Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.2. Autriche
I.2.3. Affaires du Tessin
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 1, Dok. 224
volume linkBern 1990
Mehr… |▼▶Aufbewahrungsort
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E22#1000/134#1588* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 22(-)1000/134 310 | |
Dossiertitel | Beschwerden des päpstlichen Geschäftsträgers gegen das tessinische Gemeindegesetze vom 13.6.1854, die Legge eclesiastico-civile vom 26.5.1855, das Ehegesetz vom 17.6.1855 sowie gegen die Priesterwahl in Stabio (1855–1855) | |
Aktenzeichen Archiv | 4.05.09 |
dodis.ch/41223
Die neuesten von der Regierung des Kantons Tessin ergriffenen kirchenfeindlichen Massregeln sind für uns der Gegenstand ebenso gerechten als lebhaften Bedauerns gewesen.
Wir haben auch Kenntnis erhalten von den unter dem 13. Juni und 2. Juli l.Js. von dem Erzbischof von Mailand und dem Bischof von Como erlassenen Hirtenbriefen, worin diese Oberhirten der katholischen Bevölkerung Tessin’s feierlichen Protest gegen das neue politisch-kirchliche Gesetz2 erheben und mit unwiderleglichen Gründen darthun, dass dessen Bestimmungen mit dem Wesen, der Verfassung und der hierarchischen Ordnung der katholischen Kirche, somit aber auch mit der Konstitution des Kantons Tessin selbst, deren lter Artikel die katholische Religion als Staatsreligion erklärt, im direktesten Widerspruche stehen.3
Die kaiserliche Regierung kann diesem Urtheile nur vollkommen beistimmen. Sie erblickt in der von dem Kanton Tessin mit so beklagenswerther Beharrlichkeit verfolgten kirchenfeindlichen Richtung eine Quelle der ernstesten Verlegenheiten, der unabsehbarsten Verwicklungen und der drohendsten Gefahren für den inneren Frieden der Schweiz.
Je aufrichtiger die Theilnahme ist, welche wir an der Ruhe und dem Glücke der Eidgenossenschaft nehmen, je lebhafter wir wünschen, die freundnachbarlichen Verhältnisse mit derselben von jeder Störung zu bewahren, um so mehr müssen wir die Vorgänge im Kanton Tessin beklagen, welche sowohl in der einen wie in der anderen Hinsicht uns Besorgnisse einzuflössen so sehr geeignet sind.
Wir hatten seiner Zeit die Hoffnung gehegt und dem Bundespräsidium gegenüber ausgesprochen, dass die nach Mailand zur Ausgleichung der Kapuziner-Angelegenheit entsendeten Deputirten dahin instruirt werden würden, bei diesem Anlasse mit den Ordinariaten von Mailand und Como die direkten Verhandlungen über die thatsächlich vollzogene Säkularisirung der Seminarien von Pollegio und Ascona wieder aufzunehmen.4 Diese Hoffnung ist nicht nur nicht in Erfüllung gegangen, sondern die Regierung von Tessin hat auch durch ihre neuesten Massnahmen den früheren, rücksichtlich der bischöflichen Jurisdiktionsund Eigenthumsrechte stattgehabten Übergriffen neue und noch gewaltsamere hinzugefügt.
Die Verwirrung in der Diöcesenverwaltung muss durch dieses Vorschreiten einen so hohen Grad erreichen, dass für die Herbeiführung eines besseren Zustandes allerdings kein anderes Mittel zu erübrigen scheint, als der Abschluss eines Konkordates, worauf auch der Klerus Tessins in seiner kürzlich an den grossen Rath gerichteten Bittschrift hingedeutet hat.
Wir können nur lebhaft wünschen, dass der Bundesrath durch sein eigenes Rechts- und Billigkeitsgefühl bewogen werden möge, seinen ganzen Einfluss zu dem ebenerwähnten Zwecke zu verwenden.
Ew. sind ermächtigt, die vorstehenden Betrachtungen dem Herrn Bundes-Präsidenten mitzutheilen, welcher, wie wir hoffen, die wohlwollenden Gesinnungen, die sie uns an die Hand gegeben haben, nicht verkennen wird.5
- 1
- Lettre (Copie): E 22/1588.↩
- 2
- Legge ecclesiastico-civile di 24 maggio 1855. Bulletino officiale della Repubblica e Cantone del Ticino, vol. XXXI (1855), p. 128-138.↩
- 3
- La Religione cattolica, apostolica e romana è la Religione del Cantone. Constitution du 23 juin 1830. Bulletino officiale della Repubblica e Cantone del Ticino, vol. XIV (1830–1832), p. 3. Cf. aussi les notes du Chargé d’affaires du Saint-Siège en Suisse, J. Bovieri, au Conseil fédéral, des 26 et 30 juin 1855, non reproduites.↩
- 4
- Cf. No 205.↩
- 5
- Le Conseil fédéral prit connaissance de cette note verbale dans sa séance du 16 juillet 1855 (E 1004 1/22, no 2678).↩
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