Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 2, Dok. 333
volume linkBern 1985
Mehr… |▼▶Aufbewahrungsort
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
Signatur | CH-BAR#E27#1000/721#13345* | |
Dossiertitel | Übertritt von französischen Truppen und Verteilung auf die Kantone, Bd 1 - 2 (1870–1871) | |
Aktenzeichen Archiv | 06.H.2.g.1.b |
dodis.ch/41866
Gestern hatte ich den Besuch des hiesigen Badischen Gesandten Herrn v. Türkheim. Derselbe theilte mir unter anderem mit, dass er vorgestern im Auftrag seiner Regierung das deutsche auswärtige Amt ersucht habe, bei der Schweizerischen Bundesregierung sich dahin zu verwenden, dass die in die Schweiz übergetretenen französischen Truppen nicht nach den rechtsrheinischen Gebieten unseres Landes verlegt werden. Als Grund dieses Ansinnens machte Hr. v.Türkheim die Befürchtung der Gränzbevölkerung hinsichtlich des möglichen Ausbrechens der Internirten geltend, für welche der Rhein, gegenüber den militärisch ganz unbesetzten Gränzgebieten Badens, eine zwekmässige u. dortseits erwünschte Schranke bilden würde.
Ich muss gestehen, ich war durch diese eigenthümliche Hinweisung auf die Rheinlinie als Internirungsgränze etwas frappirt, obgleich ich bei näherer Überlegung des sachlichen Herganges annehmen durfte, dass die badische Regierung vielleicht wirklich nur durch die Reklamationen ihrer Gränzdistrikte veranlasst fragliches Gesuch bei Herrn v. Thile angebracht habe. Herr v. Türkheim sagte mir auch, Hr. v. Thile habe ihm die Verwendung des auswärtigen Amtes in Aussicht gestellt, jedoch beigefügt, dass dieselbe nur unter Berufung auf das Badische Begehren selbst angebracht werden würde; aus welcher Notiz ich folgerte, dass die Sache Herrn v. Thile nicht ganz genehm war. Ich habe wahrscheinlich morgen Anlass, Herrn v. Thile hierüber zu sprechen.
Ich beschränkte mich dann, Herrn v. Türkheim gegenüber mich dahin zu äussern, dass die Repartition der Internirten bereits eine vollzogene Thatsache sey, u. eine Vertheilung der Internirten, wie solche sich aus der Evacuation der Depots in Schaffhausen u. Baselstadt ergeben müsste, für uns eine mit vielen Schwierigkeiten verknüpfte Massnahme wäre. Ich sey überzeugt, die Schweiz werde es an einer gewissenhaften Überwachung der Internirten nicht fehlen lassen; es sey auch nicht anzunehmen, dass die bei uns internirten Franzosen einen besonderen Beweggrund haben sollten, unbewaffnet in Feindesland auszubrechen. Jedenfalls scheinen mir die in unserm rechtsrheinischem Gebiet internirten u. bewachten Franzosen für die badische Bevölkerung nicht gefährlicher zu sein, als die Kriegsgefangenen im Badischen Lande selbst; oder in ändern deutschen Bundesländern, wo solche sogar zu bürgerlicher Arbeit in Städte, Dörfer u. Gutshöfe abgegeben werden. So sehr unsere Regierung auch wünschen werde, der badischen Bevölkerung alle Beruhigung zu gewähren, so werde es ihr möglicherweise doch der Konsequenzen wegen nicht so leicht sein, dem Wunsch Badens zu entsprechen.
Ich glaubte, Ihnen diese Unterhaltung mit Rüksicht auf die bevorstehenden amtlichen Schritte des auswärtigen Amtes mittheilen zu sollen.
- 1
- E 27/13345 Band 2.↩
Tags
Neutralitätspolitik
Internierung der Bourbakiarmee (1871)