Sprache: ns
1943-30.6.1944
PA/AA; R 109495; Ha Pol III, Akten betr. II Wolfram-Verhandlungen teilw. geh.(eim), 10/1943-6/1944
Information Unabhängige Experkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg (UEK) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Signatur: PA/AA R 109495



Dossiertitel: Ha Pol III, Akten betr. II Wolfram-Verhandlungen teilw. geh.(eim), 10/1943-6/1944
Umfang: ca. 200 Bl.
Kurzbeschrieb:
Verbalnoten und Berichte betr. portugiesische Wolframlieferungen nach Deutschland und drohendes Ausfuhrverbot Portugals für Wolfram auf Druck der Alliierten, das schliesslich am 12.6.1944 mit der Stilllegung der Gruben, auch derjenigen in deutschem Besitz, erlassen wurde. Ausfuhrverbot für Wolfram bestand schon am 8.6.1944. Das Einschwenken der autoritären Regierung Salazar auf die Westmächte - im Hinblick auf die Nachkriegsordnung - hatte sich bereits am Abkommen über die Abtretung von Stützpunkten auf den Azoren durch Portugal an England vom 12.10.1943 gezeigt. Das deutsch-portugiesische Wirtschaftsabkommen vom 21.4.1943 sah u.a. eine Nachlieferung von 100 t Wolfram vor, die ebenfalls nicht eingehalten wurde. Dem Gesandten in Lissabon, Baron von Hoyningen-Huene, beigegebener Deutscher Sonderbeauftragter für Wolfram in Portugal war der Gesandte Eisenlohr. Seine Aufgabe bestand u.a. darin, mit Hilfe deutscher Tarnfirmen Wolfram heimlich aufzukaufen. Eine solche Schwarzausfuhr liess sich aber nur dann realisieren, wenn eine offizielle Ausfuhr als Mantel existierte. Eng mit Salazar verbunden war der deutsche Generaldirektor Eltze.
Für die UEK sind relevante Informationen eher indirekt enthalten:

Ungezeichneter Entwurf einer Aufzeichnung des AA betr. Wirtschaftskampfmassnahmen gegen Portugal, ?.6.1944


Überlegung, gegen Portugal Wirtschaftskrieg zu führen, liessen sich nur dann realisieren, wenn Schweden und die Schweiz in die Blockademassnahmen einbeziehen liessen. Dies werde aber auf Schwierigkeiten stossen, weil beide Länder auf portugiesische Lieferungen dringend angewiesen seien. Ausserdem kann man Portugal nicht wirksam von den Alliierten abriegeln. In der Zusammenfassung heisst es:
"Aus folgenden Gründen empfiehlt es sich nicht, Wirtschaftsmassnahmen gegen Portugal einzuleiten:
1. Die deutsche und europäische Kriegswirtschaft ist auf die portugiesischen Rohstoffe wie Zinn, Kolofonium, Terpentin und Ölsardinen dringend angewiesen, selbst wenn der kriegswichtigste Ausfuhrartikel Wolfram fortfällt. Es sei darauf hingewiesen, dass Portugal in seinem Warenaustausch mit Europa eine stark passive Handelsbilanz hat (40% Einfuhr, 73% Ausfuhr), sodass also der europäische Kontinent mehr Güter aus Portugal empfängt als dorthin liefert.
2. Da die Schweiz und Schweden für ein gemeinsames Vorgehen gegen Portugal nicht gewonnen werden können, würden deutsche Kampfmassnahmen gegen Portugal lückenhaft bleiben und durch Verlagerung der portugiesischen Bestellungen und Lieferungen nach Schweden und der Schweiz abgeschwächt werden.
3. Portugal könnte einen grossen Teil seiner früheren europäischen Bezüge aus den Vereinigten Staaten bekommen. Damit würde auch für die Nachkriegszeit der portugiesische Markt für deutsche Erzeugnisse verloren gehen."

Aktennotiz V.L.R Sabath für L.R.S. Hüller, 14.4.1944


Berichtet über eine Unterredung mit Herrn Wolf [Wolff?] von Amerongen über die Möglichkeit weiterer Wolframlieferungen aus Portugal.

Vermerk über Besprechung mit MinDir Walter am 1.4.1944 betr. Ölsardinenbezug aus Portugal


Sitzung einberufen, um Devisenbedarf festzustellen und zu prüfen, ob Bezahlung in Gold und Devisen überhaupt möglich. Devisenbedarf beträgt 42 Mio. RM.
"Herr Gramsch erklärte, dass es bei dem augenblicklichen Stand der Verhältnisse ausgeschlossen sei, 40 Mio RM Gold in schweizer Franken umzuwandeln. Herr Puhl werde in den nächsten Tagen in die Schweiz reisen, um die Frage der weiteren Goldannahme in der Schweiz zu klären. Sollten allerdings die Portugiesen dazu zu bringen sein, Gold anzunehmen, so ist er bereit, dem Reichsmarschall Abgabe des Goldes vorzuschlagen. Es wurde beschlossen, zunächst die Verhandlungen mit der Portugiesischen Regierung über die Ölsardinen aufzunehmen und die weiteren Entschliessungen von der Entwicklung der Goldfrage abhängig zu machen."

