Occupation müsse er sich lediglich auf das Schreiben Gramonts berufen, dessen Nichterwiederung der Schweiz. Antwortsnote nicht als Zustimmung aufgefasst werden dürfe. Was die definitive Regelung des Verhältnisses anbelange, so seien in beiden Ländern extreme Meinungen: in der Schweiz die, das ganze neutralisirte Savoyen in schweizerischen Besitz zu bringen6, und in Frankreich die, aus der Neutralisation Savoyens seien der Schweiz gar keine Rechte erwachsen, mit deren Regelung man sich zu befassen habe. Er halte dafür, dass Frankreich zu einer Verständigung in geeigneter Zeit Hand bieten werde, wie übrigens schon im Jahr 1860 Vorschläge in dieser Richtung gemacht, von der Schweiz aber zurückgewiesen worden seien7.
Unter Nachweis, warum diess habe geschehen müssen, ersuchte ich den Gesandten, die Frage einer Auflösung des Neutralitätsverhältnisses und dessen Ersetzung durch andere Stipulationen bei seiner Regierung förmlich zur Sprache zu bringen, was er zusagte.
Tags darauf, am 24. Febr., fand sich Herr v. Châteaurenard wieder bei dem Unterzeichneten ein. Es bestätige sich, bemerkte er, dass in Genf eine auffallende Ansammlung von Truppen stattfinde. Gleichzeitig seien in der A.A. Zeitung8 gewisse Artikel erschienen, welche sich bestrebten, die Schweiz zu veranlassen, den Augenblick zu benutzen, um sich in den Besitz von Savoyen zu setzen. Die franz. Regierung sei auf diese Vorgänge aufmerksam geworden. Sie musste es höchst auffallend finden, wenn jetzt eine Occupation Savoyens beabsichtigt werden wollte, derer die Schweiz zum Schutze ihrer eigenen Neutralität jetzt weniger als je bedürfe: Er sei nun von seiner Regierung beauftragt, zu eröffnen, qu’elle regarderait un tel procédé comme contraire aux bons rapports, qui jusqu’à présent ont existé entre les deux pays. Es sei ihm sehr daran gelegen, jede Störung des guten Einvernehmens zu vermeiden und er wünschte sehr, seine Regierung vollkommen beruhigen zu können.
Ich erwiederte ihm, die Schweiz lege auf die Aufrechterhaltung des freundlichen Verhältnisses, in dem sie zu Frankreich stehe, nicht minder Werth und glaube, diese loyale freundliche Gesinnung während des Krieges mannigfach bewiesen zu haben, so weit diess immer mit ihrer neutralen Stellung vereinbar gewesen sei. Ihr Recht aber, das sie im Anfang des Krieges in offener Weise dargelegt, müsse sie festhalten und könne nicht annehmen, dass die Ausübung desselben als ein feindseliger Act aufgefasst werden wolle. Im Übrigen könne ich ihm nur wiederholen, was ich ihm bereits gestern eröffnet hätte, dass nämlich der Bundesrath weder bei dem Act, der nach Berichten öffentl. Blätter von Savoyen bei dem Hauptquartier gethan worden, betheiligt sei, noch mit dem letztem irgendwelche Verhandlungen, Savoyen betreffend, gepflogen, noch überhaupt neue, auf diese Frage bezügliche Beschlüsse gefasst habe. Wie es sich mit den Truppen, welche nach Genf verlegt seien, verhalte, könne ich ihm mit Bestimmtheit nicht sagen, ich würde mich darüber informiren: allein so viel liege auf der Hand, dass eine stärkere Besetzung Genfs schon aus dem Grund geboten sei, um für den Fall eines Wiederbeginns der Feindseligkeiten eine Evasion grösserer internirter Truppenkörper mit Erfolg verhindern zu können.
Am 25. Febr. meldete ein Schreiben des Staatsraths von Genf9, dass ein eben erhaltener Brief einer sehr glaubwürdigen Persönlichkeit von Bonneville folgende Mittheilung enthalte:
«Le Gouvernement français masse des troupes à Annecy, même de l’artillerie, et 6’000 hommes sont déjà arrivés, on en attend encore 4’000. Entre Bonneville et La Roche, on a fait demander 40’000 rations de pain. On soupçonne ici que l’on veuille l’opposer à notre neutralité, soit à l’occupation suisse».
