Classement thématique série 1848–1945:
I. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ÉTATS
I.1 ALLEMAGNE
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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 2, doc. 134
volume linkBern 1985
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E13#1000/38#30* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 13(-)1000/38 7 | |
Titre du dossier | Anträge des politischen und des Handels- und Zolldepartements an den Bundesrat; Bundesratsbeschlüsse; Korrespondenz des Bundesrates mit dem eidg. Abgeordneten Heer in Berlin; Notizen; Konferenzprotokolle; Statistiken; Fragen betr. Bestimmungen für die Gewerbelegitimationskarten und Behandlung des grenznachbarlichen Verkehrs; Akten der Bundesversammlung und Bundesbeschluss (21.07.1869) betr. Genehmigung des o.g. Vertrages, der Übereinkunft mit dem Norddeutschem Bund vom 13.05.1869 zum Schutz der Rechte an literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst sowie des Niederlassungsvertrages mit dem Königreich Württemberg vom 18.03.1869 (1867–1869) |
dodis.ch/41667
Ihr gefälliges Telegramm von gestern Mittag2 ist uns richtig und rechtzeitig eingegangen & wir waren über dessen Empfang um so befriedigter, als leider das darin angekündigte Schreiben auch jetzt noch, d.h. Montag Nachmittag 2 Uhr, nicht in unsern Händen ist, so dass, hätten wir auch das Telegramm nicht besessen, unsere Position in der heutigen Conferenz in der That eine fast beschämende gewesen wäre. So konnten wir wenigstens über einige Punkte ganz positive Erklärungen abgeben: in Bezug auf andere liess allerdings die bei Telegrammen kaum zu vermeidende Kürze des Ausdrukks eine gewisse Unklarheit bestehen. Wir berichten nunmehr theils über den Stand der Sache überhaupt, theils aber u. insbesondere über die Ursachen, welche unsere Eröffnungen in der heutigen Conferenz gefunden haben:
1. Die erste Stelle des Telegramms von gestern lautete: «ad B. ganz fallen lassen». Wir verstanden dies dahin, dass Sie verlangen, die ganze Anlage A zum Stuttgarter Vertrag3, also auch die Ziff. I, welche die Zollbefreiungen enthält, fallen zu lassen, so dass dann selbstverständlich auch Art. 2 des Vertrags überflüssig würde. In diesem Sinn eröffneten wir die Instruction: Baden insbesondere war damit höchst unzufrieden & erklärte, nun Weisungen einholen zu müssen, da man dortseits im Interesse des Grenzverkehrs auf die Sache grossen Werth lege. Dieses Interesse ist allerdings nicht zu leugnen u. es wird sich also fragen, ob der BR in letzter Linie hier eine Concession machen & die Beil. A., I zulassen will oder ob die Ablehnung als eine peremptorische aufzufassen ist. Consequent ist es allerdings, dass, nachdem man alle Tariffragen, so weit es blosse Ermässigungen betrifft, beseitigt hat, auch die Befreiungen aus dem Vertrag wegbleiben; dagegen ist der Punkt auch nicht von so eminenter Bedeutung, dass man hüben oder drüben eine Conditio sine qua non daraus machen sollte. Dürften wir uns vielleicht – nachdem wir die Intentionen d. BRs kennen & an sich theilen, freie Hand ausbitten?
