Classement thématique série 1848–1945:
I. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ÉTATS
I.1 ALLEMAGNE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 2, doc. 218
volume linkBern 1985
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2#1000/44#134* | |
Old classification | CH-BAR E 2(-)1000/44 14 | |
Dossier title | Ausweisung von gebürtigen Frankfurtern, nun naturalisierten Schweizern, aus Frankfurt, da die Entlassung aus dem preussischen Staatsverband deshalb begehrt wurde, um sich der preussischen Wehrpflicht zu entziehen (1869–1870) | |
File reference archive | D.121.03 |
dodis.ch/41751 Le Ministre de Suisse à Berlin, B. Hammer, au Président de la Confédération, E. Welti1
Ihre geehrten Depeschen vom 22. [die Frankfurter Angelegenheit betreffend2, und vom 23., den Conflict mit Württemberg betreffend3, sind gestern in meinen Besitz gelangt und ich werde mir angelegen sein lassen, Ihre Aufträge beförderlichst zu vollziehen, nachdem ich mich von einer lOtägigen Krankheit wieder in so weit erholt habe, dass ich seit heute das Bett verlassen und die Bureau-Geschäfte theilweise wieder aufnehmen konnte. Ich hoffe auch, in einigen Tagen wieder ausgehen zu können, was namentlich in jetziger Zeit sehr nöthig sein wird.
Was nun Ihre Aufträge betrifft, so habe ich mit Bezug auf dieselben, soweit sie die Frankfurter Angelegenheit betreffen, einige Bedenken, die ich, bevor ich in Sachen weiter vorgehe, Ihrer Würdigung vorzulegen mir erlaube.
Preussen hat die Frankfurter Angelegenheit von Anfang an als eine rein innere aufgefasst wissen wollen, und dies&[r Auffassung auch durch die Form der Geschäftsbehandlung Ausdruk zu geben sich besonders angelegen sein lassen. Die Ausweisung wurde verfügt, sistirt und wiederaufgehoben immer durch das Ministerium des Innern; das Ministerium des Auswärtigen hat sich in den mündlichen diplomatischen Unterhandlungen immer nur als Vermittler zwischen den Schweizerischen Mittheilungen und dem Ministerium des Innern gerirt; und auch die letzte Zurüknahme eines Ausweisungsbefehles (gegen Saly Posen)4 geschah in der Weise, dass aus Rüksicht auf die Verwendung des Schweizerischen Bundesrathes das Ministerium des Auswärtigen dem Ministerium des Innern die Rüknahme des Ausweisungsbefehles empfahl. Ich bemerke auch, dass in einer Unterredung mit Herrn Delbrück über andere Angelegenheiten derselbe äusserte, dass die Frankfurter Angelegenheit eine allfällige Unterhandlung über Abschluss eines Niederlassungsvertrages zwischen Norddeutschland und der Schweiz dermalen störend in den Weg trete.
Aus allem diesem und noch anderm muss ich die Überzeugung schöpfen, dass Preussen die Frankfurter Angelegenheit immerhin unter Rüksichtnahme auf eintretende Verwendung und besondere Verhältnisse, dennoch im Wesendlichen nur nach seiner Convenienz behandlen wolle; und daher sich kaum bereit finden lassen wird, durch ausdrükliche Anerkennung eines Princips sich die Hände zu binden, welche Anerkennung gewissermassen die Wirkung eines Staatsvertrages oder doch eines bestimmten völkerrechtlichen Modus vivendi haben würde.
Ich fürchte auch, es möchte bei Preussen durch das Schweiz. Begehren auf prinzipielle Entscheidung der Sache ein gewisses Misstrauen erregt werden – als ob man ihm mit Rüksicht auf zukünftig noch bevorstehende Fälle zum voraus sein Zugeständnis abloken wollte. Auch scheint es mir, als könnte das Schweizerische Begehren auf prinzipielle Rüknahme der betreffenden Ausweisung als dem preussischen Selbstgefühl zu nahe tretend interpretirt werden wollen, indem gerade in der prinzipiellen Anerkennung des vom Schweiz. Bundesrathe allerdings mit Recht geltendgemachten Standpunktes preussischerseits gewissermassen das Zugeständniss eines Missgriffs läge. Ich finde also, es wäre nicht rathsam, in dem Sinne, in welchem ich Ihre Depesche aufgefasst habe, der Sache weiter Folge zu geben – und müsste ich auch befürchten, durch eine ablehnende Antwort Preussens eine Sache wieder wach zu rufen und zu verbittern, die im Begriff war, in befriedigender Weise ad acta gelegt zu werden.
Faktisch und praktisch würden die bisher erzielten Resultate durch eine nachträgliche prinzipielle Anerkennung nichts weiteres gewinnen, und für künftige Fälle hoffe ich von Seite Preussens die nämliche Rüksichtnahme für Schweizerische Vorstellungen zu finden wie bisher.
Sollte ich etwa in der Auffassung Ihrer Depesche irre gegangen sein, so bitte ich um Ihre gefälligen Weisungen und werde jedenfalls in der Sache mich weiterer Schritte enthalten, bis mir Ihre Rükantwort auf gegenwärtiges Schreiben zugegangen.
[...]5