Empfangen Sie meinen verbindlichsten Dank für Ihre successiven gefälligen Mittheilungen über den Gang der Verhandlungen über die Zollangelegenheiten Deutschlands. Das Ende vom Lied wird sein, dass mit wenig Ausnahmen die alten Zolltarife fortdauern. Möglich wäre es, dass dann ein Handelsvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland zu Stande käme, doch hege ich nicht allzu sanguinische Hoffnungen in diesen Beziehungen, da man unser gegenwärtiges liberales System als keine Gegenleistung anerkennen will, sondern für Ermässigungen deutscherseits weitere Ermässigungen oder Zugeständnisse schweizerischerseits verlangt.
Ihre geschätzte Zuschrift vom 16.2 spricht sich gegen die Anwendung von Retorsionsmassregeln Seitens der Schweiz, im jezigen Augenblik, aus. Ich kann Sie darüber vollständig beruhigen, da in den schweizerischen Räthen gar nicht daran gedacht wurde, jezt im Ernste Retorsionsmassregeln einzuführen. Die Frage drehte sich vorzüglich darum, ob nicht jezt, und ehe eine feste Reconstituirung des Zollvereins erfolgt sei, eine Unterhandlung mit den Zollvereinsstaaten einzeln genommen leichter und erfolgreicher wäre. Ich würde diese Meinung unbedingt theilen, wenn die Schweiz mit den norddeutschen Staaten unterhandeln wollte, da aber die süddeutschen uns am meisten berühren und dieses die allerzähesten sind, so ist ein Erfolg zweifelhaft. Immerhin hat der Bundesrath beschlossen, Herrn Nationalrath Dr. Kern aus Thurgau nach Deutschland zu senden, um besprechungsweise das Terrain zu erkundigen und für allfällige Unterhandlungen vorzubereiten.3 Derselbe wird wahrscheinlich gegen das Ende des nächsten Monats auch Sie besuchen und soll Ihnen bestens empfohlen sein. Er wird Ihnen dann mündlich und einlässlich den Stand der Zollfragen in der Schweiz auseinandersetzen können.
Gegenwärtig herrscht in der Schweiz wieder eine Art Eisenbahnfieber, von dem ich herzlich wünsche, dass es die baldige Erbauung von Bahnen nicht hindere.
Gleichzeitig mit der Genehmigung des Eisenbahnvertrags mit Baden4 ratifizirte die Bundesversammlung auch einen Vertrag über Regulirung der Rheinzollverhältnisse5; ich werde Ihnen eine Abschrift davon zusenden lassen, sobald ich in dessen Besitz sein werde.