Language: German
22.11.1937 (Monday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 22.11.1937
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Négociations économiques avec la Grande-Bretagne. Evolution de la balance des paiements entre les deux pays. Position suisse. Position britannique. Décision d’être conciliant en matière de contingentement britannique, mais ferme envers la hausse du tarif douanier.

Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATION BILATÉRALES ET LA VIE DES ÉTATS
II.13. GRANDE-BRETAGNE

Également: Insuffisance des concessions britanniques. Stucki s’est rendu à Londres pour créer de meilleures bases de négociation. Annexe de 18.2.1938
How to cite: Copy

Printed in

Oscar Gauye (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 153

volume link

Bern 1994

more… |
How to cite: Copy
Cover of DDS, 12

Repository

dodis.ch/46413
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 22 novembre 19371

1866. Grossbritannien: Handelsvertragsverhandlungen

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und England sind geregelt durch den heute noch in Kraft stehenden Freundschafts-, Handelsund Niederlassungsvertrag, der im Jahre 1855 abgeschlossen wurde2. Dieser Vertrag ist nur durch eine Zusatzübereinkunft über die Anwendung der Meistbegünstigung gegenüber den Dominions und den Kolonien im Jahre 1914 ergänzt worden3. Unter dem Regime dieses Vertrages von 1855 entwickelte sich der Warenaustausch.

Die Schweiz erfreute sich jahrzehntelang einer bedeutenden aktiven Bilanz. Während des Krieges erfolgte der Einbruch in das Freihandelssystem durch die Mac Kenna-Zölle, denen 1921 die «Dye Stuff’s Act» folgten. Schwer betroffen wurde der schweizerische Export durch die Pfundabwertung im Jahre 1931 und durch die «Import Duties Act» vom Jahre 1932. Das traditionelle Aktivum ging der Schweiz verloren.

Es fällt auf, dass diese wesentlichen Veränderungen in der englischen Zollpolitik zu keinen Verhandlungen über Tariffragen führten. Es fehlte schweizerischerseits nicht an Versuchen, solche Verhandlungen aufzunehmen. England stellte sich jedoch auf den Standpunkt, es wolle in seiner Tarifpolitik autonom vorgehen und nicht mit dem Auslande über Zollfragen verhandeln. Diese Auffassung hat sich geändert. Nachdem bekannt wurde, dass England mit den USA über Zollfragen verhandle, nahm Herr Minister Stucki anlässlich der Sitzungen des «Comité économique» die Gelegenheit wahr, zu sondieren, ob England zu umfassenderen Haldelsvertragsverhandlungen mit der Schweiz bereit sei. Die Besprechungen gingen hin und her, bis im April England soweit gebracht wurde, sich verhandlungsbereit zu erklären. Die Begehrenlisten wurden daraufhin mit etwas Verspätung ausgetauscht.

Die schweizerischen Begehren sind mit grosser Zurückhaltung und möglichster Anpassung an das englische Tarifsystem gestellt worden, um nicht von vornherein einer schroffen Ablehnung zu begegnen und damit die Verhandlungen zu gefährden. Diese Zurückhaltung und Sorgfalt erschien umso gebotener als

1. die Handelsbilanz zu Gunsten der Schweiz ist und sich in letzter Zeit wesentlich gebessert hat.

2. Die Zahlungsbilanz weist eine noch weit grössere Aktivität für die Schweiz auf als die Handelsbilanz (Fremdenverkehr usw.).

3. Den englischen Begehren in Zollsachen kann nur in bescheidenem Umfange entsprochen werden. Die Konzessionen auf dem Gebiete der Einfuhrbeschränkungen können nicht so sehr ins Treffen geführt werden, weil England unserer Einfuhr keine derartigen Hindernisse entgegenstellt.

4. Der Anteil der Schweiz an der Totaleinfuhr Englands ist oft bescheiden. Dank der Meistbegünstigung kommen jedoch die Konzessionen, die der Schweiz gemacht werden, der ganzen Einfuhr zugut.

5. Die Verhandlungen über Zölle sind neu und die Widerstände gegen solche Verhandlungen mit dem Auslande noch sehr gross.

Die schweizerischen Begehren beziehen sich im Wesentlichen auf die Reduktion von Zöllen. Es wurde dem Umstande Rechnung getragen, dass

a) die Zölle sehr hoch sind,

b) es sich um Waren handelt, die schweizerische Spezialitäten sind, oder um Waren, die für die englische Wirtschaft nicht den Charakter von Fertigfabrikaten, sondern von Halbfabrikaten oder Produktionsgütern haben, wie bearbeitete Metalle, Hutgeflechte oder Maschinen.

Die Begehren beziehen sich auf folgende Warenkategorien: Stahlguss für Automobile und Maschinen; Werkzeugmaschinen; Stickereien; Wirkwaren; Schuhe; Uhren; Seidene Gewebe und Bänder; Hutgeflechte und Hutstumpen; Pharmazeutische Produkte; Aluminium; Suppenkonserven und Würze; Käse; Äpfel und Birnen sowie Schrauben und Drehteile.

Es ist der Vorbehalt gemacht worden, gelegentlich der Verhandlungen weitere Begehren untergeordneter Bedeutung vorzubringen wie für Schokolade, Zuckerwaren, Biscuits, sowie für elektrische Fahrradbeleuchtungen.

