Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.9. France
I.9.3. Réfugiés
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 1, doc. 495
volume linkBern 1990
Plus… |▼▶Emplacement
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2#1000/44#722* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2(-)1000/44 495 | |
Titre du dossier | Attentate auf Kaiser Napoleon III. (1852–1867) | |
Référence archives | B.121.21.06.01 |
dodis.ch/41494
Gerne entnehme ich aus Ihrer heute erhaltenen Depesche2, dass Sie, wie es scheint, mit den in meinen Depeschen3 betreffend das Attentat ausgesprochenen Ansichten einverstanden sind und ich lasse – um ja keine Zeit zu verlieren – im Sinne derselben noch heute ein Schreiben an das Ministerium des Äussern abgehen4, obwohl ich persönlich morgen zur Audienz gehe. Es ist vorauszusehen, dass Frankreich so grellen Missbrauch des Asyls unter Mitwirkung eines Flüchtlings, der schon so lange und so allgemein als gefährlich bekannt war wie Mazzini, der in der Schweiz überdies schon wegen Asylmissbrauch ausgewiesen war5, nicht ohne ernste Vorstellungen hinnehmen wird. Nur eine ernste und prompte Initiatives on unsrer Seite kann einigermassen aussöhnend einwirken. Das ist meine vollendete Überzeugung, die ich im Intresse unsers Landes mit aller Entschiedenheit ausgesprochen für Pflicht erachtete.
Sie sehen, wie die öffentlichen Blätter aller Staaten unisono über dieses Attentat, womit den Freiheitsbestrebungen nur geschadet werden kann, ihren Abscheu zu erkennen geben, ganz besonders die italienischen und englischen Blätter aller Partheien. Auch die republikanische Opposition im Corps législatif hat durch ihren Führer Favre ihr «sentiment d’horreur et d’exécration» energisch manifestirt. Sie können sich denken, wie nicht bloss ich, sondern alle Schweizer, die ich in den lezten Tagen zu sprechen Anlass hatte, von einem peniblen Gefühl durchdrungen sind, dass in der Schweiz durch wiederholten längern Aufenthalt des intelectuellen Urhebers Mazzini ein derartiges Complott ausgebrütet und vorbereitet werden konnte.
Seit meinem gestrigen Bericht habe ich nun auch die Erwiederung auf meine Mittheilungen vom 11. October 18626 aufgesucht, und dieselben gefunden in Ihrem Schreiben vom 13. October 1862.7 Welch bedenkliche Folgen hätte es für die Schweiz haben können, wenn das Attentat gelungen wäre, was ohne die wachsame französische Polizei, die diesmal besser unterrichtet war als beim Attentat von Orsini8, leicht möglich gewesen wäre! Wie ich vernehme, soll Mazzini wiederholt längere Zeit, einmal krank darniederliegend, in Lugano sich aufgehalten haben und sein Aufenthalt dort offenkundig gewesen seyn.
Sie sehen aus einem Artikel im Organ von Palmerston, in Morning Post (s. Beilage)9, wie man sich dort darüber vernehmen lässt, dass das Verbrechen nicht auf englischem Gebiet complottirt worden sey, während Mazzini, von dem ja bekannt war, dass er politischen Meuchelmord nicht scheut, um zu seinem Zweck zu gelangen, von London aus seine gefährlichen Umtriebe ausführte und abermals die Schweiz zu compromittiren sich nicht scheute; – und zwar in einer Weise, welche nur durch prompte und strenge Untersuchung sich etwelchermassen aussühnen lässt. Lezteres ist die Ansicht aller Landsleute, von denen mir manche ihr lebhaftes Bedauern bereits zu erkennen gegeben haben. Ich hoffe, morgen einlässliche Berichte über meine neuesten Mittheilungen zu erhalten.10
- 1
- Rapport: E 2/722.↩
- 2
- «Nous avons déjà ordonné enquête exacte en suite des résultats d’instruction communiqués par journaux, pour autant que cela peut concerner Suisse. Veuillez en informer Gouvernement impérial tout en exprimant nos regrets» (E 2200 Paris 1/63).↩
- 3
- Des 11 et 12 janvier 1864, non reproduites.↩
- 4
- E 2200 Paris 1/67.↩
- 5
- Cf. No 66, note 7.↩
- 6
- Sur des plaintes de la France au sujet de libelles contre la famille impériale et de l’activité de réfugiés français à Genève (E 2200 Paris 1/55).↩
- 7
- E 2200 Paris 1/55. Sur Mazzini, le Conseil fédéral écrivait: Gegen Mazzini ist allerdings am 30. Januar 1850 ein Ausweisungsbeschluss erlassen worden, allein solche Beschlüsse werden nach der jedesmaligen politischen Situation modifiziert und gelten nicht absolut für alle Zukunft. Zu neuen Massregeln könnte nur dann geschritten werden, wenn Mazzini sich eines Asyl-Missbrauches schuldig machen sollte. Schon vor einiger Zeit haben diesfalls von Seite der hiesigen italienischen Gesandtschaft vertrauliche Reklamationen dahin stattgefunden, dass Mazzini sich im Tessin aufhalte und dass dort Flüchtlingsversammlungen stattfinden. Eingezogene Erkundigungen ergaben jedoch, dass an den sogenannten Versammlungen nichts war und dass Mazzini möglicherweise unter einem ändern Namen einmal in Lugano gewesen sein mag.↩
- 8
- Cf. No 297.↩
- 9
- Non reproduit.↩
- 10
- Cf. la lettre de Dubs à Kern du 19 janvier 1864, le rapport du Chefdu Département de Justice et Police Knüsel du 21 janvier 1864 et la lettre du Conseil fédéral à Kern du 26 janvier 1864, qui invite ce dernier «dem kaiserlichen Herrn Minister der Auswärtigen Angelegenheiten bei Anlass einer Audienz über den Stand der Sache mündlich geeignete Mittheilung zu machen; dabei werden Sie darauf hinweisen, dass der Bundesrath nach der jezigen Aktenlage unmöglich sich davon überzeugen könne, dass das Komplott im Tessin verabredet worden sei».↩
Tags