dodis.ch/41548

Le Chargé d’Affaires de Suisse à Vienne, L. Steiger, au Président de la Confédération, J. M. Knüsel1

In meiner Depesche vom 22. d. M.2 habe ich die Befürchtung ausgesprochen, dass wenig Hoffnung mehr zur Erhaltung des Friedens sei und als ich diese Zeilen geschrieben, war die Ansicht vollkommen richtig, denn meine Berichterstatter, die aus dem Staatsministerium kamen, zweifelten vollkommen an dem guten Willen Preussens, zu entwaffnen. Die von dem Kaiser direkt unternommenen Versuche haben bis jetzt zu keinem Resultate geführt, denn Preussen wird die besten Versicherungen geben, allein, es wird nicht entwaffnen. Österreich hat in den 2 Tagen an die Aufrichtigkeit dieser Versicherungen geglaubt, allein ich glaube nicht, dass man hier mit grosser Energie bei der Entwaffnung vorgehen wird, und die heute Telegr. Depesche der norddeutschen allgemeinen Zeitung, dass Preussen eine Armirung gegen Italien als Kriegsfall ansehen müsste, dürfte doch dem Blindesten endlich die Augen öffnen. Preussen ist zu weit gegangen, es will den Krieg und wird Österreich früher oder später dazu treiben. Die schwankende unhaltbare Politik, welche Graf Mensdorff seit 3 Wochen befolgt, kann Österreich vor Ausbruch des Krieges in eine unheilvolle Krisis bringen. Dass Baron Werther wegen der Bewaffnung in Italien eine Note an Graf Mensdorff übergeben habe, ist bis jetzt in den dipl. Kreisen nicht bekannt.