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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 5, doc. 354
volume linkBern 1983
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E23#1000/715#26* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 23(-)1000/715 5 | |
Titolo dossier | Internationale Konferenz für Arbeiterschutz in Bern 15.-25.09.1913: Anträge der Departemente an den Bundesrat, Beschlüsse desselben (1913–1914) |
dodis.ch/43209
Das Industriedepartement beantragt die Einberufung einer neuen Arbeiterschutzkonferenz, welcher folgende Fragen Behufs Abschlusses eines neuen internationalen Übereinkommens unterbreitet werden sollen:
I. das Verbot der industriellen Nachtarbeit jugendlicher Arbeiter;
II. die Festsetzung einer Arbeitsdauer von höchstens zehn Stunden für die in der Industrie beschäftigten Frauen und jugendlichen Arbeiter.
Über die Frage, ob diese Programmpunkte jetzt schon sozusagen spruchreif seien und ob sich die zu begrüssenden Regierungen geneigt zeigen möchten, auf einen diesbezüglichen Vorschlag des Bundesrates einzugehen, kann sich das Politische Departement ohne vorherige Sondierungen durch unsre Vertreter im Auslande nicht aussprechen; ein solches Sondieren hält aber das Industriedepartement gerade für überflüssig. Wir möchten dieser Ansicht nicht entgegentreten, da mit diesem Departement wohl angenommen werden darf, dass «sich die folgenden Etappen leichter ergeben werden, nachdem der Grundsatz verwirklicht worden ist» und dass die Arbeiterschutz-Vereinigung und das internationale Arbeitsamt in Basel, die beständig mit den kompetentesten Persönlichkeiten des Auslandes in Berührung stehen, im Falle sind, sich über diese Opportunitätsfrage Rechenschaft zu geben; sie würden eine neue Konferenz nicht anregen, wenn vorauszusehen wäre, dass diese von Seiten des Auslandes auf unüberwindlichen Widerstand stossen würde. Auch die gespannte internationale Lage scheint uns keinen Grund zu bieten, um aus allgemein politischen Rücksichten auf die Einberufung einer Konferenz zu verzichten. Bis zum Zusammentritt der Delegierten wird sich der Horizont wohl geklärt haben oder es sind dann Verhältnisse eingetreten, welche den friedlichen Verkehr der Völker überhaupt ins Stocken bringen, die aber nicht im Voraus schon ihren Schatten auf diesen Verkehr werfen dürfen.
Dass die Schweiz die Initiative in dieser Sache ergreift, scheint uns angesichts der Rolle, die ihr bisher zukam, vollkommen gerechtfertigt.
In mehr formeller Hinsicht ist zu bemerken, dass wohl auch diesmal eine fachmännische Konferenz einer spätem diplomatischen wird vorausgehen müssen, wie dies vom Industriedepartement vorgeschlagen wird. Im Besondern glauben wir aber darauf hinweisen zu sollen, dass die den ausländischen Regierungen für Erteilung einer Antwort gestellte Frist von einem Monat viel zu kurz ist. Diese Regierungen müssen doch auch ihre Experten und die interessierten Kreise zu Rate ziehen. Es ist überhaupt im internationalen Verkehr wenig üblich, solche peremtorische Fristen für die Beantwortung ähnlicher Anfragen zu setzen; es sollte u. E. nur um eine baldige Rückäusserung ersucht werden. Da ein Datum für den Zusammentritt der Konferenz vorgeschlagen wird, so liegt schon darin eine genügende Fristansetzung, an die sich die Regierungen halten müssen. Übrigens will uns auch scheinen, dass es kaum möglich sein wird, die vorberatende Konferenz schon im nächsten Monat Mai abzuhalten; zwischen der ersten Eröffnung an die Regierungen und dem Zusammentritt der Konferenz sollte doch wohl ein Zeitraum von mindestens einem halben Jahre liegen.
Zum Schlüsse möge noch auf eine Kleinigkeit aufmerksam gemacht werden: da das dem Antrage beigegebene Projekt einer Note an die Minister des Äussern fremder Regierungen gerichtet ist, so sollte irgendwo im Kontexte die Titulatur: «Exzellenz» Vorkommen, z. B. im viertletzten Alinea, wo statt: «Wir unterbreiten Ihnen den Antrag»... gesagt werden könnte: «Wir unterbreiten Eurer Exzellenz den Antrag»... (Nous soumettons à Votre Excellence la proposition etc....). Wir beantragen:
Es sei die Note an die auswärtigen Regierungen im Sinne obiger Ausführungen zu ändern, in der Meinung, dass der Bundesrat zuvor auf Antrag des Industriedepartements einen späteren Termin für den Zusammentritt der fachmännischen Konferenz festsetze.2
Das Unterzeichnete Departement stimmt vorstehendem Mitbericht bei und beantragt, im Text des Rundschreibens statt Mai «September» zu setzen und die Frist für die Antwort mit zwei Monaten statt einem zu bemessen.
Das Ansetzen einer Frist überhaupt entspricht früherer Übung in gleicher Sache.
Bern, 25. Januar 1913.
Schweizerisches Industrie-Departement Schulthess
- 1
- E 23/4. Internationaler Arbeiterschutz.↩
- 2
- Am 31. Januar 1913 beschloss der Bundesrat, die europäischen Staaten zu einer weiteren Arbeiterschutzkonferenz einzuladen. Die Konferenz fand am 15.-25. September 1913 in Bern statt. Das Ergebnis war die Ausarbeitung von Grundzügen zweier Übereinkommen betreffend Verbot der industriellen Nachtarbeit jugendlicher Arbeiter und betreffend Festsetzung einer Höchstarbeitszeit für die in der Industrie beschäftigten Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiter. Der Bundesrat schlug den beteiligten Regierungen vor, zwecks Umwandlung der Übereinkommen zu Verträgen eine diplomatische Konferenz auf den 3. September 1914 nach Bern einzuberufen. Der Krieg verhinderte die Abhaltung und damit auch die Ausführung der Berner Beschlüsse von 1913.↩
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Protezione internazionale dei lavoratori