Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.9. France
I.9.2. Relations commerciales
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1, doc. 425
volume linkBern 1990
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2300#1000/716#700* | |
Dossier title | Paris, Politische Berichte und Briefe, Militärberichte, Band 14 (1861–1861) |
dodis.ch/41424
Wie ich Ihnen am Schluss meines lezten Schreibens vom 24ten d. M. bemerkt habe2, so fand ich nach der kaiserlichen Audienz vom 23ten mich veranlasst, Herrn Thouvenel die schriftlichen Propositionen einzureichen für Einleitung von Unterhandlungen zum Zweck des Abschlusses eines Handelsvertrages und der gegenseitigen Abschaffung der Pässe für Reisende. Ich erklärte gestern in einer Audienz Herrn Thouvenel geradezu, dass ich für nöthig gefunden habe, dem Kaiser mit aller Offenheit auseinanderzusetzen, dass und warum jeder Versuch, mit solchen Fragen auch die Savoyerangelegenheit in Verbindung zu bringen, unzulässig und erfolglos wäre; nachdem ich wahrgenommen, dass die Idee, so verschiedenartige Fragen gleichzeitig behandeln und erledigen zu wollen, vorhanden sey. Ich habe aus den Äusserungen des Kaisers entnehmen können, dass er das Begründete meiner diesfälligen Einwendungen anerkenne, und unter diesen Umständen nehme ich nicht länger Anstand, im Auftrag des Bundesrathes die früher mündlich angedeuteten Eröffnungen zu machen. Herr Thouvenel, nachdem er die beiden Eingaben durchlesen, kam diesmal nicht mehr auf seine frühem Bedenken zurück, sondern liess vielmehr deutlich durchblicken, dass wir auf diese Propositionen eine affirmative Antwort erhalten werden. Er bemerkte mir dann nur noch, dass die Unterhandlungen, wie sie gegenwärtig mit Belgien in Conferenzen stattfinden, ausserordentlich ermüdend und schleppend seyen. Sie haben nun bereits 3 Monate gedauert, ungeachtet wöchentlich in der Regel 3 Conferenzen gehalten worden seyen, und selbst jezt sei noch nichts abgeschlossen, was indessen voraussichtlich bald erfolgen werde. Er gedenke, einen ändern, mehr mit früherm Usus in Übereinstimmung stehenden Modus vorzuschlagen, ohne jedoch für einmal über diesen Modus spezieller einzutreten. Es schien mir nur aus seinen Äusserungen hervorzugehen, dass er wenigstens die Hauptgrundlagen auf dem Wege der Correspondenz ausmitteln möchte. Ob dies aber schneller zum Ziele führe, möchte ich noch bezweifeln. Von den belgischen Abgeordneten selbst weiss ich, dass auch sie von diesen Conferenzen sehr ermüdet sind. Es sei oft sehr zäh zugegangen, und sie haben weit mehr und weit grössere Conzessionen machen müssen, als anfänglich in ihrer Absicht gelegen sei. Dies der Hauptgrund des langen Hinziehens der diesfälligen Verhandlungen.
Ich lege Ihnen in Beilage Abschriften bei von den Herrn Thouvenel zum Zweck der Einleitung der obenerwähnten Negotiationen überreichten zwei Noten vom 24. Merz: Beil. A., Note betreffend Unterhandlungen für Abschluss eines Handelsvertrages3 und Beil. B., Note für Unterhandlungen wegen Abschaffung der Pässe.4 Ich wählte in der Abfassung der Noten absichtlich nicht die Form der Anfrage: «ob man mit uns unterhandeln wolle?», da die Regierung in ihrem Exposé de la Situation de l’Empire5 selbst erklärt hat, «dass der Handelsvertrag mit England erst dann alle seine Früchte tragen könne, wenn er auf alle Länder ausgedehnt werde, welche Frankreich umgeben»; so schien mir besser, gewissermassen als bekannt vorauszusezen, es bedürfe nur der Bereitwilligkeit von Seite solcher Nachbarregierungen, um auch mit ihnen zu gleichem Zwecke in Unterhandlung zu treten. Sodann fand ich angemessen, darauf hinzuweisen, dass eine Verständigung über solche Fragen im Interesse beider Staaten liege, und dass die Schweiz umso eher Anspruch habe, die gleiche Erleichterung des Verkehrs zu erhalten, welche man ändern Staaten gewähre, als gerade sie von jeher dem französischen Handel und der französischen Industrie den am leichtesten zugänglichen, den freiesten Markt offen gelassen habe.
Wenn ich in der Note betreffend die Abschaffung der Pässe die Initiative, welche die französische Regierung in dieser Sache ergriffen habe, besonders betonte, so geschah es nicht ganz ohne Rüksicht auf Persigny, von welchem bekanntlich diese Massregel zunächst angeregt worden ist, und der in beiden Fragen bis jezt der Schweiz sich besonders günstig gezeigt hat («eine Art Captatio benevolentiae, si vous voulez»).
[...]6
Tags