Classement thématique série 1848–1945:
I. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ÉTATS
I.12 FRANCE
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 2, doc. 73
volume linkBern 1985
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2#1000/44#466* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2(-)1000/44 86 | |
Titre du dossier | Luxemburgerfrage, 1867 (1867–1867) | |
Référence archives | B.265 |
dodis.ch/41606
Ich hatte gestern während eines Diner im Palais de Luxemburg an der Seite des Senatspräsidenten Troplong u. nach demselben durch eine lange Unterredung mit dem neuen Präsidenten des Corps-législatif Schneider so wie mit Graf v. Golz, dem preussischen Botschafter, erwünschte Gelegenheit gefunden, über die neueste politische Situation die bisher Ihnen mitgetheilten Renseignements zu vervollständigen. Um desto sicherer zu gehen, u. zu erfahren, ob vielleicht neue Berichte eingegangen seyen, begab ich [mich diesen Vormittag noch zu Golz, der sich über eine halbe Stunde mit grosser Offenheit über die Sache mit mir unterhalten hat. Ich kann Ihnen daher folgendes mittheilen, ganz vertraulich. Troplong & Schneider würden es sehr bedauern, wenn diese Luxemburgerfrage Anlass zum Ausbruch eines Krieges werden sollte. Aber, nachdem sie einmal aufgenommen worden u. ganz in die Öffentlichkeit übergegangen sey, kann der Kaiser nicht zum zweitenmale Preussen nachgeben, ohne seine ganze Stellung zu compromittiren. Auf meine Erwiederung, dass mir der einzige Ausweg der zu seyn scheine, wenn man für jezt die Cession des Grossherzogthums Luxemburg ganz bei Seite Hesse, wenn die Mächte, welche die 1839er Verträge unterzeichnet haben, jezt wo die Sachlage in Folge Auflösung des deutschen Bundes sich ganz geänderthabe, sich aussprechen würden, ob denn doch das Besazungsrecht noch fortbestehen könne für Preussen. Wie sie sich auch aussprechen (wahrscheinlich verneinend), so wäre eine Unterordnung unter einen solchen Entscheid für den Nationalstolz der einen od. ändern Nation eher annehmbar als ein Zurüktreten von gestellten Forderungen direkte unter den Mächten selbst. Mir kam vor, dass die beyden obengenannten einflussreichen Magistraten dieser Ansicht durchaus nicht entgegen seyen, ohne dass sie aber sich darüber vernehmen Hessen, ob das Gleiche auch der Fall seyn werde bei der Kaiserl. Regierung.
Graf Golz war gestern in sehr aufgeregter Stimmung u. beschwerte sich mir gegenüber bitter darüber, dass Moustier den Depeschen v. Benedetti immer mehr Glauben beymesse als seinen (des Grafen Golz) amtlichen Erklärungen. Zudem sei die ganze Geschichte aus den hiesigen ministeriellen in höchst ungeschikter Weise in die offiziösen öffentl. Blätter übergegangen. Wenn die Franzosen sagen, sie hätten 3/4 Stimmen in Luxemburg bei allfälliger Abstimmung in dem Herzogthum Luxemburg, so sey diess in so fern ganz falsch, als man dabei folgendermassen zu operiren gedenke: Man würde erklären, der König v. Holland verzichte auf seine Souveränität über Luxemburg u. es handle sich nur noch darum, ob die Luxemburger Frankreich od. Deutschland anexirt werden sollen. Ja bei einer solchen Abstimmung wäre es wohl möglich, fügte er bei, dass die Mehrheit für Anschluss an Frankreich sich erklären würde. Würde dagegen die Frage so gestellt: Will Luxemburg sich an einen ändern Staat anschliessen, od. aber seine Autonomie behalten, sich selbst od. aber wie bisher dem König v. Holland angehören; so würde leztere Frage beinahe mit Einmuth bejahend entschieden werden. Auf meine Anfrage: ob Preussen nicht zu einer Conferenz der Mächte, welche die 1839er Verträge Unterzeichneten, Hand bieten würde, antwortete mir Golz; er wolle nicht unbedingt «Nein» sagen. Persönlich sey er sogar dieser Idee durchaus nicht abgeneigt; denn er fühle wohl, die Rechtstitel auf Fortdauer der Besezung einer ehemaligen Bundesfestung seien allerdings schwach. Von der Regierung habe er über eine solche Frage bis jezt noch keine Weisung erhalten. Man dürfe nicht vergessen, es sei in Preussen eine starke Parthei, die folgendermassen räsonnire: «Weil Frankreich wegen dieser Luxemburger Frage die Sache auf die Spitze treibe, so liegt hierin ein schlagender Beweis, dass Frankreich nun einmal die neueste Machtentwiklung Deutschlands nicht dulden will. Es wird u. muss daher etwas früher od. später doch zum Kriege kommen. Preussen & ganz Deutschland ist gegenwärtig besser zum Krieg vorbereitet als Frankreich. Darum lieber jezt losschlagen als Frankreich noch mehrere Monate einräumen, um seine Bewaffnung zu verbessern u. seine Kriegsrüstungen überhaupt zu vervollständigen.» Diess das raisonnement der Kriegsparthei in Berlin.
So viel ist sicher, dass Frankreich eine sehr grosse Zahl v. Tornistern u. Schuhen für die Armee in neuester Zeit bestellt hat. «Je mehr die Überzeugung Boden gewinne, dass ein Krieg mit Frankreich doch nicht zu vermeiden seyn werde, desto weniger sei man geneigt, in der Luxemburgerfrage nachzugeben.» Immerhin aber sey es doch noch möglich, dass eine Conferenz der 1839er Mächte den Ausbruch des Krieges zur Zeit verhindern könnte. Der König sei nicht abgeneigt, der schwierigen Stellung, in welcher der Kaiser der Franzosen durch die Entwiklung der Dinge in Deutschland u. sein ruhiges Zusehen gebracht worden sey, Rechnung zu tragen.» Der Gesammteindruk, den meine gestrigen Unterredungen u. die heutige mit Golz in mir zurükgelassen haben, ist der, dass denn doch noch Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, dass der Frieden wenigstens für einige Zeit noch erhalten werden könnte. Aber es wird immerhin ein prekärer Friede seyn, die Missstimmung der Franzosen über die Machtentwiklung von Deutschland in Folge der Ereignisse des lezten Jahres ist so allgemein u. so gross, u. die Elemente der Unzufriedenheit im Innern haben sich in dem Maasse angehäuft, dass man immer wieder zum Schlüsse gelangen wird, es werde der Kaiser, wenn ihm auch das Gewagte des Unternehmens kaum entgehen kann, dazu gedrängt werden, für alle diese Elemente eine Ableitung durch Aufruf zu einem Kampfe mit Preussen, die bei den Franzosen nun einmal immer noch verhasst sind, eine Ableitung zu verschaffen.
Die Schweiz wird daher wohl thun, der jezigen Situation die verdiente Aufmerksamkeit zuzuwenden, um jederzeit für Vertheidigung ihrer Neutralität u. Unabhängigkeit gerüstet zu seyn, wobei jedoch die gewöhnlichsten Klugheitsrüksichten gebieten, möglichst wenig Aufsehens zu machen; sondern im Stillen auf Ergänzung des Mangelnden, insbesondere auf rasche Umwandlung unsrer Waffen in Hinterlader bedacht zu seyn. Ich bezweifle nicht im mindesten, dass Sie gewiss in diesem Sinn die nöthigen Vorkehren geschaffen haben od. soweit nöthig noch treffen werden.
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- E 2/466.↩
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