dodis.ch/54009 Instruktion für die schweizerische Delegation an der Internationalen Arbeiterschutzkonferenz in Washington am 29. Oktober 19191
[Bern, 26. September 1919]
1. Den Vertretern des Bundesrates2 wird im allgemeinen empfohlen, die Bestrebungen für die internationale Regelung des Arbeiterschutzes nach Kräften zu unterstützen3 und die Projekte der Konferenz zu fördern. Sie werden zu diesem Zwecke Ihr Verhalten nach den Umständen einrichten, und es soll die Freiheit ihres Verhaltens und Handelns so wenig wie möglich eingeschränkt sein, zumal sie wegen der grossen Distanz nicht in der Lage sein werden, immer detaillierte Instruktionen zu verlangen.
2. Die Delegierten werden selbstverständlich den Anspruch der Schweiz auf eine Vertretung im Verwaltungsrate des internationalen Arbeitsbureaus4 auf das entschiedenste vertreten (Punkt 15 des Programms).
3. Die Delegierten werden beauftragt, das Prinzip der 48-Stundenwoche, sowie es im Gesetze vom 27. Juni 1919 über die Arbeitszeit in den Fabriken5 niedergelegt ist, zu vertreten und sich hierfür und nicht für den 8-Stundentag auszusprechen6. Es wird in dieser Beziehung auf die Beantwortung der Fragen verwiesen, die das Departement bereits eingereicht hat7.
4. Punkt 11 und 12 des Programms, Verwendung von Frauen und Kindern: Die Delegierten werden beauftragt, die Beschränkungen zu befürworten und durchzusetzen wie in Beziehung auf die Verwendung der Frauen und Kinder im derzeitigen Fabrikgesetze8 eingeführt sind. Sie werden auch diesbezüglich auf die Beantwortung des Fragenschemas verwiesen.
Den Delegierten werden überdies Drucksachen der Konferenz von 1913 zur Verfügung gestellt, woselbst ein Teil der genannten Fragen bereits diskutiert worden ist.
5. Punkt 13 des Programms, Ausdehnung und Anwendung der internationalen Konvention von 1906 über das Verbot der Verwendung des gelben Phosphors in der Zündholzindustrie. Die Delegierten werden gebeten, sich für die Beibehaltung dieser Konvention auszusprechen. Was die Ausdehnung betrifft, so kann nach der Fragestellung nur eine territoriale Ausdehnung gemeint sein, welche natürlich zu unterstützen ist.
6. Punkt 10 des Programms, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Richtung hier eine internationale Regelung gedacht ist. Die Delegierten werden gebeten, in erster Linie darauf hinzuweisen, dass eine Versorgung der Schweiz mit Rohstoffen und Hülfsstoffen (namentlich Kohle) die Grundlage der industriellen Arbeit und damit der Beschäftigung bildet. Ebenso ist notwendig, dass zumal den kleinen Staaten eine wirklich billige Versorgung zugesichert wird, damit sie Absatzgebiete finden können. Die übrigen Massregeln gegen die Arbeitslosigkeit zerfallen unseres Erachtens:
a. in eine Förderung der Arbeitsgelegenheit;
b. in eine Unterstützung der Arbeitslosen.
Wir sind uns nicht klar, auf welcher Basis die eine oder andere Frage international geregelt werden soll. Die Delegierten werden gebeten, eine Anregung wohlwollend aufzunehmen und uns zu berichten, damit definitive Instruktionen gegeben werden können.
7. Nach Punkt 14 des Programms ist zu erwarten, dass der Konferenz die Anregung gemacht wird, Deutschland in die internationale Arbeiterorganisation zuzulassen. Die Delegierten erhalten Auftrag, eine solche Anregung zu unterstützen, da eine tunlichst weitgehende Organisation dringend vonnöten ist9.