Genf befand sich in Folge dieser Nachricht mehrere Tage hindurch in lebhafter Aufregung. Da dieselbe bis dahin noch als unverbürgt angesehen werden musste, so wurde der Staatsrath von Genf eingeladen, in ganz sicherer, zuverlässiger Weise Erkundigungen über den wirklichen Thatbestand einziehen zu lassen, welche später herausstellten, dass in Chambéry 12’000 Mann verschiedener Waffengattungen, fast alles frühere Bestandtheile des Corps von General Cremer, liegen; dass in Annecy 5–6’000 Mann desselben Corps u. überdiess ein Bataillon Gardes mobilisés aus Artillerierecruten von Haute-Savoyen sich befänden, letztere seit 21/2 Monaten; dass jeden Tag Detaschemente anlangen, welche sich zu ihrem Corps verfügen, andere abgehen; dass keine Rede davon sei, weiter vorzugehen u.s.w.
Ich hielt am 27. Februar mit Herrn Chäteaurenard eine Unterredung. Indem ich ihm die erhaltenen Nachrichten mittheilte, machte ich ihn darauf aufmerksam, dass dieses Einziehen französischer Truppen den Vertragsbestimmungen über die Neutralität von Savoyen, wonach, so oft die der Schweiz benachbarten Mächte sich im Zustand wirklich ausgebrochener oder unmittelbar bevorstehender Feindseligkeiten befinden, keine ändern Truppen irgend einer Macht sich in dem neutralisirten Gebiete aufhalten oder durchziehen können, mit Ausnahme derjenigen, welche die Schweiz. Eidgenossenschaft dort aufzustellen für gut finden würde, zuwider sei, und ich mich im Falle befinde, über dieses auffallende Vorgehen, welchem gegenüber die Schweiz ihre Rechte und die zu deren Aufrechterhaltung nothwendig scheinenden Massregeln Vorbehalten müsse, Auskunft zu verlangen.
Herr von Châteaurenard erwiederte, er habe nur aus der «Suisse radicale» Kenntniss von der fraglichen Truppenbewegung erhalten. Er glaube nicht an die Richtigkeit der Nachrichten, jedenfalls sei Übertreibung dabei im Spiel. Offenbar habe es die rothe Partei von Savoyen, welche mit dem Ausfall der Wahlen und der Entwicklung der Dinge nicht einverstanden sei, in Verbindung mit der Cosmo-Democratischen Partei von Genf darauf abgesehen, eine Verwicklung zu schaffen, ein incident fâcheux; es sei möglich, dass, um die antifranzösische Bewegung u. Tendenz in Savoyen, welche sich von der Mittragung der Kriegskosten frei machen möchte, niederzuhalten und die öffentliche Ordnung zu sichern, Truppen hingeschickt worden seien, wobei aber noch berücksichtigt werden müsse, dass die Gendarmerie fort und auch die Nationalgarde ins Feld gerückt sei. Er werde übrigens sofort nach Bordeaux berichten und sich Auskunft verschaffen.
Am 2. März fand sich Herr Châteaurenard wieder bei mir ein. Er habe auf die ihm an der letzten Unterredung gemachten Mittheilungen und Bemerkungen sich bei der Regierung über die Vorgänge sich erkundigt. Herr Favre habe ihm nun geantwortet, dass ihm dieselben vollständig unbekannt seien, er indessen bei dem Kriegsministerium Nachfrage halten werde, wie es sich damit verhalte. Der franz. Consul in Genf, den er ebenfalls zum Berichte eingeladen habe, schreibe ihm, dass die Berichte der Zeitungen sehr übertrieben seien und dass, wenn ein Einrücken von Bewaffneten in Bonneville und Annecy stattgefunden habe, diess wohl in keinem ändern Sinn geschehen sei, als um gegenüber der Agitation einer gewissen antinationalen Partei daselbst die innere Ordnung aufrecht zu erhalten.
Ich bemerkte ihm hierauf, dass ich allerdings gerne diesen Mittheilungen entnehme, dass wir es hier mit keiner beabsichtigten Verletzung unseres Rechtverhältnisses zu Savoyen zu thun hätten: hingegen böten die gemachten Mittheilungen nicht die gewünschte Befriedigung und es müsse sich der Bundesrath Vorbehalten, durch seinen Vertreter in Paris die weitern, nothwendig scheinenden Schritte zu thun.