2. In Betreff des Veredlungsverkehrs halten wir, Ihrer Weisung gemäss, an dem «Bleichen, Bedrukken & Appretiren» fest & wird es wohl auch Bayern nicht gelingen, seine diesfälligen Bedenken zur Geltung zu bringen. Dagegen erhebt sich nun bei diesem ganzen Kapitel eine andere & viel wichtigere Frage: wir verstehen nämlich die Notiz im Telegramm: «H ganz beibehalten» in dem Sinne, dass die Bestimmung in Anlage C § 5 des Stuttg. Vertrages, wonach nur auf Erlaubniss der Directivbehörden der ganze Veredlungsverkehr in den Fällen von § 1 Ziff. 5+6 stattfinden dürfe, beibehalten werden solle, während die Deutschen vorschlagen, in allen diesen Fällen die Hauptzollämter zur einfachen Abfertigung zu ermächtigen. Der Unterschied ist offenbar ein ganz prinzipieller: nach der Fassung des Stuttg. Vertrages hat dieser Veredlungsverkehr eigentlich kein vertragsmässiges Recht; sondern es ihm nur die A ussichteröffnet, dass man ihn zulassen wolle, u. im Schlussatz von Art. 5 der Anlage C ist ausgedrükkt, dass man sich über die Voraussetzungen verständigen wolle, unter welchen man die Erlaubniss aus Rükksichten der Zollsicherheit verweigern dürfe. Dass man sie aber aus ändern Gründen (zB. um eine Beschädigung einheimischer Gewerbszweige zu verhüten) versagen könnte, ist durch jene Fassung wenigstens nicht ganz ausgeschlossen. Jedenfalls bleibt eine starke arbiträre Befugniss der Zollbehörden übrig u. diese behalten es in ihrer Hand, den ganzen Veredlungsverkehr zu sistiren. Anders dagegen verstehen jetzt die Deutschen die Sache; sie sagen: wenn wir vorn im Vertrage diesen Verkehr ausdrükklich als einen berechtigten erwähnen u. ihm Zollfreiheit zusichern, so können wir im Schlussprotokoll nicht mehr von einer «Erlaubniss» reden, die in einem Falle ertheilt, im ändern verweigert werden könnte. Vielmehr ist die Erlaubniss ein- für allemal durch die betreffende Vertragsbestimmung gegeben & es handelt sich im Einzelfall lediglich um ein Abfertigungsverfahren, das den Zwekk hat, Defraudationen zu verhüten u. festzustellen, dass die für den Veredlungsverkehr vorgeschriebenen Formen & Cauteln wirklich innegehalten sind. Die Deutschen sind nun geneigt, die Sache ganz in dem letztgedachten Sinne zu erledigen & demgemäss überall nicht von einer Erlaubniss, sondern lediglich von der Abfertigung zu reden; dass dann diese ganz wohl von den Hauptzollämtern erfolgen dürfte & demgemäss eine Intervention der Directivbehörde überflüssig wäre, ergibt sich von selbst. Es frägt sich nun, ob Schweiz. Seits gegenwärtig ein Bedenken besteht, den Deutschen auf diesem gegenüber dem Veredlungsverkehr so liberalen Wege zu folgen; bestände prinzipiell keine Opposition, so würde wohl auch die Divergenz: ob Directivbehörde oder Hauptzollamt, ihre Erledigung finden. Entgegensetzten Falls drohten die Deutschen, dann lieber den ganzen Veredlungsverkehr (Ziff. 6 & 7 jedenfalls) wegfallen zu lassen; denn es widerstrebe ihnen, im Vertrage etwas als statthaft zu erklären & die Zollfreiheit dafür zu proclamiren, während dann im Schlussprotokoll durch das arbitraire, das der Verwaltung eingeräumt, im Grunde Alles wieder zu nichte gemacht werde. Wir können das Richtige dieser Argumentation nicht leugnen & möchten empfehlen, den Widerstand fallen zu lassen, falls nicht grosse Bedenken bestehen, die wir nicht zu übersehen vermögen. Jedenfalls wird deutscher Seits grossen Werth auf die Sache gelegt u. man liess sogar durchblikken, dass möglicher Weise die ganze Frage zur conditio sine qua non gemacht werden könnte. Wir müssen sehr wünschen, dass über diesen Gegenstand uns sobald wie möglich telegraphisch Mittheilung gemacht werde, ob wir der deutschen Auffassung beitreten dürfen oder nicht: wir wiederholen, dass wir annehmen, falls im Prinzip beigepflichtet wird, dürfte man wohl auch kein Bedenken tragen, in Betreff der Behörden die Hauptzollstätten zur Abfertigung als competent zu erklären. Eventuell hätten die Deutschen nichts dagegen, wenn gesagt würde: «DieDirectivbehörden, bz. We. die von denseiben mit Delegation versehenen Ämter od. Zollstätten.»