Geheimtelegramm Huene (Dt. Gesandtschaft Lissabon) an AA betr. Devisenwünsche Portugals an die Reichsbank, 25.2.1944


Bank von Portugal hat festgestellt, dass Zahlungsbilanz mit der Schweiz seit einiger Zeit passiv. SNB sei im Januar angewiesen worden, Versand des Goldes der Bank von Portugal nach Lissabon zu stoppen. Reichsbank werde nun gebeten, "wenn es auf Grund unserer Abmachungen notwendig werden sollte, Gold zu verkaufen, uns statt dessen Schweizer-Franken ebenfalls bei der Schweizerischen Nationalbank zur Verfügung zu stellen" zum neuen Wechselkurs von 547,50 Escudos. "[...] wären wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie einwilligen würden, die am 22. Februar der Schweizerischen Nationalbank gegebenen Anweisungen, 40 Barren Gold im Gewicht von 498,55 897 Kilo zur Verfügung zu stellen, zu widerrufen und statt dessen sie anzuweisen, unser Konto mit dem Gegenwert in Schweizer-Franken zu erkennen."
Huene bittet am Schluss des Telegramms, "dieses wichtige Telegramm auch Reichswirtschaftsministerium mitzuteilen und anzuregen, Möglichkeit der Verwendung deutscher Guthaben im Schweizer Clearing für diese Transaktionen zu prüfen."

Geheim-Vermerk über Ressortbesprechung vom 8.11.1943 betr. Ausfuhr nach Portugal und den Azoren


Ausfuhr von Portugal nach Deutschland muss gesichert werden; Ausfuhr von Portugal nach den Azoren aber verhindert werden, um alliierte Stützpunkte nicht in den Besitz kriegswichtiger Waren gelangen zu lassen. Zu diesem Zweck sind verschiedene Massnahmen erforderlich, darunter auch gegenüber der Schweiz:
"Die deutsche Gesandtschaft in Bern soll gebeten werden, der schweizerischen Ausfuhr nach Portugal und den Azoren, insbesondere von wichtigen pharmazeutischen Erzeugnissen, von feinmechanischen und optischen Geräten sowie von Kleinmotoren, besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Bei Ausstellung von Geleitscheinen ist in bedenklichen Fällen eine Festlands-Verbleibsgarantie zu verlangen. Hinsichtlich kontingentierter Waren wird eine wirksame Verbleibskontrolle kaum möglich sein; die Deutsche Gesandtschaft in Lissabon wird gebeten, gegebenenfalls über auffällige Erscheinungen sofort zu berichte.

Geheim-Vermerk V.L.R Sabath betr. Portugal, 29.10.1943


Betrifft die Finanzierung von Wolframlieferungen. Folgendes Bild:
1. Wolframabkommen 2.800 t Wolfram kosten rund 28 Mio. RM, die im Wert von 12,3 Mio. RM durch Eisenlieferungen (10 Mio.), Lokomotiven, Omnibusse und Kühlwagen kompensiert werden können. Ersparnisse aus dem alten Wolframabkommen von 4-5 Mio, hinzugerechnet, sind etwa 17 Mio. gesichert und fehlen 11 Mio. RM.
2. Sonstige Einfuhr: Zinn, Ölsardinen, Harz, Terpentin, Kork u.a. kostet 65 Mio. RM, die durch normale Ausfuhr im Wert von 30 Mio. kompensiert werden kann (einschl 10 Mio.) Weissblech für die Ölsardinenbüchsen. Möglicherweise noch Sonderlieferungen von Stickstoff und Motoren für Projekt Rio Negro. "Es bleibt aber immer noch ein erhebliches Defizit, das durch Devisen (Goldverkäufe über Schweiz) gedeckt werden müsste. Die augenblickliche Verschuldung gegenüber Portugal beträgt 17 Mio RM."

Ungezeichneter Entwurf einer Aufzeichnung über die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Folgen eines Wirtschaftskampfes gegen Portugal, Juni 1944 (für eine ähnliche Ausarbeitung s. o.)


Hier werden nur die Angaben über die schweizerisch-portugiesischen Wirtschaftsbeziehungen exzerpiert:
Schweiz liefert Maschinen (wie auch Deutschland, Schweden und Frankreich), Seide (wie auch Italien), Chemikalien, Düngemittel, Farben und unentbehrliche Arzneimittel (wie auch Deutschland) und Uhren. Uhren, Medikamente und Seide können nicht ohne weiteres durch amerikanische Ersatzlieferungen ausgeglichen werden.
"Den uns verbündeten oder von uns besetzten europäischen Gebieten gegenüber liesse sich eine Wirtschaftssperre Portugals wohl durchsetzen. Bei Schweden und Schweiz dagegen, die zusammen ein Drittel der portugiesischen Einfuhr aus dem übrigen Europa bestreiten, müssen wir mit schärfstem Widerspruch rechnen. Die Schweiz bezieht Zinn, Terpentinöl und Kolofonium fast ausschliesslich, ferner Wein, Fischkonserven und Feigen zum überwiegenden Teil aus Portugal, während Schweden seinen gesamten Zinn-, Kupfer- und Kork-Bedarf in Portugal deckt und ausserdem einen erheblichen Anteil seines Asbest- und Ölkernimports von dort bezieht. Schweizer und Schweden werden such darauf berufen, dass wir ihnen vertraglich den ungehinderten Warenaustausch mit Portugal und den freien Transit durch Deutschland zugestanden haben."

ohne Unterschrift, "Aufzeichnung betr. den Wirtschaftsverkehr Portugals mit den übrigen Ländern Kontinenteuropas (ohne Deutschland und Spanien)", 6.6.1944


Detaillierte Aufstellung, u.a. zum Handel mit der Schweiz, daher
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