Die englischen Begehren beziehen sich auf

a) Waren, die der Einfuhrbeschränkung unterworfen sind und für die in der Einfuhr Erleichterungen verlangt werden durch allgemeine Bestimmungen über die Handhabung der Einfuhrbeschränkung oder Erhöhung der Kontingentsquoten.

b) Zölle: Reduktionen oder Bindung der Tarifansätze. Im übrigen sind noch Präzisierungen verlangt über die Anwendung der Meistbegünstigung.

Die Begehren sind mit den Interessenten und den zuständigen Amtsstellen einlässlich geprüft worden, mit dem Resultat: dass

a) für Kontingentsfragen kann ohne wesentlichen Nachteil für die schweizerische Inlandswirtschaft weitgehend entgegengekommen werden.

b) Für Zölle sind Konzessionen schwierig. Die Konzessionen sollen nur dort gemacht werden, wo sie ohne spürbaren Nachteil für die Inlandproduktion sind. Dementsprechend sind diese Konzessionen für die Verhandlungen nur sehr bescheidene Waffen. Bindungen können insbesondere dort gewährt werden, wo schon solche mit ändern Staaten bestehen oder Rohprodukte, Halbfabrikate oder Produktionsgüter in Frage kommen.

Die englischen Begehren beziehen sich nicht auf landwirtschaftliche Produkte. Hingegen stellt der Bauernverband Begehren für Käse und Obst. Trotz grossen Bedenken sind diese Begehren in die Liste aufgenommen worden, obwohl man sich über den Erfolg keine Illusionen machen darf. England ist z. B. durch den neuen Vertrag mit Kanada für Käse und Obst gebunden.

Die englischen Begehren beziehen sich auf

a) eine grössere Anzahl kontingentierter Waren und auch auf Waren des sogenannten Kompensationsverkehrs (Kohle etc.).

b) Zollherabsetzungen für folgende Waren:

Zwieback und feine Bäckerwaren; Zucker- und Zuckerbäckerwaren; Saucen; Häute und Felle; Bodenleder; Druck-, Schreib-, Post- und Zeichnungspapier; Baumwollgewebe; Linoleumteppiche; Seiden- und Kunstseidengewebe; Velosättel; Motorfahrräder; Automobile und Chassis; Fahrräder aller Art und deren Bestandteile; Phonographen, Gramophone und Kinematographen und ähnliche Apparate; Lebertran; Wichse aller Art; Tinte aller Art; Pfeifentabak, geschnitten.

c) Zollbindungen für verschiedene Waren.

Antragsgemäss wird beschlossen:

1. Die schweizerische Delegation wird ermächtigt, dem englischen Begehren betreffend Einfuhrbeschränkungen weitgehend entgegenzukommen, so wie es bei den Besprechungen mit der Sektion für Einfuhr und dem Vorort des schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins, Zürich, festgestellt worden ist. Mit Bezug auf die englischen Zollbegehren ist die Delegation ermächtigt, bescheidene Konzessionen, die auf die Inlandwirtschaft ohne entscheidenden Einfluss sind, einzuräumen. Sollte England auf wichtige Konzessionen auf dem Zollgebiete beharren, so hat die Delegation eine spezielle Ermächtigung einzuholen. Was die schweizerischen Begehren anbelangt, ist die Kommission beauftragt, sie mit aller Energie durchzusetzen.

2. Als Delegierte für die Verhandlungen werden bezeichnet die HH.:

Minister Dr. Stucki, Delegierter des Bundesrates für den Aussenhandel,

Dr. Hornberger, Sekretär des Vorortes des schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins, Zürich,

Dr. Rezzonico, Legationsrat, Schweizerische Gesandtschaft, London,

Dr. A. Koch, Adjunkt der Handelsabteilung des eidg. Volkswirtschaftsdepartementes, Bern.

Die Führung der Delegation ist Herrn Minister Stucki übertragen4.

1
E 1004.1 1/367.
2
Cf. DDS 1, Nos 223, 226, 228.
3
Cf. DDS 5, No 399.
4
Le procès-verbal de la séance du Conseil fédéral du 18 février 1938 évoquera en ces termes le déroulement de ces négociations: Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 22. November 1937 den Anträgen des Volkswirtschaftsdepartementes über die Aufnahme und Führung der Verhandlungen mit England zugestimmt. Gestützt auf die erste Verhandlungsetappe hat die englische Delegation der schweizer. Delegation ein Exposé unterbreitet. Die in diesem Exposé gegebenen Zusagen für die schweizerischen Begehren sind derart unbefriedigend ausgefallen, dass eine Weiterführung der Unterhandlungen auf der damit gegebenen Basis zwecklos gewesen wäre. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die schweizerischen Begehren von unteren Beamten im Einvernehmen mit den Interessentenkreisen behandelt wurden. Die Delegation wurde sich darüber einig, dass es unerlässlich sei, mit den führenden Persönlichkeiten Fühlung zu nehmen. Herr Minister Stucki ist zu diesem Zwecke nach London gereist und hat mit dem Handelsminister und ändern in Betracht fallenden leitenden Männern Fühlung genommen. Es ist ihm gelungen, eine Grundlage zu schaffen, die es der Delegation erlaubt, dem Bundesrat den Antrag zu stellen, die Verhandlungen Mitte März wieder aufzunehmen. (E 1004.1 1/370, No 272). Sur ces négociations, qui n’aboutirent pas en 1938, cf. E 7110 1973/134/17-20 et E 7110 1967/32/ GB 821, 1937ss. Cf. aussi DDS 13, rubrique II.6.2.