Herr Châteaurenard fuhr dann fort: ich hätte ihm in einer frühem Unterredung den Wunsch ausgesprochen, dass die Savoy erfrage im Interesse der beiden Länder u. der Aufrechterhaltung ihrer guten Beziehungen möglichst bald zu einer definitiven Lösung gebracht werden möchte, und ihn ersucht, anzufragen, ob die franz. Regierung geneigt wäre, in einer nicht entfernten Zeit mit dem Bundesrath in Verhandlungen zu dem genannten Zwecke einzugehen. Er habe diesen Wunsch angebracht und unterstützt und sei nun von Herrn Favre ermächtigt, mir zu eröffnen, dass auch er das Missliche und Unhaltbare des gegenwärtigen Zustandes anerkenne, und dass die Regierung gerne, und zwar sobald es die Umstände erlaubten, Hand bieten werde, um mit der Schweiz in freundschaftlicher Weise ein, die Interessen der beiden Länder befriedigendes Arrangement zu suchen, und dass Frankreich zu diesen Unterhandlungen einen esprit de conciliation bringen werde, auf welchen die Sch weiz durch ihre ganze Haltung gegenüber Frankreich während des Krieges sich ein Anrecht erworben habe.
Ich verdankte ihm sehr diese wohlwollenden und erfreulichen Eröffnungen u. fragte ihn, ob er mir nicht eine Abschrift von der bezüglichen Depesche des Ministers des Auswärtigen lassen könne. Herr Châteaurenard erwiederte, es sei diess nicht wohl thunlich, da die Depesche von Herrn Favre noch Mittheilungen über andere Punkte, wie den Frieden und dessen Bedingungen, enthalte. Ob er mir nicht eine Note übersenden könne, welche dasjenige, was er mir betreffend Savoyen mitgetheilt, zusammenfassen würde? Der Gesandte erwiederte, es sei die ganze Angelegenheit mündlich besprochen, auch meinerseits die Frage mündlich gestellt worden, und so dürfte auch diese mündliche Eröffnung (deren Übereinstimmung übrigens mit der Depesche des Herrn Favre er mir durch Ablesen der bezüglichen Stelle bewies) genügen.
Nach dieser Berichterstattung beehrt sich der Unterzeichnete zu beantragen:
1. Es sei Herr Kern durch eine Abschrift des vorstehenden Berichts von dem Geschehenen in Kenntniss zu setzen und zu beauftragen, baldmöglichst den Inhalt desselben zum Gegenstand einer Besprechung mit Herrn Favre zu machen. Der Bundesrath lege dabei auf zwei Punkte Werth:
a. dass über den, noch vor dem Friedensschluss erfolgten Einmarsch französ. Truppen in das neutralisirte Savoyen solche Erklärungen abgegeben werden, welche die Verbindlichkeit der durch fragliche Besetzung berührten Bestimmungen des Turinervertrags vom 16. Merz 1816, bez.weise des Art. 92 der Wienercongressacte für Frankreich, und die Rechtstellung der Schweiz zu dem neutralisirten Savoyen unzweideutig wahren;
b. noch mehr darauf, dass sobald als möglich die definitive Reglirung der Savoyerfrage an die Hand genommen, bez.weise bezügliche Verhandlung mit dem Bundesrathe acceptirt werde. Zu diesem Behuf wolle Herr Kern dem Minister des Auswärtigen mittheilen, der Bundesrath habe ihm von der bezüglichen, zwischen dem Bundespräsidenten und dem franz. Gesandten in Bern stattgehabten Unterredung Kenntniss gegeben u. ihn beauftragt, die von Herrn Châteaurenard gemachten entgegenkommenden Eröffnungen bestens zu verdanken. Der Bundesrath halte dafür, dass eine baldige glückliche Erledigung der Frage im Interesse beider Länder liege, und spreche den angelegentlichen Wunsch aus, dass in möglichst naher Zeit eine Conferenz zur Verhandlung derselben zusammen treten möchte.
2. Es sei das politische Departement eingeladen, unter Mitwirkung des in der Frage betheiligten Militär-, sowie des H. u. Zolldepartements, die von der Schweiz bei diesen Verhandlungen einzunehmende Stellung zum Gegenstände eines Berichtes an den Bundesrath zu machen; bez.weise die, den Schweiz. Vertretern eventuell zu ertheilende Instruction für die Verhandlungen vorzulegen10.
- 1
- E 2/1641.↩
- 2
- Non reproduite.↩
- 3
- Cf. no 260.↩
- 4
- Du 19 décembre 1870 (au Conseil national, cf. E 1001 (C) d 1/46) et du 22 décembre 1870 (au Conseil des Etats, cf. E 1001 (D) d 1/43).↩
- 5
- Cf. no 325.↩
- 6
- Cf. no 300.↩
- 7
- Sur cette question, cf. E 2/1629 –1640.↩
- 9
- Du 24 février 1871, non reproduite.↩
- 10
- Ces propositions ont été approuvées lors de la séance du Conseil fédéral du 13 mars 1871, cf. E 1004 1/84, 1158.↩
Tags
Neutralität Savoyens (1870–1871)