dodis.ch/45320 Der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes, H.Häberlin, an Nationalrat E. Nobs1
Ihre Zuschrift vom 7. April2 wollte ich nicht beantworten, ohne vorher namentlich mit dem Vorsteher des Politischen Departements hierüber Fühlung genommen zu haben. Da zufällig er wie ich in letzter Zeit wiederholt abwesend waren, konnte dies erst gestern geschehen.
Wir sind übereinstimmend der Ansicht und haben das übrigens auch schon früher kundgegeben, dass die Praxis ausländischer Staaten, ihren Angehörigen die Pässe nicht mehr zu erneuern, wenn dies aus rein politischen Motiven geschieht, für die Schweiz als Gaststaat zu grossen Unannehmlichkeiten führen kann. Wird der Pass nicht erneuert wegen schlechter Aufführung, so liegt der Fall für uns einfach; dann haben wir selbst ein Interesse daran, den schriftenlosen Mann in seine Heimat abzuschieben. Anders bei politischer Beanstandung. Hier werden wir dem Manne, wenn er zu Hause strafrechtliche Verfolgung zu gewärtigen hat, in der Regel Asyl gewähren, auch wenn die Gefahr späterer Verarmung besteht. Nicht ganz so liegt die Frage, wenn kein eigentliches Asylrecht in Frage kommt, weil zu Hause keine Verfolgung droht, aber immerhin der Mann offenbar aus politischen oder auch wirtschaftlichen Gründen wieder näher herangezogen werden will. Hier müssen wir uns wirklich überlegen, ob wir in allen solchen Fällen die schriftenlos Gewordenen einfach bei uns behalten wollen.
Das Schwierige ist, dass die Erteilung oder Verweigerung von Ausweisschriften eben ein Ausfluss des Souveränitätsrechtes ist, in das wir rechtlich nicht eingreifen können. Wir halten es immerhin für unser gutes Recht, gegen eine uns schädigende oder doch störende Ausübung des Entzugsrechts vorstellig zu werden. Das ist schon früher in einzelnen Fällen geschehen und soll wiederholt werden. Jedenfalls ist es uns recht, wenn uns Fälle, wo tatsächlich politisch harmlose Ausländer so behandelt werden wie Sie es schildern, unter genauer Angabe der Personalien und der Verumständungen gemeldet werden, damit wir das nötige Material in Händen haben. Weil uns Zwangsmittel kaum zur Verfügung stehen - es ist nicht zu übersehen, dass wir auf gewisse Kategorien von ausländischen Arbeitern wirtschaftlich geradezu angewiesen sind - hängt viel von der Art und Weise ab, wie die Vorstellungen angebracht und begründet werden.
Dass wir mit der Ausweisung bezw. Weg Weisung bisher in derartigen Fällen schnell bei der Hand gewesen wären, werden Sie kaum in Erfahrung gebracht haben.