Während ich am Schreiben dieses Berichtes sitze, geht mir das lange ersehnte Schreiben4 zu ganz ungewohnter Stunde (3 Uhr) zu: da es den Poststempel der Grosshz. Badischen Staatsbahn nicht trägt, so ist es wohl falsch geleitet worden & deshalb verspätet eingetroffen. Es zeigt sich, nach Einsichtnahme desselben, dass im Telegramm von gestern die Buchstaben überall sich auf meinen Brief vom 9. April5 beziehen; wir hatten sie irrthümlich auf die Bezeichnungen in der Depesche vom 16. April6 bezogen & infolge dessen Mehreres ganz falsch, Anderes gar nicht verstanden. Jetzt sind wir über Alles edificirt u. es zeigt sich, dass fast gar keine sachlichen Differenzen mehr bestehen. Auch der oben sub. Ziff. 1 geäusserte Zweifel, ob wir eventuell Anlage A I zulassen dürfen, hebt sich danach, indem der BR. das Fallenlassen nur eventuell zugibt. Setzt also Baden gar hohen Werth auf die Beibehaltung, so sind wir ermächtigt, ihr zuzustimmen. Bios in Betreff des Veredlungsverkehrs bleibt die Frage, wie sie oben gestellt worden, nach wie vor zu beantworten & gewärtigen wir darüber gfl. Weisung.
Bei Art. 8 (Ohmgelder) ist die Fassung, wie ich sie in meinem Schreiben vom 16. April skizzierte, deutscher Seits heute zugestanden worden: der Status quo, wie er nach Beilage F. zum Schweiz.-französ. Handelsvertrag sich herausstellt, ist also formell gewahrt u. auch die Bierfrage durchaus befriedigend gelöst. Ebenso sind bei Art. 1 der Anlage C (Stuttg. Vertr.) die Handelsreisenden sowohl als die Niederlagshäuser fallen gelassen worden. Unsere Forderung ist vollständig zugegeben. Noch habe ich mit Bezug auf den, mir diesfalls gewordenen Spezial-Auftrag zu melden, dass condensirte Milch in nächster Zeit (gelegentlich der im Zuge befindlichen Revision des Waarenverzeichnisses) voraussichtlich von jedem Zoll befreit, d.h. gleich der natürlichen Milch behandelt werden wird. Der Umstand, dass neulich auch das Fleisch-Extract dem wirklichen Fleische gleichgestellt wurde, kam dabei wesentlich zustatten.
Über die Literar-Convention werden wir morgen (Dienstag) eine vorläufige Berathung haben; wir gedenken daraufhinzuwirken, dass Art. 1 Schluss. & Art. 3 ganz fallen gelassen werden, weil wir hier (nach wie vor) eine grosse Gefahr für ein effectives Gegenrecht der Schweiz. Erzeugnisse erblikken.
Nachschrift. Bei nochmaliger Durchlesung der heutigen Instruction steigt mir noch ein Bedenken auf: wir haben heute in der Conferenz (eine Stelle des Telegramms interpretirend) folgende Erklärung am Schlussprotokoll (die auch genehmigt wurde) vorgeschlagen:
«Die vertragenden Theile behalten s. vor, über die Zollabfertigung des internationalen Verkehrs auf Eisenbahnen eine gesonderte Übereinkunft abzuschliessen & man ist einverstanden, dass dabei die bezügl. Convention v. 1862 zw. Deutschland & Frankreich zu Grunde gelegt werden soll.»
Geht dies nach den Aussichten des h.BR zu weit? Ich bitte hierüber ebenfalls um telegr. Bescheid, wo möglich im Laufe des Mittwoch. Noch bemerke ich, dass die schriftl. Instruction (auch wenn man der divergirenden Buchstabenbezeichnung Rechnung trägt) mit dem Telegramm in mehrfachem Widerspruch steht; namentlich scheint das Telegramm zu sagen, man dürfe auf einen Artikel = § 18 Abs. 1 des deutsch-östreichischen Vertrages, selbst mit Erläuterung am SchlussProtokoll, nicht eintreten; die schriftl. Instruction sagt genau das Gegentheil. Wir nehmen, falls nicht Anderes kommt, an, dass die ausführlichere schriftliche Meldung gelte. Man scheint auch deutscher Seits auf die fragliche Bestimmung einen sehr hohen Werth zu legen. Im Telegramm heisst es auch: «S. 4 beibehalten», d. h. Tarif-Erläuterungen; im Brief dagegen steht hievon gar nichts, woraus wir glauben schliessen zu dürfen, dass Sie auf diese – auch wirklich sehr werthlosen – Erläuterungen keinen Werth mehr legen.
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