Classement thématique série 1848–1945:
I. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ÉTATS
I.3. AUTRICHE-HONGRIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 2, doc. 106
volume linkBern 1985
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E19#1000/43#1493* | |
Old classification | CH-BAR E 19(-)1000/43 154 | |
Dossier title | Rheinkorrektion im Kt. St. Gallen (Grenze Kt. Graubünden bis Bodensee) (1866–1867) |
dodis.ch/41639 Le Chargé d’Affaires de Suisse à Vienne, J.J. von Tschudi, au Président de la Confédération, C. Fornerod1
Gestern Abends liess mir Hr. Ministerialrath Ritter von Passetti sagen, dass er sehr bedaure mich jezt noch nicht besuchen zu können, um mir Mittheilungen über die Constanzerconferenz zu machen; er sei jezt noch von den Vorarlberger Agitatoren und ihren Agenten so überwacht, dass er es vorziehe, mir seinen Besuch erst dann abzustatten, wenn er den ausführlichen Bericht über seine Mission dem Ministerium übergeben habe.
Nach den mir durch die Mittelsperson gewordenen Mittheilungen ist Hr. v. Passetti überzeugt, dass das Fussacherproject durchdringen werde. Oberbaurath Kink soll sich bei der Conferenz geradezu lächerlich gemacht haben, mit Hartnäkkigkeit an seinem Projecte festgehalten, aber auf das meritorische der verschiedenen Pläne gar nicht eingetretten sein; seine ganze Haltung sei der Art gewesen, dass Jedermann habe erkennen können, dass er nur für das von den Vorarlbergerfabrikanten erhaltene Geld Opposition mache. Hr.v. Passetti kann seinen Bericht erst dann abgeben, wenn der Bericht von der Statthalterei in Innsbruck eingelaufen sein wird, da er ein Superarbitrium über denselben abzustatten hat.
Er glaubt, dass das Referat des Statthaltereirathes, der den Vorsitz bei den Conferenzen hatte, ganz unpartheiisch, also dem Fussacherdurchstiche günstig ausfallen werde; er selbst steht fest, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln dafür
Hr.v. Passetti will dem Hr. Reichskanzler geradezu den Vorschlag machen, er solle die drei Hauptagitatoren, nämlich Gysi, dessen Schwiegersohn Baron Seiffertitz und Jenni und Schindler einzeln kommen lassen und sie fragen, was sie verlangen, um von ihrer Opposition abzustehen, und die ausgesprochene Forderung ihnen gleich auszubezahlen lassen, dann werde sich in Vorarlberg kaum noch eine ernstliche Stimme gegen den Fussacherdurchstich erheben.
Ich finde dieses Mittel gefährlich und, obgleich diesen Herren gegenüber vielleicht das wirksamste, doch immerhin unmoralisch. Ich bin auch überzeugt, dass Baron Beust auf den Vorschlag nicht eingehen wird, denn wenn er einmal ganz au fait der Motive ist, die diese Leute zur Opposition bewegen, so soll er auch andere Mittel und Wege finden, um dieselbe unschädlich zu machen. Hr. von Passetti macht durchaus keinen Hehl daraus, dass nur der äusserst lucrative Schmuggel der wahre Grund der hartnäckigen Gegnerschaft dieser Fabrikanten ist und er erzählt unverholen und offen folgendes: er habe in Vorarlberg festgestellt, dass das Haus Jenni und Schindler bei einem so grossartigen Schleichhandel betroffen wurde, dass es eine Strafe von 56 000 Fl. hätte bezahlen müssen; einer der Herren dieses Hauses sei dann nach Wien gereist und hier «um 10000 Fl. leichter» geworden (wörtliche Ausdrüke des Herrn v. Passetti) und bald darauf sei aus dem Finanzministerium ein Erlass an das betreffende Zollamt nach Vorarlberg abgeschikt worden, in welchem erklärt wurde, die Anklage gegen das Haus beruhe auf einem Irrthum und die Strafe betrage nur einige um fünfzig Gulden!
Wenn Herr v. Passetti von dieser Thatsache, wie es seine Pflicht ist, richtigen Gebrauch macht, so kann es der Regierung ja ein Leichtes sein, die Vorarlberger Cotterie zu sprengen und unschädlich zu machen.
Ich ersuche Sie diese Mittheilungen vorerst als confidentiel zu betrachten. Ich werde die ganze Angelegenheit scharf im Auge behalten und bei passender Gelegenheit im Interesse des Fussacherprojectes, von dem hier Mitgetheilten vorsichtig Gebrauch machen.
- 1
- E 20/80.↩
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