Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.11. Italie
I.11.4. Chemins de fer
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1, doc. 462
volume linkBern 1990
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.154-01#1000/226#33* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.154-01(-)1000/226 29 | |
Dossier title | Korrespondenz der Eidg. Behörden (1859–1863) | |
File reference archive | A |
dodis.ch/41461 Mein lieber Herr Tourte!
Ich vernehme, dass ein französischer Ingenieur den Auftrag erhalten hat, die Simplon-Eisenbahn zu studiren. Er ist von der französischen Regierung geschickt und wird von ihr bezahlt. Ostensible aber erscheint er im Namen der Compagnie de la Ligne d’Italie. Ich ersuche Sie nun, ganz inoffiziös zu erfahren, ob das italienische Ministerium etwas kennt von den Projekten der französischen Regierung bezüglich auf die Simplonbahn; ob Italien wirklich je Hand bieten würde und Subventionen bewilligen würde für eine Simplonbahn (neben Mont-Cenis und Lukmanier). Ich für mich glaube es nicht; nur Frankreich kann politisches Interesse am Simplon nehmen. Die ganze Frage halte ich deshalb für wichtig, weil damit die Frage der Annexion von Wallis, Genf und der westlichen Waadt zusammenhängt.2
Von Kern in Paris erfahren wir von politischen Ereignissen und «Geheimnissen» am allerwenigsten. Stehen Sie in keiner direkten Korrespondenz mit ihm? Versuchen Sie es einmal. Ich werde ihm selbst den nämlichen Rath geben.
Ich rathe Ihnen ferner, der Frage eines schweizerisch-italienischen Handelsvertrages alle Aufmerksamkeit zu schenken. Nehmen Sie das Verdienst der Initiative. Suchen Sie vor Allem zu erfahren, wie es mit dem französisch-italienischen Vertrage steht; ob er bald zum Abschluss kommt u. s. w.; ferner: korrespondiren Sie mit allen unsern Konsuln in Italien direkt; fragen Sie sie an, was sie über die Handelsvertragsfrage denken, verlangen sie ihre Rathschläge; alles vorläufig von Ihnen aus, und dann erstatten Sie Berichte an den Bundesrath.3 Kurz: studiren und agitiren Sie die Handelsvertragsfrage.
Ein Weiteres gebe ich Ihnen zu bedenken: machen Sie uns einen ausführlichen Bericht über die schweizerischen Konsulatsverhältnisse in Italien. In meinen Augen ist da eine dringende Reorganisation von Nöthen. Das General-Konsulat in Turin muss wegfallen; was nützt und macht denn dieser Geisser? Weg mit ihm. Und das General-Konsulat in Neapel steht auch nicht richtig da, wenn wir einen Gesandtschaftsposten in Turin haben. Studiren Sie auch dieses Verhältnis, machen Sie Ihre ganz unmassgeblichen Anträge. Senden Sie uns den «italienisehen Staatskalender», und Bericht, wie andere Staaten in Bezug auf Konsulate in Italien vertreten sind.
Rechargiren Sie in der Bisthums frage. Wir müssen darauf dringen, dass die Sache vorwärts geht. Seien Sie lieber zu zudringlich, als umgekehrt. Wegen zu grossem Eifer haben Sie keinen Tadel zu gewärtigen.4
Und in der Pensionsfrage: treten Sie mehr in direkte Verbindung mit Meurikofer, lassen Sie sich von ihm genauen Bericht geben und rapportiren Sie dann an uns.5
Sie werden sagen, dass seien viele Räthe; allein sie sind des Besten gemeint.
Noch mehr: sehr interessant wäre für uns, wenn wir mehr unterrichtet würden über die militärischen Fortschritte in Italien. Über neue Militärorganisation, über Militär-Unterricht, über Bewaffnungsart u. s. w.
Ziehen Sie aus Allem diesem nicht den Schluss, dass ich Ihnen den Vorwurf der Nachlässigkeit machen wolle: weder Kern noch Steiger haben in all’diesen Richtungen mehr gethan wie Sie. Aber wenn Sie meine Winke befolgen, werden Sie bald den Ruf unseres besten Vertreters haben.
Für die Vermittlung unserer vertraulichen Briefe finde ich vor der Hand eine Zwischenadresse nicht nöthig. Alles, was ich vertraulich schreibe, übernehme ich im Nothfalle auch öffentlich zu vertreten, und das Gleiche ist gewiss auch bei Ihnen der Fall.
- 1
- Lettre: E 2200 Turin 1/29.↩
- 2
- Le 18 septembre 1862, Tourte écrit à Stämpfli: A tort ou à raison, on considère, dans la haute Italie, le passage du Simplon comme une concurrence inutile et ruineuse au Mont-Cenis; et comme une prise de possession anticipée, par la France, de Genève et du Valais, en vue de tenir l’Italie en échec par Milan. C’était aussi l’avis du Comte de Cavour (E 2300Turin 3).↩
- 3
- Dans son rapport à Stämpfli du 22 septembre 1862 (E 13(B)/208), Tourte se plaint de n’avoir pas reçu de réponse des consuls à sa circulaire du 18 août 1862 (E 2200 Turin 1/39).↩
- 4
- Cf. Message du Conseil fédéral du 15 juillet 1863, No 454.↩
- 5
- Cf. E 2/1134-1137.↩
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