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1931-1948
BAR; E 7160-07 (-) 1968/54/, 1112. Schweizerische Verrechnungsstelle: Spezialfall Nr. 344 Bank in Wädenswil, Wädenswil; Schneider, Max, Zürich
Info Commission Indépendante d'Experts Suisse-Seconde Guerre Mondiale (CIE) (UEK)
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Die Bank Wädenswil, deren Verwaltungsratspräsident Max Schneider und deren Tochtergesellschaft Friedberg AG Wädenswil werden am 9.5.1944 wegen der Mithilfe, deutsche Vermögenswerte in den USA zu "verschweizern" und sie durch ein Scheingeschäft vor dem Zugriff der Allierten zu schützen, auf die Statutory List gesetzt. Erst nachdem die Bankleitung die Vermögenswerte den Amerikanern ausgeliefert hat, wird sie mit Wirkung auf den 30.10.1945 wieder von der schwarzen Liste gestrichen. Gemäss dem Revisionsbericht vom 29.8.1946 [kopiert] untersucht das Spezialbüro der SVSt im Auftrag der Abteilung Zahlungssperre der Verrechnungsstelle im Mai 1946 den Kauf der Aktien durch die Bank Wädenswil und deren Übergabe an die Amerikaner.
1931 gründet Rechtsanwalt Max Schneider für den deutschen Industriellen Richard Lieberknecht, Besitzer einer Textilmaschinenfabrik in Oberlungwitz (Sachsen), die Firma Tristat AG Zürich. In diese Holdinggesellschaft (Aktienkapital von 500'000 Fr.) bringt Lieberknecht ausländische Beteiligungen an Unternehmen seiner Branche ein. Während ein Teil dieser Wertschriften vor dem Krieg verkauft worden ist, gelingt es Lieberknecht weder in den USA noch in der Schweiz, 2433 Aktien Kalio Inc. New York à nom. 100 $ pro Stück abzustossen. Durch Vermittlung Max Schneiders, des damaligen Präsidenten des Verwaltungsrates der Bank Wädenswil, kauft die kleine Landbank am 19.4.1940 die Aktien unter folgenden drei Bedingungen: Um die Anlage nicht in der Jahresrechnung erwähnen zu müssen, übernimmt deren Tochtergesellschaft Friedberg AG Wädenswil die Aktien. Mit dem Ziel, Umsatzsteuern zu sparen, werden zudem nicht die (sich im Portfeuille der Tristat AG befindenden) Kalio-Titel direkt, sondern die Aktien der Tristat AG Zürich erworben. Schliesslich schützt sich die Bank Wädenswil gegen jedes Verlustrisiko, indem der Kaufpreis von 497'000 Fr. für die 497 Tristat-Aktien nicht nach Deutschland transferiert, sondern auf einem Sperrkonto gutgeschrieben wird und so lange gesperrt bleibt, als die Kalio-Aktien nicht ohne Verlust verkauft sind. 1943 erfahren die Alliierten von der Transaktion und verlangen, dass die Bank sie über die Umstände informiere. Während sich das amerikanische Konsulat über die Auskunft befriedigt zeigt, werden die an der Transaktion Beteiligten (die Tristat AG am 28.9.1943, die Bank Wädenswil, deren Verwaltungsratspräsident Max Schneider und deren Tochtergesellschaft Friedberg AG Wädenswil am 9.5.1944) von den Engländern auf die Statutory List gesetzt, da die Tristat AG Zürich 1939 wirtschaftlich ein deutsches Unternehmen gewesen ist. Darauf beurteilen die amerikanischen Behörden den Verkauf der Tristat AG als Scheingeschäft, mit dem die Beteiligten beabsichtigt hätten, deutsche Vermögenswerte vor dem Zugriff der Allierten zu schützen und sperren die Kalio-Aktien. Um von der schwarzen Liste gestrichen zu werden, tritt Max Schneider als Präsident des Verwaltungsrats der Bank Wädenswil im Frühjahr 1945 zurück. Zudem übergibt die Bank am 18.8.1945 - gemäss eigenen Aussagen in Absprache mit dem Eidg. Politischen Departement - die Kalio-Aktien kostenlos dem Amerikanischen Generalkonsulat in Zürich. Am 15.12.1944, resp. am 13.10.1945 liquidiert die Bank Wädenswil die Tristat AG und die Friedberg AG und nimmt in ihren Büchern die entsprechenden Buchungen vor. Mit Wirkung auf den 30.10.1945 wird sie wieder von der schwarzen Liste gestrichen.

[Weitere Akten zu diesem Fall befinden sich im Zentralen Firmenarchiv der Credit Suisse Group in Zürich (ZFA 14.216): Eher unfreiwillig versucht die Bank Wädenswil in den folgenden Jahren das Verfügungsrecht über die Kalio-Aktien zurückzugewinnen. Aus der Sicht der amerikanischen Behörden handelt es sich um eine Beschlagnahmung von Feindesgut und nicht um eine Sperre von schweizerischen Vermögenswerten, so dass eine Freigabe nicht auf dem Weg des Zertifizierungs-Verfahrens erreicht werden kann. Da die Bank Wädenswil trotz Drängen von Max Schneider und der Schweizerischen Verrechnungsstelle* nicht bereit ist, gegen die amerikanischen Behörden einen Prozess für die Freigabe der beschlagnahmten Kalio-Aktien zu führen, tritt sie Mitte 1948 die Rechte an den Kalio-Aktien und die Verpflichtungen des weiterhin auf den Namen der Bank geführten Prozesses an Max Schneider und an den Direktor der Bank Wädenswil ab. In einem langwierigen Prozess, in dem die Bank Wädenswil auch Akten betreffend die Transaktion der Kalio-Aktien an das amerikanische Gericht ausliefern muss, erreicht man schliesslich in einem 1956 abgeschlossenen Vergleich, dass die Feindbesitz-Verwaltung der USA für die Kalio-Aktien ca. 2,4 Mio. Franken bezahlt.]  

*Da die Tristat AG als deutscher Vermögenswert der Sperre gemäss Bundesratsbeschluss vom 16.2.1945 unterliegt, verlangt auch die Verrechnungsstelle, dass von der Bank Wädenswil "alle aus der Sorgfaltspflicht eines Mandatars sich ergebenden Massnahmen getroffen werden, um einen Verlust auf den Tristat-Aktien zu vermeiden. Brief der Schweizerischen Verrechnungsstelle, Zürich vom 23.7.1948 an die Bank Wädenswil [kopiert].

cf. Inglin, Oswald: Der stille Krieg (Schwarze Liste)
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