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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 25, doc. 26
volume linkZürich/Locarno/Genève 2014
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1980/83#2555* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1980/83 471 | |
Dossier title | Schweiz. Kredite an Firmen, Gemeinden usw. Griechenland (1968–1970) | |
File reference archive | C.41.152.0 • Additional component: Griechenland |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110#1981/41#51* | |
Old classification | CH-BAR E 7110(-)1981/41 9 | |
Dossier title | Anleihen, Bankenkredite, Kapitalexportbewilligungen, A-D (1970–1970) | |
File reference archive | 241 |
dodis.ch/32773 Der Vorsteher des Finanz- und Zolldepartements, N. Celio, an den Vorsteher des Politischen Departements, P. Graber1 BANKENKREDIT AN GRIECHENLAND
Ihrem Schreiben vom 19. Mai2 entnehmen wir Ihre Ansicht, dass der nachgesuchte Bankenkredit in der Höhe von 50 Mio. Franken an die Banque de Grèce nicht bewilligt werden sollte.
Wir verstehen Ihre Bedenken gegen die zur Diskussion stehende Operation durchaus. Trotzdem sind wir der Meinung, dass die von Ihnen angeführten, ablehnenden Argumente nicht ausreichend sind, um das Begehren zurückzuweisen.
So bietet Art. 8 Abs. 3 des Bankengesetzes keine genügende Grundlage, um aus politischen Überlegungen gegen das Geschäft Stellung zu nehmen3. Der Bundesrat hat diesen Standpunkt in der Vergangenheit stets vertreten. Wir erinnern an die Beantwortung der Kleinen Anfrage Wyler vom 19. Juni 19694, die u. a. wie folgt lautet:
«Der Bundesrat ist in wirtschaftspolitischer Hinsicht immer davon ausgegangen, dass, entsprechend den Prinzipien der Neutralität und der Universalität, alle Staaten, ohne Rücksicht auf ihr politisches Regime, grundsätzlich gleich zu behandeln sind. Es bestand keine Veranlassung, im Falle Griechenlands von einem Prinzip abzuweichen, das sich bis heute bewährt hat, und dies umso weniger, als mit seiner Anwendung keine Billigung fremder Regierungssysteme verbunden ist.»
Grundsätzlich gesehen, ist die gegenwärtige Regelung, wonach der Bundesrat der Aufgabe enthoben wird, politische Entscheidungen zu treffen, unseres Erachtens positiv zu werten. Es könnten sich sonst ausserordentlich heikle Situationen ergeben. Wir möchten daran erinnern, dass in den Jahren 1969/70 an kommunistische Länder folgende Bankenkredite gewährt worden sind5:
1969: 63,5 Mio. Franken an Jugoslawien
43 ” ” an die Tschechoslowakei
52 ” ” an Ungarn
21 ” ” an Rumänien
64 ” ” an Russland
34 ” ” an Bulgarien
35 ” ” an Ost-Deutschland
1970: 21,5 ” ” an Bulgarien
16 ” ” an Polen
Wir bezweifeln, dass die öffentliche Meinung diese Kredite als weniger bedenklich bezeichnet als Kredite an Griechenland. Es scheint uns daher, dass es kaum gerechtfertigt wäre, Griechenland zu diskriminieren6. Im übrigen ist der Assoziierungsvertrag zwischen der EWG und Griechenland nach wie vor in Kraft. Schliesslich ist nicht zu übersehen, dass dieses Geschäft mit privaten und nicht mit Staatsgeldern finanziert wird, sodass die politischen Erwägungen eine weniger gewichtige Rolle spielen dürften.
Die Frage, ob der Kredit aus wirtschaftlichen Überlegungen, also «mit Rücksicht auf die Landeswährung, die Gestaltung des Zinsfusses auf dem Geldund Kapitalmarkt oder die wirtschaftlichen Landesinteressen» (Bankengesetz Art. 8 Abs. 3) verweigert werden sollte, vermögen wir zurzeit ebenfalls nicht in bejahendem Sinne zu beantworten. Zugegeben, die Lage auf dem Geld- und Kapitalmarkt ist nach wie vor angespannt und die in der Tat aussergewöhnliche Zinshausse bereitet auch uns Sorgen7. Die Nicht-Zustimmung zum Kredit an Griechenland würde aber an dieser Situation nichts ändern. Die für einen derartigen Auslandskredit zur Verwendung gelangenden Gelder kommen grösstenteils vom Ausland und sind für eine Benützung im Inland kaum geeignet. Konjunkturpolitisch ist ein Export solcher Mittel zurzeit sogar erwünscht. Nachdem sodann der vorübergehende Stop von Auslandsanleihen inzwischen bereits gelockert worden ist8, liesse sich eine Verweigerung von Bankenkrediten an das Ausland noch weniger verantworten als vielleicht noch vor einigen Wochen.
Wir wären Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie die Angelegenheit nochmals überprüfen wollten. Mit Ihnen sind wir der Meinung, dass der Nationalbank eine übereinstimmende Antwort9 aus dem Bundeshaus gegeben werden sollte. Dabei wäre es im Hinblick auf die Sommer-Session sicher möglich, den definitiven Abschluss der Transaktion noch etwas hinauszuschieben.
- 1
- Schreiben: CH-BAR#E2001E#1980/83#2555* (C.41.152.0). Visiert von P. A. Nussbaumer und J. Faillettaz. Handschriftliche Marginalie: Urgent! M’en parler svpl.↩
- 2
- Schreiben von P. Graber an N. Celio und E. Brugger vom 19. Mai 1970, Doss. wie Anm. 1. Zur Stellungnahme des Volkswirtschaftsdepartements vgl. das Schreiben von E. Brugger an P. Graber vom 5. Juni 1970, dodis.ch/32770.↩
- 3
- Zur Haltung der Schweiz gegenüber der internationalen Kritik an Griechenland vgl. DDS, Bd. 25, Dok. 6, dodis.ch/35520.↩
- 4
- BR-Prot. Nr. 1483 vom 3. September 1969, dodis.ch/32764.↩
- 5
- Zur Kreditvergabe an Jugoslawien vgl. DDS, Bd. 25, Dok. 122, dodis.ch/35169 und zur Kreditvergabe an Bulgarien vgl. das Schreiben von L. Roches an L. Guillaume vom 5. Mai 1969, dodis.ch/33488. Allgemein zur Osthandelspolitik vgl. DDS, Bd. 25, Dok. 58, dodis.ch/35754 und Dok. 176, dodis.ch/35755.↩
- 6
- Vgl. dazu auch die Notiz von P. A. Nussbaumer an P. Graber vom 19. Mai 1970, dodis.ch/32768.↩
- 7
- Vgl. dazu DDS, Bd. 25, Dok. 30, dodis.ch/35735, bes. Anm. 11 und 14.↩
- 8
- Vgl. dazu Doss. CH-BAR#E2001E#1980/83#718* (C.41.731.0).↩
- 9
- Schreiben von N. Celio an E. Stopper vom 3. Juli 1970, dodis.ch/36609.↩
Tags
East-West-Trade (1945–1990) Greece (Politics)