Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 174
volume linkBern 1994
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Archival classification | Vgl. Edition |
Dossier title |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1552#3357* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1552 119 | |
Dossier title | Beitritt von Schweizern zu der "Falange Espanola Tradicionalista de las J.O.N.S." (1938–1940) | |
File reference archive | B.46.E.1 |
dodis.ch/46434
Le Consul de Suisse à Séville, M. Stierlin, au Chef de la Division des A ff aires étrangères du Département politique, P. Bonna1
Seitdem im nationalistischen Spanien der Fascismus unter dem Namen «Falange Espanola Tradicionalista de las J.O.N.S.» als einzige und offizielle politische Partei eingeführt worden ist, wird auf ziemlich zahlreiche unserer in diesem Gebiete niedergelassenen Mitbürger ein gewisser Druck ausgeübt, damit sie sich dieser Bewegung in einer oder ändern Form anschliessen. Die Stärke dieses Druckes ist verschieden, je nach der beruflichen Stellung des Einzelnen und nach dem Landesteile, in dem er wohnt; im Allgemeinen mache ich die Beobachtung, dass er besonders in Zaragoza, dann in ändern nördlichen Provinzen viel schärfer zum Ausdruck kommt, als in Andalusien, wo eine ziemlich grosse Toleranz vorhanden ist.
Die Falange unterscheidet zwischen drei Abstufungen, nämlich zwischen Mitglied, Anhänger und Syndikalist (d. h. Mitglied eines Arbeitersyndikates der Falange). Anfänglich wurden Parteimitglieder geworben und leicht aufgenommen; jetzt kommen hierfür nur noch Frontkämpfer oder sonst besonders qualifizierte Personen in Frage. Wer jetzt der Falange beitritt, wird als Anhänger aufgenommen, welche Eigenschaft er während fünf Jahren behält, bei ungefähr denselben Pflichten wie ein Mitglied, aber geringeren Rechten. Syndikalisten sind die Mitglieder der von der Falange organisierten Berufssyndikate, die heute in beinahe allen Erwerbszweigen bestehen und zwar vielfach auch in den selbständigen, wie Hoteliers, Detailhändler, Fabrikanten, Unternehmer, usw. Hier ist der Druck am grössten, und wenn der Ortsgruppe eines bestimmten Geschäftszweige alle spanischen Arbeitgeber oder Arbeitnehmer angehören, so wirkt sich das Fernbleiben eines Ausländers sehr unangenehm aus.
Jeder, der als Mitglied, Anhänger oder Syndikalist seinen Eintritt in die Falange gibt, hat eine geschworene Erklärung nach dem beiliegenden spanischen und deutschen Text zu unterzeichnen. Von den sieben Abschnitten dieser Erklärung ist nach meiner Auffassung besonders der erste2 für Schweizer sehr erschwerend, da er die Verpflichtung birgt, sich «immer» dem Dienste Spaniens und dessen Führer zu widmen, was wohl dahin ausgelegt werden muss, dass dieser Dienst «unter allen Umständen» zu leisten ist, also auch, wenn er gegen die Interessen des eigenen Vaterlandes geht.
Bei allen diesbezüglichen Anfragen habe ich unsern Mitbürgern bisher angeraten, sich politisch streng neutral zu halten und der Falange nur dann beizutreten, wenn eine Weigerung voraussichtlich den Verlust ihrer beruflichen Stellung zur Folge hätte. Insofern ich meine Ratschläge mündlich erteilen konnte, habe ich darauf hingewiesen, dass die Einrichtung des totalitären Staates in Spanien immerhin noch nicht so tiefe Wurzeln gefasst habe, um sie als endgültig betrachten zu müssen, daher die Möglichkeit politischer Umwälzungen noch vorliege und folglich grösste Vorsicht am Platze sei.
Von verschiedenen Seiten bin ich befragt worden, ob der Beitritt zur Falange im Widerspruch zu den schweizerischen Gesetzen stehe, welche Verfügungen dabei übertreten würden und welches die Folgen einer solchen Zuwiderhandlung wären. Meines Erachtens handelt es sich nicht um eine Übertretung des B.R.B. betr. das Verbot der Teilnahme an den Feindseligkeiten in Spanien, solange die Falange nicht in den Fall kommt, ihre sämtlichen Mitglieder und Anhänger für den Dienst an der Front zu mobilisieren, was, nach dem bisherigen Verlauf des Feldzuges geschätzt, nicht wahrscheinlich ist. Andere gesetzliche Bestimmungen, welche den Beitritt eines Schweizerbürgers zu einer politischen Partei seines Aufenthaltslandes verhindern, sind mir nicht bekannt, doch wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir hierüber genaue und ausführliche Antwort erteilen würden. Ferner würden Sie mich sehr verpflichten durch Mitteilung der Erfahrungen, welche unsere Mitbürger in Deutschland und Italien mit den nationalsozialistischen bezw. fascistischen Organisationen ihres Wohnortes machen, denn sehr wahrscheinlich werden hier ähnliche Erscheinungen auftreten (Deutsche und Italien er haben in der Falange Espanola einen grossen Einfluss) und es wäre mir angenehm, mich bei der Behandlung derselben auf diese Erfahrungen stützen zu können3.
Tags
Spanish State (1937–1939) Spanish Civil War (1936–1939)