Classement thématique série 1848–1945:
I. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ÉTATS
I.20 RUSSIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 2, doc. 120
volume linkBern 1985
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E6#1000/953#206* | |
Old classification | CH-BAR E 6(-)1000/953 44 | |
Dossier title | Handelsverhältnisse: Auszüge aus dem Protokoll des Bundesrates, Korrespondenzen (1849–1868) |
dodis.ch/41653
Die Expertencommission, eingesezt um den Zolltarif zu revidiren, an deren Arbeiten theilzunehmen auch ich berufen worden, hat ihre Aufgabe gelöst & ist auseinandergegangen. Das von dieser Commission aufgehäufte Material geht jezt an eine engere Commission, von da an den Reichsrath. In der Commission der Experten standen sich 2 Ansichten diametral gegenüber, die der Importeure & die der hiesigen Fabricanten. Leztere begriffen ihre Zeit so wenig, dass sie durchwegs sogar höhere als die bisherigen Schutzzölle verlangten, ohne für dieses eigenthümliche Begehren irgend plausible Gründe Vorbringen zu können. Ihren Forderungen gegenüber betonten die Importeure & auch die Vertreter der Regierung, dass ja der Zweck gegenwärtiger Zollrevision sei, die jetzigen hohen Sätze zu ermässigen, da doch anzunehmen sei, dass die russische Industrie in 11 Jahren (seit 1857, von wo der jetzige Zolltarif datirt) sich um so viel gehoben habe, um eine Verminderung des Schutzzoll^ zu ertragen. Die beiden Partheien brachten es zu keiner Einigung & so stehen bei fast allen §§ die Vorschläge der Importeure neben denen der Fabricanten & wird es die Aufgabe des Reichsrathes sein, einen Ausgleich aufzufinden. Nach der Strömung, die leider in den höchsten Regionen herrscht, & die jedem russischen Begehren, eben & allein weil es ein russisches ist, nur allzufreundlich entgegenkommt, ist kaum zu hoffen, dass der neue Zolltarif ein liberalerer sein wird als der frühere, was aber schon jezt fest steht, ist, dass er eben so complicirt, ebenso wenig übersichtlich angelegt ist als der alte. Der preussische Handelsminister & der Zolldirektor haben diese wenig erbauliche Überzeugung auch von hier mit nach Hause genommen. Einer der wenigen §§, bei denen Einstimmigkeit zwischen dem betreffenden Fabricanten & den Handelsleuten geherrscht, & der jedenfalls in der Fassung angenommen wird, wie ihn die Expertencommission formulirt hat, ist der § über den Tüll, der für die St. Galler Industrie von Wichtigkeit ist; er lautet:
Tüll für Möbeln, in Mustern gewirkt & gestickt, dessgleichen Tüll Gardines & Mousseline Gardinen jeder Art, zahlt 40 cop pr. £, anstatt bisher R. 4.40 pr. £.
Glatter Tüll für Kleider, in Mustern gewirkt & gestickt zahlt R. 2. – pr. £, anstatt bisher R. 4.40.
Im Ganzen ist die Lage des russischen Reiches eine traurige, der Branntweinverbrauch nimmt in erschreckender Weise zu, so dass die Branntweintaxe in gar keinem Verhältniss zu der nur schwach zunehmenden Bevölkerung wächst, Viehseuchen & Missernten, zum Theil Folge irrationeller Behandlung des Viehes & Bodens, drücken die Landwirtschaft darnieder, eine gewissenlose Verwaltung der Bahnen lähmt den Verkehr, & sollte die altrussische, für eine Verlegung der Hauptstadt nach Moskau & eine aggressive, der Idee des Panslawismus dienenden Politik schwärmende Parthei, noch längere Zeit & in höherem Masse als diess schon leider bis heute der Fall ist, ihren Einfluss behalten, so sieht Russland einer traurigen Zukunft entgegen. Hoffen wir, dass der Herrscher sich soviel klaren Blick bewahrt hat, um noch früh genug einzusehen, wohin ihn seine Umgebung zu leiten gedenkt.
Man spricht von einer dritten inneren Prämien-Anleihe, welche in Loosen von 25 R. im Betrage von R. 200 Millionen in diesem Frühjahre zur Ausgabe kommen soll; auch neues Papiergeld ist in grossen Massen angefertigt worden & soll noch in diesem Jahr das alte ersetzen.
- 1
- Rapport: E 6/44.↩