Classement thématique série 1848–1945:
I. LA SUISSE ET LA SOCIÉTÉ DES NATIONS
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 7-II, doc. 336
volume linkBern 1984
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
Cote d'archives | CH-BAR#E1005#1000/17#7* | |
Titre du dossier | Protokolle des Bundesrates, Geheimprotokolle (Minuten und Originale) 1920 (1920–1920) | |
Référence archives | 4.5 |
dodis.ch/44547
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 21 mai 19201
Sitz des Völkerbundes
Procès-verbal de la séance du 21 mai 19201
Vizepräsident Schulthess gibt dem Rat Kenntnis von einer Reihe von Telegrammen und einem Schreiben des Gesandten Wagnière in Rom2, aus denen hervorgeht, dass anlässlich der Tagung des Völkerbundsrats in Rom von belgischer Seite lebhaft daran gearbeitet wurde, die Verlegung des Sitzes des Völkerbunds nach Brüssel zu erwirken, wo die belgische Regierung ein grosses Gebäude zu diesem Zweck unentgeltlich zur Verfügung stellen würde. Da diese Bemühungen von England und Frankreich unterstützt werden, so besteht die grosse Gefahr, dass der Sitz des Völkerbunds der Schweiz entgeht. Das ergibt sich aus den Beschlüssen des Völkerbundsrats, wonach der provisorische Sitz des Völkerbunds in London bleiben soll, bis der Rat die Verlegung anordnet, nachdem die Völkerbundsversammlung über den definitiven Sitz entschieden haben wird, und wonach die nächste Tagung des Rats nicht, wie ursprünglich erwartet wurde, in Genf sondern in San Sebastian, die übernächste in Brüssel und die folgende an demjenigen Ort stattfinden wird, den die Völkerbundsversammlung als definitiven Sitz bezeichnen wird. Der Rat hat überdies England beauftragt, den Präsidenten Wilson aufzufordern, die erste Völkerbundsversammlung einzuberufen, wobei England einfliessen lassen soll, dass Brüssel als Versammlungsort erwünscht wäre. Von Genf war bei diesen Verhandlungen überhaupt nicht die Rede und es wurde auch anlässlich des ohne jeden Kommentar in der Versammlung des Völkerbundsrats verkündeten Beitritts der Schweiz mit keiner Silbe erwähnt. Die italienischen Delegierten im Völkerbundsrat, mit denen der Gesandte in Rom Rücksprache nahm und die in der Verlegung des Sitzes nach Brüssel vor allem das Bestreben erblicken, den Völkerbund dauernd möglichst stark unter französisch-englischem Einfluss zu halten, sprachen sich dahin aus, die Schweiz würde gut tun, so rasch als möglich die belgischen Bemühungen durch Anerbieten eines geeigneten Gebäudes in Genf für den Sitz des Völkerbundes auszugleichen.
Die Beratung spiegelt den überaus peinlichen Eindruck, den diese Nachrichten machen. Sie werden angesichts der der Schweiz früher gemachten Versprechungen auch von einem grossen Teil der Bevölkerung geradezu als beleidigender Vertrauensbruch empfunden werden und der Sache des Völkerbunds schweren Schaden bringen. Die allgemeine Meinung geht dahin, der BR müsse zur Wahrung der Würde und des Ansehens des Landes und seiner selbst Schritte tun, um der Schweiz den Sitz zu erhalten. Dies auch deshalb, weil, nur wenn der Sitz in Genf ist, die Schweiz hoffen kann, einen spürbaren Einfluss auf den Völkerbund auszuüben. Die Aufwendung von 12 bis 15 Millionen für die Erstellung eines Gebäudes zur Unterbringung der Institutionen des Völkerbunds in Genf sei für die Gesamtheit der Völkerbundsstaaten eine Kleinigkeit, die Schweiz allein könne daran kaum denken, schon weil ein derartiges Kreditbegehren in den Räten einer unerfreulichen Erörterung rufen müsste. Genf sollte in dieser Hinsicht vorangehen. Sofern es erklären sollte, es müsse auf die Mithilfe des Bundes rechnen können, so wäre das nicht ohne weiteres abzulehnen. Auch wenn Genf in der Lage wäre, ohne starke Belastung des Bundes ein Völkerbundsgebäude zur Verfügung zu stellen, werde übrigens die Unterbringung der Völkerbundsorgane in Genf bei der dort herrschenden Wohnungsnot auf grosse Schwierigkeiten stossen und die Mithilfe des Bundes erfordern.
Auf Grund der Beratung wird beschlossen:
1. Der Bundesrat ist grundsätzlich der Meinung, es müsse alles, was möglich erscheint, getan werden, um der Schweiz den Sitz des Völkerbunds zu erhalten.
2. Das politische Departement wird beauftragt, eine Delegation des Genfer Staatsrats sowie Herrn A. BR. Ador auf morgen zu einer Konferenz mit der Delegation für auswärtige Angelegenheiten nach Bern einzuladen.
3. Es wird in Aussicht genommen, die Gesandtschaften in Paris, London und Rom, eventuell die Vertreter der Schweiz in allen dem Völkerbund angehörenden Ländern sowie in Washington zu gegebener Zeit zu veranlassen, bei den Regierungen, bei denen sie akkreditiert sind, vorstellig zu werden, indem sie dem Erstaunen des BRs darüber Ausdruck geben, dass bei den letzten Verhandlungen des Völkerbundsrats Genf als Sitz des Völkerbunds nicht erwähnt worden sei und darauf hinweisen, dass der BR auf die Durchführung des Beschlusses, wonach Genf der Sitz des Völkerbunds sein soll, rechne und aus diesem Grund verlangen müsse, dass die erste Tagung der Völkerbundsversammlung in Genf stattfinde.
4. Über eine durch das politische Departement an die Presse zu richtende Mitteilung über den Gegenstand der heutigen Verhandlung wird sich Vizepräsident Schulthess nach telephonischer Rücksprache mit Bundespräsident Motta schlüssig machen.
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